Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
Vom Netzwerk:
Umständen mit dem Ufermord zusammenhing. Oder einem anderen Fall, der damit etwas zu tun hatte. An welchem Fall arbeitete Stilton gerade, als er die Polizei verließ? Konnte sie das herausfinden?
    Sie hatte sich entschieden. Sie würde Stilton nicht in Ruhe lassen. Stattdessen würde sie ihn suchen, in die Redaktion von Situation Stockholm gehen und so viel über ihn recherchieren, wie sie nur konnte. Und sich dann etwas besser vorbereitet erneut mit ihm in Verbindung setzen.
    *
    Auf der Treppe sahen sie sich wieder. Spät, um kurz nach eins, und rein zufällig. Stilton war zum vierten Mal auf dem Weg nach unten, als ihm der Nerz entgegenkam.
    Sie trafen sich auf Absatz zwei.
    »Hallo.«
    »Zahnschmerzen?«
    »Setz dich.«
    Stilton zeigte auf eine Treppenstufe. Der Nerz horchte augenblicklich auf. Nicht nur wegen des strengen Tonfalls, sondern auch, weil Stilton nicht einfach weitergegangen war. Wollte er tatsächlich reden? Der Nerz betrachtete die Treppenstufe und überlegte, wann dort wohl der letzte Hunde haufen gelandet war. Dann setzte er sich. Stilton nahm neben ihm Platz, und zwar so nahe, dass dem Nerz ein nicht sonderlich angenehmer Geruch von Müll und Ammoniak in die Nase stieg. Sowie von ziemlich viel Schweiß.
    »Wie geht es dir, Tom?«, fragte er mit seiner piepsigen Stimme.
    »Sie haben Vera erschlagen.«
    »War das die Frau in dem Wohnwagen?«
    »Ja.«
    »Du hast sie gekannt?«
    »Ja.«
    »Weißt du, wer es getan hat?«
    »Nein. Weißt du es?«
    »Warum sollte ich das wissen?«
    »Früher wusstest du es vor allen anderen, wenn irgendeine Scheiße ablief. Hast du etwa keinen Biss mehr?«
    Das war eine Bemerkung, die allen außer Stilton einen Schädelstoß gegen die Nasenwurzel eingetragen hätte, aber Stilton versetzte man keinen Schädelstoß. Also schluckte der Nerz seinen Ärger hinunter und betrachtete den großen, geruchsintensiven Penner neben sich. Es hatte ein paar Jahre gegeben, in denen ihre Rollen deutlich anders verteilt gewesen waren. Als der Nerz ein paar Stufen tiefer auf der gesellschaftlichen Leiter gestanden hatte als Stilton.
    Jetzt lagen die Dinge anders. Der Nerz zupfte kurz an seinem Pferdeschwanz.
    »Möchtest du, dass ich dir helfe?«
    »Ja«, sagte Stilton.
    »Okay. Und was hast du vor, wenn du sie erwischst?«
    »Ich werde ihnen Grüße von Vera ausrichten.«
    Stilton stand auf. Zwei Treppenstufen tiefer drehte er sich noch einmal um.
    »Um diese Uhrzeit bin ich immer hier. Melde dich.«
    Er ging weiter. Der Nerz blieb leicht überrumpelt sitzen. Etwas an Stiltons Art, sich zu bewegen, hatte sich verändert. Für seinen Blick galt das Gleiche.
    Er war wieder fest, präsent.
    In den letzten Jahren war er immer ausgewichen, wenn man versucht hatte, ihm zu begegnen. Jetzt hatten seine Augen in die des Nerzes gesehen und sich keinen Millimeter bewegt.
    Jelle hatte wieder Tom Stiltons Blick.
    Was war passiert?
    Stilton war froh über die Begegnung auf der Treppe. Er kannte den Nerz und wusste, was er konnte. Zu den wenigen Talenten des Nerzes gehörte es, Dinge aufzuschnappen: einen Kommentar, ein zufällig mitgehörtes Gespräch. Er bewegte sich in ziemlich unterschiedlichen Kreisen und schnappte überall kleine Mosaiksteinchen auf, die er anschließend zu einem Muster, einem Namen oder einem Ereignis zusammensetzte. Unter anderen Umständen wäre er ein glänzender Gesellschaftsanalytiker geworden.
    Unter deutlich anderen Umständen.
    Sein Talent hatte sich für den Nerz jedoch auch so immer als sehr nützlich erwiesen, vor allem, nachdem er den damaligen Kriminalkommissar Tom Stilton kennengelernt hatte. Stilton hatte rasch erkannt, wie er sich die Aufnahmefähigkeit und skrupellose Bereitschaft des Nerzes, andere zu verpfeifen, zunutze machen konnte.
    »Ich verpfeife niemanden!«
    »Entschuldige.«
    »Siehst du in mir etwa einen gottverdammten Spitzel?«
    Stilton erinnerte sich noch gut an das Gespräch. Der Nerz war außer sich gewesen.
    »Ich sehe dich als einen Informanten. Wie siehst du dich selbst?«, antwortete er.
    »Informant ist okay. Zwei Berufstätige, die Erfahrungen austauschen, ist besser.«
    »Und was bist du von Beruf?«
    »Seiltänzer.«
    Nach diesem Gespräch war Stilton klar geworden, dass der Nerz möglicherweise ein etwas komplexerer Spitzel war als die anderen und es die Mühe wert sein könnte, ihn besonders zu hegen und zu pflegen.
    Ein Seiltänzer.
    Eine Stunde später trug Stilton einen kleinen Umzugskarton durch den Wald Ingenting. Seine Begegnung

Weitere Kostenlose Bücher