Die Springflut: Roman (German Edition)
Olivia traute sich nicht zu fragen, warum er nicht mehr dazu sagte. Okay? Lag es daran, dass er wieder an dem Ufermord arbeitete? Oder wollte er ihr nur einen Gefallen tun? Aber warum sollte er das tun?
»Supernett!«, sagte sie trotzdem. »Wann glauben Sie wird Marianne …«
»Keine Ahnung.«
Stilton wusste nicht, wann seine Exfrau ihm wieder würde helfen können. Er wusste nicht einmal, ob sie dazu bereit war. Als Olivia gegangen war, rief er sie an.
Sie war dazu bereit.
»Ihr wollt, dass ich diese Haarsträhne mit dem Haar aus der Spange abgleiche?«
»Ja. Das Haar könnte von einem der Täter stammen.«
»Weiß Mette hiervon?«, erkundigte sich Marianne.
»Noch nicht.«
»Wer übernimmt die Kosten?«
Darüber hatte Stilton auch schon nachgedacht. Er wusste, wie teuer es war, eine solche Analyse durchzuführen, und er hatte sich schon eine erbettelt. Um eine weitere zu bitten, war ganz schön dreist.
Also blieb er lieber stumm.
»Okay«, sagte Marianne. »Ich melde mich.«
»Danke.«
Eigentlich müsste Rönning die Kosten übernehmen, dachte er. Sie treibt die Sache doch voran. Sie könnte ja ihren abgewrackten Mustang verkaufen.
Jetzt hatte er wichtigere Dinge zu tun.
Er rief den Nerz an.
*
Bertil Magnuson fuhr in seinem grauen Jaguar nach Hause. Er war angespannt und nervös. Er durchschaute nicht, was für ein Spiel dieser Croupier da eigentlich spielte. Abbas el Fassi. Er hatte den vollständigen Namen und die Adresse des Mannes recherchiert und K. Sedovic gebeten, seine Wohnung in der Dalagatan im Auge zu behalten. Für den Fall, dass er dort auftauchen sollte. Außerdem hatte er dafür gesorgt, dass Leute am Flughafen auf ihn warteten. Falls er dort auftauchen sollte. Normalerweise müsste er mit der Originalaufnahme bereits auf dem Rückweg nach Schweden sein. Aber was hatte er mit ihr vor? Hatte er Nils gekannt? Wollte er ihn jetzt erpressen, oder arbeitete er etwa für die Polizei? Aber er war doch verdammt noch mal ein Croupier?! Fast immer, wenn sie dort gespielt hatten, hatte er im Cosmopol gearbeitet. Bertil verstand die Welt nicht mehr und war deshalb angespannt und nervös.
Ein Gutes hatte die Sache immerhin. Die Originalaufnahme würde wahrscheinlich bald in Schweden sein. Sie war nicht mehr in Costa Rica und würde nicht in die Hände der dortigen Polizei gelangen. Jetzt musste er nur noch dafür sorgen, dass sie nicht bei der schwedischen Polizei landete.
Sein Handy klingelte. Es war Erik Grandén.
»Hat die Polizei mit dir gesprochen?!«, erkundigte er sich.
»Worüber?«
»Über den Mord an Nils?! Mich hat gerade eine sehr neugierige Dame angerufen, die wissen wollte, ob es zwischen dir und Nils irgendwelche Konflikte gab, als ich damals im Vorstand saß.«
»Was denn für Konflikte?«
»Das habe ich sie auch gefragt! Warum interessiert sich die Polizei dafür?«
»Das weiß ich nicht.«
»Unangenehm.«
»Und was hast du gesagt?«
»Nein.«
»Dass es keinen Konflikt gab?«
»Soweit ich mich erinnern kann, gab es doch auch keine Differenzen zwischen euch.«
»Nicht die geringsten.«
»Also manchmal fragt man sich schon, auf welchem Niveau die schwedische Polizei arbeitet.«
*
Acke Andersson saß mit dem Mann, der ein Freund seiner Mutter war, und einem Freund von ihm im Einkaufszentrum von Flemingsberg zusammen. Es war ein Typ mit einem großen Pflaster am Hinterkopf. Sie aßen Hamburger, zumindest der Nerz und er aßen einen. Der andere trank einen Vanillemilchshake.
Dieser andere hatte ihn treffen wollen.
»Ich weiß echt nicht viel«, sagte Acke.
»Weiß du denn, wer das Ganze organisiert?«, fragte Stilton.
»Nein.
»Aber wie erfährst du, wann ihr kämpfen sollt?«
» SMS .«
»Sie simsen?«
»Ja.«
»Hast du ihre Nummer?«
»Wie jetzt?«
»Die Typen, die dir simsen, die haben doch Handys, kannst du nicht sehen, wer dir simst?«
»Nein.«
Stilton gab auf. Er hatte den Nerz gebeten, ein Treffen mit Acke zu arrangieren, um herauszufinden, ob der Junge mehr über die Organisation der Kämpfe wusste. Namen, Adressen, aber das war offensichtlich nicht der Fall. Er bekam eine SMS und fuhr hin oder wurde von irgendwem abgeholt.
»Und wer holt dich ab?«
»So Typen.«
»Weißt du, wie die heißen?«
»Nein.«
Stilton resignierte und saugte die letzten Tropfen seines Milchshakes auf.
Unweit des Imbisses standen Liam und Isse in ihren Kapuzenjacken. Auch sie hatten Acke schon einmal zu Kämpfen abgeholt. Eigentlich hatten sie ihn jetzt wieder
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