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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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Hassum schüttelt den Kopf. »Was ’ne
fisselige Arbeit! Da müsst ihr ja erst alle Keime abmachen, dass ihr’s Vieh
nicht vergift!«

    »Ich dnehdm lieber die Rübedn«, nickt der Emil.

    »Aber Kartoffeln sind nahrhafter als Rüben. Die Schweine werden
schön fett davon. Und wenn ein Hungerwinter kommt, da hat man zur allergrößten
Not noch was in der Erde.«

    Willem gähnt. Was geht ihn das an! Er zieht sich die Filzdecke
über die Ohren. Aber die Stimmen schwellen kaum ab. Die Dortmunder beraten sich
fortwährend über den Zehnten. Dass sie für die Schweine, die sie mehr
aufziehen, eine Steuer zahlen müssen, sehen sie ein. Weil das schon immer so
gewesen ist. Aber doch nicht noch für die öden Kartoffeln selbst! Die kauft
ihnen ja keiner ab.

    »Weil sie wie Katzenpisse schmecken!«, sagt der Huberbauer
und schüttelt sich.

    Da wird Willem munter. Jetzt muss er doch auch was loswerden.
Etwas, was ihn schon lange verwundert. »Bei uns im Dorf gibt’s eine Wirtin, die
soll eine gute Kartoffelsuppe kochen können, so gut, dass lauter Preußen dort
einkehren«, erzählt er.

    Die Hassumer nicken. Ist ja längst Dorfgespräch, dass im
Wirtshaus neuerdings preußische Offiziere, Amtmänner und sogar adlige Frauen ein
und aus gehen. Die Lisbeth, so weiß der Emil, kocht ihre Kartoffelsuppe mit
einem Ochsenfleisch, das sie in Salzlake eingelegt hat. Aber nur für die
Preußen kocht sie Kartoffeln, und das auch nur, weil die es von ihr verlangen
und weil sie denen gehorchen muss. Das Rezept will sie keinem verraten.

    Weil die Lisbeth halt eine Eigenbrötlerin sei, meint der
Huberbauer.

    »Nein, sondern weil sie Angst hat, es könnt unserem
Herrgott nicht recht sein«, glaubt der Schäfer-Karl. »Hat doch neulich ein
Pastor gepredigt, die Kartoffel sei eine verbotene Frucht. Aus dem Körper einer
Sünderin und der Spucke des Teufels sei die entstanden!«

    Die Dortmunder wiehern vor Lachen. »Also sollen wir dem Bischof
für die Spucke des Teufels einen Zehnt zahlen?«

    »Da würd ich mir das Geld lieber für den Körper der Sünderin
sparen!«
    »Zahlt doch dem Bischof seinen Kartoffelzehnt in Naturalien«,
murmelt Willem, weil er endlich schlafen will. »Karrt ihm ein paar Säck
Kartoffeln vors Haus.«

    Jupp ist begeistert. »Genau! Soll er doch selbst sehen,
ob er die essen mag!«

    »Hmm, das scheint mir ein guter Vorschlag«, findet auch der
Michel. »Aber wir müssten ihm ein Schreiben dazu überreichen, eine Art
Erklärung. – Kann einer von euch schreiben?«

    »Kann ich«, sagt Willem, »mach ich euch. Wenn ihr jetzt
Ruhe gebt!«

    Die Dortmunder flüstern nur noch. Willem buddelt sich
tief ins Heu und schließt die Augen. In einer Woche ist Weihnachten. Da wird er
beim Bruder in Wesel sein. Aber bald nach Drei König ist er wieder daheim. Dann
wird er zu Lisbeth hingehen, an einem Freitag, denn dann ist das Wirtshaus zu
und Lisbeth hat keine Gäste. Willem wird nämlich nicht als Gast hingehen,
sondern als Freund, und er wird Lisbeth ein glückliches neues Jahr wünschen.
Wär doch gelacht, wenn sie ihn gleich wieder wegschickt!

     
    An einem frostigen Freitagabend im neuen Jahr
sattelt Willem seinen Esel, reitet den schmalen Pfad südlich von Hassum entlang,
verharrt unter einer Baumgruppe. Das Wirtshaus steht da wie im Traum. Ein fast
voller Mond strahlt, als wollte er Willem den Weg weisen. Tausend Sternchen umringen
das Wirtshausdach und in einem der oberen Zimmer blinkt ein Lichtlein. Dort
wird Lisbeth jetzt sitzen. Willems Herz hüpft wie wild. Er hat auf dem Markt in
Wesel ein Stückchen Seife erstanden. Das riecht nach lauter Rosen. Er hat es in
ein feines weißes Papier eingewickelt und ein silberfarbenes Band darum
gebunden. Heute will er Lisbeth das Päckchen geben. Hat sich genau überlegt,
was er sagen will. Ich wünsch dir ein frohes neues Jahr, Lisbeth, will er
sagen. Und: Ich wär so froh, wenn du wieder froh sein könntest. Und: Das Leben
geht weiter, Lisbeth, und es ist zu kurz, um lange unglücklich zu sein. Dann
wird sie ihn hereinbitten und er wird warten, bis sie das Päckchen öffnet. Sie
wird ihre putzige kleine Nase an die Seife halten und tief einatmen. Und der
Duft nach Rosen wird ausströmen, wird durch den Raum ziehen und Lisbeth wird
lächeln und Willem voller Dankbarkeit anblicken. Und zittern wird sie vor
Erregung, so wie Willem jetzt zittert. Da wird er ihre Hand nehmen, wird sie zu
sich heranziehen und –

    Pferdegetrampel zerreißt die Stille. Der Reiter hält

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