Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
Vom Netzwerk:
auf
Willem zu. Jedenfalls kann der Kerl nicht frieren, ist wie ein Neugeborenes in
Schaffelle eingemummelt.

    »Willedm? Was dmachst du dednn hier?« Der Emil hat Mühe,
seine alte Mähre anzuhalten.

    »Ich reit nur so herum, und du?«

    »Auch!«

    »Das ist aber ein Witz. Ausritte sind bloß für Adlige.
Und für uns Pachtmüller, die wir im Winter wenig zu tun haben. Ein reicher
Bauer wie du hat dafür keine Zeit!«

    »Dna ja«, der Emil lenkt sein Pferd dichter heran, reckt
die fehlende Nase. »Besuch heut die Lisbeth, weil die so alleidn jetzt ist.«

    Der Müller hält den Atem an. »Erwartet sie dich?«

    »Das dnicht. Hab aber eine Kalbslednde dabei für eidn
Bratedn«, erklärt der Emil.

    »Da wird sie sich sicher freuen!«

    Der Emil zieht die Stirn kraus. »Gib’s dnur zu, du willst
auch zur Lisbeth!«
    »Nein! Nicht wirklich. Hab kein Lendchen. Auch nichts
Vergleichbares.«

    »Aber was adnderes? Eidn Geschednk?«

    »Na ja, ein Stückchen Seife!«

    »Seife? Was soll sie dadmit? Zudm Waschedn vodn der
Tischwäsche für die blödedn Preußedn?« Der Emil lacht. Setzt sich aufrecht hin
auf seinem Gaul, überragt den auf dem Esel hockenden Willem um fast eine Elle.

    Willem schweigt.

    »Lass gut seidn, Willem! Die Lisbeth braucht einen reichedn
Bauerdn als Madnn. Dadnn hat sie Fleisch udnd gutes Gedmüse für ihr Wirtshaus.
Als Pachtdmüller kadnnst du ihr ja dnix bietedn.«

    »Wir können ja zusammen hinreiten. Und sehen, worüber die
Lisbeth sich mehr freut, über das Fleisch oder die Seife.«

    Damit ist der Emil gar nicht einverstanden. »So eidne
kleidne Kalbslednde reicht dnur für zwei.«

    Willem gibt nicht so rasch auf. Zumindest will er verhindern,
dass der Emil heute Abend mit der Lisbeth allein ist. »Bei den Männern mag die
Liebe ja durch den Magen gehen, wie die Leute sagen, aber bei den Frauen geht
sie durch die Nase«, behauptet Willem und erzählt von einem Doktor in Paris,
der jetzt ein Parfüm macht und damit reich wird, weil alle vornehmen Frauen es
kaufen wollen.

    Der Emil wird ganz zappelig. Was Nasen angeht, kann er
nicht mitreden. »Geh fort dmit deidner Seif!«, schimpft er.

    Da bricht der Schattenriss eines Gefährts aus der Wegkurve
und wackelt ohne Eile die Landstraße entlang – ein Zweispänner! Vorm Wirtshaus
hält er an. Eine untersetzte Gestalt springt ab, macht die Pferde am Zaun fest,
zieht seinen Hut, kämmt seinen Schopf und zupft seinen Rock zurecht.

    »Das ist doch – das ist der Kreutzer!«, stammelt Willem.

    Die Gestalt stolziert zur Wirtshaustür und pocht. Pocht
noch einmal. Das Licht verschwindet aus dem oberen Fenster, erscheint in der
offenen Tür. Die Tür klappt zu, der Kreutzer ist drinnen.

    »Das glaub ich jetzt dnicht!«, sagt der Emil bitter.

    Willem schweigt. Ein Stich fährt ihm durch die Brust, der
Kopf wird schwer wie Blei, sackt ihm zwischen die Schultern.

    »Dna ja, ist halt eidn Major«, seufzt der Emil nach
langem Schweigen und lenkt seine Mähre herum, die ausnahmsweise gehorcht. »Kodmm,
Willedm! Tridnkedn wir eidnedn zusadmmedn!«

    Aber Willem reitet nicht mit, wartet. Vielleicht will Lisbeth
den Kreutzer ja gar nicht, vielleicht tut der ihr ja Gewalt an. Willem muss sie
doch beschützen vor so einem.
    Er lässt den Esel stehen, kraucht durch die Baumgruppe
und die Buchenhecke zum Wirtshaus hin, schleicht drum herum wie ein Räuber und
lauscht. Lauscht auf Schreie, Hilferufe, Schläge. Wenn er nur irgendwas hört,
irgendwas überhaupt, dann kann der sich auf was gefasst machen, der Kreutzer!
Dann wird Willem einen Krawall machen, wird Lisbeths Namen kreischen, dass es
bis ins Dorf zu hören ist. An die Tür wird er bollern. Er wird sie eintreten,
die Tür – und später wieder ausbessern. Türen ausbessern kann er. Und das wird
Eindruck auf Lisbeth machen. Schau, Lisbeth, ich bin mutig, ich bin geschickt …
Aber Willem hört nichts. Das Lichtlein erscheint im oberen Stockwerk. Und
erlischt.
    Willem gibt auf, reitet heim. Tränen laufen ihm über die
Backen und frieren ihm im Stoppelbart fest.

9          Lisbeth

     
    Dreck! Das ganze Leben ist ein Dreck! Lisbeth
gabelt das stinkende Stroh vom Stallboden auf, wuchtet es im hohen Bogen auf den
Misthaufen. Egal, wenn was danebenfällt. Wenn das ganze Leben ein Dreck ist,
dann kann auch der Hof danach aussehen. Lisbeth hat sich alles selbst eingebrockt.
Hat alles falsch gemacht. Wie sollen die Heiligen ihr helfen, wie sollen die
Lavendelsträuße, die Mistelzweige und der

Weitere Kostenlose Bücher