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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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glasierten
Biskuitküchlein herein, während Kammerdiener Wilsnack persönlich einige Schälchen
mit weißem Senf, Meerrettich und eingelegten Pfefferkörnern vor Se. Majestät
platziert.

    »Voilà!« Se. Majestät nickt zufrieden und bedeutet den
Anwesenden, sich selbst zu bedienen. Die Dienerschaft steht in den Ecken
stramm.

    Von Wolzogen mustert die zierliche Gabel mit dem ziselierten
Rosenmuster am Griff, die sein Tellerchen flankiert. Er hat bereits ähnliche
Instrumente in einigen Adelshäusern gesehen, wo sie nach französischem Vorbild gemeinsam
mit Messern und Löffeln gereicht werden. Freilich hatte von Wolzogen bislang
noch keine Gelegenheit zu studieren, was damit zu geschehen hat. Die
Gesellschaft entlang der Tafel weiß es offenbar ebenso wenig. General Hans
Joachim von Zieten pickt eine kandierte Birnenhälfte damit auf, steckt die
Frucht in den Mund, um sie in seinen nun zum Platzen vollen Backen hin- und
herzuschieben. Prinz August Wilhelm hebelt mittels der Kante des Geräts seinen
Biskuitkuchen in Stücke, spießt eines auf, doch das Gebäck beliebt auseinanderzufallen
und zurück auf seinen Teller zu bröseln. Se. Majestät belegt ein gebuttertes
Rosinenbrot mit einigen Pfefferkörnern und verzehrt es ungerührt aus der Hand.
Giselher von Wolzogen beschließt, sich mit einer Tasse Schokolade zu begnügen.

    Se. Majestät parliert nicht lange. Es werde bald einen
Krieg geben, verkündet Er, gibt etwas weißen Senf in seinen Kaffee und rührt
bedächtig um.

    »Ach?«, entfährt es von Wolzogen. »Schon wieder?« Worauf
die Versammelten zusammenzucken, ihrerseits in ihren Kaffeetassen rühren, als
sei der Befehl dazu ergangen. Der König indes blickt mit seinen stahlblauen,
von dunklen Schatten untermalten Glupschaugen zu von Wolzogen herüber.

    »Es ist besser zuvorzukommen, als zuvorkommen zu lassen!«

    Die Versammlung lacht artig.

    Von Wolzogen springt auf, schlägt die Hacken zusammen,
wie er es in der Kadettenschule gelernt hat. »Gewiss, Ihro Majestät!«

    »Behalt er nur Platz! Sein Engagement für den Frieden ist
mir durchaus begreiflich. Er befindet sich dabei übrigens in bester
Gesellschaft mit meinem geschätzten Kriegsminister!«

    Von Podewils vermeidet jeden Blickkontakt, nestelt nervös
an der Papierhülle eines Zuckerwürfels.

    Die Glupschaugen dagegen entspannen sich, betrachten von
Wolzogen aufmerksam. »Auch Uns ist der Frieden in Europa ein hohes Gut, doch
die neue Koalition dieser Matronen aus Österreich und Russland lässt Uns keine
Wahl, als à temps zu parieren.«

    »Gewiss, Ihro Majestät haben völlig recht.« Von Wolzogen
wiederholt seinen französischen Kratzfuß und nimmt, wie geheißen, Platz.

    »Zumal Kaiserin und Zarin nunmehr ihre Fühler weiter
ausstrecken, um in einer einflussreichen französischen Kokotte eine Dritte in
ihrem Bunde zu gewinnen«, pflichtet Flügeladjutant Karl Wilhelm Finck Graf von
Finckenstein erklärend bei.
    Was auch für den Rest der Versammlung eine Neuigkeit sein
muss, denn das Klappern der Tassen, der Löffel und Gabeln verstummt für einen
Moment und lässt ein anschwellendes Raunen vernehmen: »Was? Die Pompadour?«

    Von Wolzogen schießt alles Blut in die Wangen. Hat nicht
sein Herr Vater kürzlich unter Einfluss von etwas zu viel rotem Burgunder
prophezeit: Solange Schlesien nicht endgültig preußisch ist, würden die Fritzen
in Berlin keine Ruhe geben. Und sein Oheim, der gute alte von Randow, hatte
beigepflichtet, hatte sogar gemutmaßt, dass der Rest Europas sich vermutlich
bald gegen die Ambitionen Preußens verbrüdern werde.

    Se. Majestät aber scheint nicht länger über seine Beweggründe
für die bevorstehende Offensive räsonieren zu wollen und modifiziert
unvermittelt das Thema, äußert mit einem Seitenblick auf von Wolzogen den
Verdacht, dass auch seinem Volk ein neuer Krieg vielleicht noch nicht recht
kommod wäre.

    Von Wolzogen petzt die Lippen zusammen, kritzelt geschäftig
in sein Büchlein, als habe er allerlei Dinge zu notieren, die zuvor gesagt
wurden.

    Wie könne all das Marschieren und Säbelrasseln dem Volk
auch kommod sein, wirft der König selbst ein, als seine Berater schweigen, sei
es Ihm doch selbst sein halbes Leben lang ganz inkommod gewesen.

    Wieder lacht die Versammlung einmütig und von Wolzogen
lacht mit. Wie sehr Se. Majestät als Kind unter der Kasernenhoferziehung durch
seinen Vater gelitten hat, ist landauf, landab bekannt.

    »Nur dass der alte Friedrich Wilhelm, den sie posthum

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