Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
Vom Netzwerk:
nicht von dem, was ihn fast achtzehn Jahre lang schon genug gestört hatte.
    Jelle zog den Ast aus dem Wasser.
    *
    Sommerregen fiel auf die Demonstranten, die sich auf dem Bürgersteig gegenüber der Firmenzentrale von MWM am Sveavägen versammelt hatten. Auf ihren Transparenten standen verschiedene Parolen: »RAUS AUS DEM KONGO!!«, »PLÜNDERER!!«, »STOPPT DIE KINDERARBEIT!!« In ihrer Nähe wartete eine Gruppe von Polizisten.
    In etwas weiterer Entfernung, an der Olof Palmes gata, lehnte ein älterer Herr an der Häuserfassade. Er beobachtete die Demonstranten, registrierte ihre Transparente und las eines ihrer Flugblätter.
    Der Coltanabbau der Firma MWM zerstört unersetzliche Naturgebiete!
    Im Namen der Geldgier werden die Gorillas vom Aussterben bedroht sein, falls ihr Zugang zu Nahrung verschwinden sollte! Außerdem werden sie wegen ihres Fleischs erlegt und als bush-meat verkauft!
Stoppt die skrupellose Schändung der Natur durch die MWM !
    Das Flugblatt war mit erschreckenden Bildern toter Gorillas illustriert, die man wie blutende Christusgestalten auf Holzstangen gespießt hatte.
    Der Mann senkte das Flugblatt und ließ den Blick über die gegenüberliegende Fassade zur obersten Etage hinauf schweifen, wo die Firmenzentrale lag und der Besitzer und Vorstandsvorsitzende Bertil Magnuson sein Büro hatte. Dort verharrte der Blick des Mannes. Er wusste, dass Magnuson sich in dem Raum aufhielt. Er hatte ihn in seinem blankpolierten, grauen Jaguar ankommen und in das Gebäude eilen sehen.
    Du bist alt geworden, Bertil, dachte Nils Wendt. Seine Hand strich über die Tasche mit der Kassette.
    Und bald wirst du noch mehr altern.
    *
    Im Geschäftszentrum der Stadt wurde noch gearbeitet, auch wenn der Arbeitstag sich seinem Ende zuneigte. Ovette Anderssons hatte gerade erst angefangen. Ihr Arbeitsplatz, das Straßenstück zwischen Landesbank und Kunstakademie, war im Prinzip rund um die Uhr aktiv. Die Autos krochen bereits auf ihrer Suche nach denen vorbei, die das Prostitutionsgesetz als Verkäufer von Sex bezeichnete. Im Gegensatz zu den Käufern. Als ginge es um eine nüchterne geschäftliche Transaktion mit Geschlechtsprodukten.
    Es dauerte nicht lange, bis das erste Auto neben Ovette hielt und eine Scheibe heruntergelassen wurde. Als das Geschäftliche geklärt war und Ovette in den Wagen stieg, verdrängte sie den letzten Gedanken an Acke. Er war beim Training. Ihm ging es gut. Bald würde er neue Fußballschuhe bekommen.
    Sie zog die Autotür zu.
    *
    Es war fast elf, als Olivia in ihre Wohnung kam. Elvis räkelte sich wie ein Playboymodell auf dem Teppich im Flur und hatte die Beine in alle Richtungen ausgestreckt: Er verlangte Zärtlichkeit. Olivia hob ihn hoch und bohrte ihr Gesicht in das weiche Fell des geliebten Katers. Er roch schwach nach dem Futter, das sie ihm am Morgen hingestellt hatte. Jetzt machte er es sich auf ihrer Schulter bequem, seiner Lieblingsstelle, und begann, auf ihrem Haar herumzukauen.
    Mit dem Kater auf der Schulter nahm sie sich einen kalten Saft aus dem Kühlschrank und setzte sich an den Küchentisch. Auf dem Heimweg aus Nacka hatte sie ihre Begegnung mit Stilton verarbeitet. Endlich hatte sie ihn gefunden, und dann war er ein Penner. Na toll. Sie nahm an, dass es dafür Gründe gab, die sie nichts angingen. Trotzdem war er nach wie vor eine wichtige Quelle für den Ufermord. Eine offenkundig völlig desinteressierte Quelle, aber? Natürlich konnte sie den Fall aufgeben, immerhin war die Aufgabe freiwillig, aber so war sie einfach nicht gestrickt.
    Im Gegenteil.
    Ihre Begegnung mit Stilton hatte dem Fall eine neue Dimension hinzugefügt und ihrer Fantasie neues Futter gegeben. Hing Stiltons Abstieg vom gefeierten Kriminalkommissar zum körperlichen Wrack mit dem Ufermord zusammen? Hatte er vor sechs Jahren etwas herausgefunden, was ihn veranlasst hatte, die Polizei zu verlassen? Aber hieß es nicht, er habe aus privaten Gründen gekündigt?
    »Nicht nur«, hatte Åke Gustafsson zugegeben, als sie ihn noch einmal angerufen und etwas unter Druck gesetzt hatte.
    »Und worum ging es noch?«
    »Es gab einen Konflikt bei einer Ermittlung.«
    »Ging es um den Ufermord?«
    »Das weiß ich nicht, ich war damals schon an der Polizeiakademie und habe nur auf Umwegen davon gehört.«
    »Aber die Sache trug auch dazu bei, dass er gekündigt hat?«
    »Schon möglich.«
    Mehr brauchte Olivias Fantasie nicht. Es war »schon möglich«, dass er wegen eines Konflikt gekündigt hatte, der unter

Weitere Kostenlose Bücher