Die Springflut: Roman (German Edition)
Erinnerung, wie er auf dem Foto von Stilton und Arne bei Wernemyrs in Strömstad ausgesehen hatte.
»Wie gut hast du meinen Vater eigentlich gekannt?«, fragte sie.
Stilton senkte den Blick.
»Habt ihr lange zusammengearbeitet?«
»Ein paar Jahre. Er war ein guter Polizist.«
Stilton schaute wieder auf und sah Olivia in die Augen.
»Darf ich dich etwas fragen?«, sagte er.
»Ja.«
»Warum hast du dir diesen Ufermord ausgesucht?«
»Weil mein Vater bei den Ermittlungen dabei war.«
»Ist das der einzige Grund gewesen?«
»Ja. Warum fragst du?«
Stilton dachte einen Moment nach, aber als er gerade zu einer Antwort ansetzen wollte, klingelte es an der Tür. Olivia ging, um zu öffenen. Es war Abbas, der eine blaue Plastiktüte in der Hand hielt. Olivia führte ihn in die Küche und musste an das Durcheinander dort denken. Verdammt, wie das hier aussah!
Alleine mit Stilton hatte sie sich darüber keine Gedanken gemacht.
Bei Abbas war das etwas anderes.
Er betrat die Küche und begegnete Stiltons Blick.
»Wie geht es dir?«
»Beschissen«, antwortete Stilton. »Danke für Adelita Rivera.«
»Bitte.«
»Was hast du da in der Tüte?«
»Das Beweismaterial aus Mal Pais. Mette ist unterwegs.«
K. Sedovic, der die Anweisung erhalten hatte, dem Croupier zu folgen, lieferte am Handy konkrete Informationen.
»Der Croupier ist ins Haus gegangen, die beiden anderen sind im Auto geblieben.«
Er saß einige Meter von Olivias Hauseingang entfernt und betrachtete das andere Auto, das direkt vor der Haustür parkte.
»Hat er die Tüte mit ins Haus genommen?«, erkundigte sich Bertil Magnuson.
»Ja.«
Bertil Magnuson war völlig verwirrt. Was zum Teufel trieb Abbas el Fassi in der Skånegatan? Wer wohnte dort? Und warum warteten die beiden anderen im Auto? Und wer waren sie?
Eine Frage, auf die er unmittelbar darauf eine Antwort erhielt, als Mette Olsäter vor Lisa Hedqvists Wagen parkte und ausstieg. Sie ging zu der heruntergelassenen Scheibe an der Fahrerseite.
»Fahrt schon mal zur Landeskripo. Trommelt die anderen zusammen. Ich melde mich.«
Mette verschwand im Haus. K. Sedovic rief erneut Bertil Magnuson an und erstattete Bericht.
»Wie sah die Frau aus?«, fragte dieser.
»Üppige graue Haare. Sehr umfangreich«, antwortete K. Sedovic.
Bertil Magnuson ließ das Handy sinken und blickte auf den Friedhof an der Adolf-Fredrik-Kirche hinunter. Ihm war augenblicklich klar, wer diese Frau war. Mette Olsäter, die Kommissarin, die sich nach Wendts kurzen Anrufen erkundigt hatte und ihm einen sehr vielsagenden Blick zugeworfen hatte, der besagte: Du lügst.
Das war nicht gut.
Die Sache lief gründlich schief.
»Hier stinkt es nach Rauch«, meinte Mette, als sie die Küche betrat.
»Das bin ich«, erwiderte Stilton.
»Bist du okay?«
»Ja.«
Olivia betrachtete Stilton. Zwei Tage zuvor war er brutal zusammengeschlagen worden, und nun war er fast verbrannt. Und dann behauptete er, er sei okay? Wollte er sich nichts anmerken lassen oder von sich ablenken? Wahrscheinlich, denn Mette Olsäter gab sich mit seiner Antwort zufrieden. Sie kennt ihn besser als ich, dachte Olivia.
Abbas leerte die Plastiktüte auf dem Küchentisch aus: eine Kassette, ein kleiner Umschlag und eine Plastikhülle mit einem Blatt Papier darin. Olivia besaß glücklicherweise vier Stühle, war sich allerdings nicht sicher, wie Mette auf ihrem landen würde. Sie waren ein bisschen klapprig.
Sie landete schwer, und Olivia sah, dass die Stuhlbeine ein wenig auseinandergeschoben wurden. Mette zog dünne Gummihandschuhe an und griff nach der Kassette.
»Die habe ich angefasst«, sagte Abbas.
»Gut zu wissen.«
Mette wandte sich an Olivia.
»Hast du einen alten Kassettenrekorder?«
»Nein.«
»Okay, dann nehme ich sie gleich mit ins Präsidium.«
Mette steckte die Kassette in die Tüte zurück und griff nach dem kleinen Umschlag, der in der Ledertasche gelegen hatte. Es war ein alter Umschlag mit einer alten schwedischen Briefmarke darauf, in dem ein kurzer, mit Schreibmaschine getippter Brief lag. Mette warf einen Blick darauf.
»Er ist auf Spanisch.«
Sie hielt ihn Abbas hin, der ihn übersetzte.
»Dan! Es tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass wir füreinander bestimmt sind, und nun habe ich die Chance, ein neues Leben anzufangen. Ich kehre nicht zu dir zurück.«
Mette hielt den Brief unter die Küchenlampe. Er war handschriftlich unterzeichnet: »Adelita«.
»Darf ich mal den Umschlag sehen«, sagte Stilton.
Abbas
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