Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
Vom Netzwerk:
Wohnwagen trat, hieß Janne Klinga und gehörte zu Rune Forss’ Sonderkommission im Fall der misshandelten Obdachlosen. MO , wie sie intern genannt wurde. Klinga trat zu dem rauchenden Forss.
    »Dieselben Täter?«, sagte er.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
    »Wenn die Frau stirbt, wird aus dem Ganzen eine Mordermittlung.«
    »Ja … aber wenigstens müssen wir die Beschriftung nicht ändern, MO kann ja auch für Mord an Obdachlosen stehen, das ist schon mal gut.«
    Klinga musterte seinen Kollegen verstohlen. Er hielt nicht viel von Forss.
    *
    Auf dem Heimweg von ihrem Treffen mit Eva Carlsén hatte Olivia Lenni angerufen und sich mit ihr verabredet. Sie hatte das Gefühl, ihre Freundin schon viel zu lange vernachlässigt zu haben.
    Jetzt saß sie im Blå Lotus , einem Straßencafé in der Nähe ihrer Wohnung, trank roten Tee und dachte an Eva Carlsén. Sie fand, dass sie sofort einen guten Draht zu der Journalistin bekommen hatte, wie ihr das bei gewissen Frauen manchmal gelang. Das Gespräch war etwas ganz anderes gewesen als ihre Begegnung mit dieser kühlen Marianne Boglund. Eva Carlsén war offen und interessiert gewesen.
    Der Ordner, den Olivia bekommen hatte, lag auf dem kleinen Tisch. Jackie Berglund hatte darin eine eigene Abteilung bekommen. Während sie auf Lenni wartete, begann Olivia, das ziemlich umfangreiche Material zu lesen.
    Seit deinen Norwegern auf Nordkoster bist du ganz schön aufgestiegen, dachte Olivia, als sie Jackies Aktivitäten studierte. Die Auswahl an Escortgirls der Agentur Red Velvet war groß. Dennoch war der sichtbare Teil des Geschäfts, wie Eva Carlsén in einer Fußnote anmerkte, vermutlich nicht der einträglichste Bereich. Das meiste Geld wurde über andere Kanäle und mit ganz anderen Kunden gemacht.
    Hochgestellten Kunden, dachte Olivia und hätte in diesem Moment viel darum gegeben, einen Blick in Jackie Berglunds Kundenkartei werfen zu dürfen. Welche Namen würde sie dort finden? Auch welche, die sie kannte?
    Sie fühlte sich ein bisschen wie in einem Fünf-Freunde-Buch.
    Mit dem Unterschied, dass sie allein und dreiundzwanzig Jahre alt war, die Polizeischule besuchte und man von ihr erwartete, dass sie dieser Kinderbuchwelt entwachsen war. Aber sie wusste natürlich auch selbst, dass es hier nicht um eine erfundene Geschichte ging. Sie hatte es mit einem konkreten und ungelösten Mordfall zu tun, mit einer konkreten Leiche und einem konkreten Rätsel, für das es eine Lösung geben musste. Ein Rätsel, mit dem einst ihr eigener Vater gerungen hatte. Sie wollte gerade einen Energieriegel aufreißen und verschlingen, als Lenni auftauchte.
    »Hallo, Süße, tut mir leid, dass ich zu spät bin!«
    Lenni beugte sich nach unten und umarmte Olivia. Sie trug ein dünnes gelbes und sehr weit ausgeschnittenes Sommerkleid und roch intensiv nach ihrem Lieblingsparfüm Madame . Die langen blonden Haare waren frisch gewaschen, und ihr Mund leuchtete knallrot. Lenni war immer ein bisschen zu viel des Guten, aber die beste und treueste Freundin, die Olivia hatte.
    »Und was treibst du so? Eine Abhandlung schreiben?«
    »Nein … du weißt schon, es geht um diese Seminararbeit.«
    Lenni seufzte laut.
    »Bist du damit nicht bald fertig, es kommt mir vor, als würdest du dich schon eine halbe Ewigkeit damit beschäftigen.«
    »Das stimmt nicht, aber es ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit, so dass es schon …«
    »Was trinkst du da?«
    Wie gewohnt unterbrach Lenni sie, sobald sie das Gesprächsthema langweilig fand. Olivia sagte es ihr, und Lenni verschwand im Café, um etwas zu bestellen. Als sie wieder herauskam, hatte Olivia das Material über Jackie Berglund weggepackt und war auf einen erschöpfenden Bericht über die neuesten Entwicklungen in Lennis Leben eingestellt, den sie mit allen erwünschten und unerwünschten Details auch bekam. So durfte sie sich Bilder von Jakob mit und ohne Kleider ansehen und Anekdoten über Lennis verrückten Chef anhören. Gegenwärtig arbeitete sie in einer Videothek. Olivia lachte über Lennis vernichtende und scharfzüngige Kommentare über ihre und anderer Leute Abenteuer. Lenni besaß die unbezahlbare Fähigkeit, dafür zu sorgen, dass Olivia sich entspannte und langsam, aber sicher zum Leben einer ganz gewöhnlichen Dreiundzwanzigjährigen zurückkehrte. Olivia bereute es fast, dass sie Lenni an jenem Abend nicht ins Strand begleitet hatte. Ich bin wirklich ein bisschen langweilig geworden, dachte sie. Erst voll auf die

Weitere Kostenlose Bücher