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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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erteilt und mit einer
hohen Summe Geldes im Gepäck erleichtert wurde.

    Es ist ein großes Glück, dass man für ein so kleines Mädchen
keine Papiere und keinen Pass braucht, sodass ich ohne Aufenthalt reisen und es
in gute Obhut bringen kann, zu rechtschaffenen Menschen. Obgleich mich nun die
Frage quält, wiewohl dieses Unterfangen rechtens ist und unserem Herrgott
gefällig, denn das Mädchen ist nicht länger rein und brav, so es das jemals
gewesen ist, sondern ein Ausbund an Widerspenstigkeit und Garstigkeit, weswegen
man wohl im Freudenhaus mit dem Abkauf verblüffend rasch einverstanden war.
Erst nach dem Handel hab ich erfahren, dass besagtes Kind seinen Freiern
keineswegs zu Willen war, sondern für kranke Gemüter, welche besondere Lust an
der Qual des Leibes empfinden, ausersehen war. Gleichwohl fiel es in Ungnade,
als es einem, der sich traute, ihm vorab nackt zu begegnen, in den Stenz biss,
sodass der Mann ins Spital gebracht werden musst mit ungewissem Ausgang.

    Ich für meinen Teil hab verstanden, dass es riskant ist,
sich der Kleinen auf mehr als einen Klafter zu nähern. Wie ein wildes Tier schlägt
sie um sich, kreischt, dass die Spatzen und Krähen das Weite suchen und Zöllner
und Grenzbeamte mich mit meinem Wagen rasch weiterziehen lassen, zumal wenn sie
erkennen, wie sie mir das Gesicht zerkratzt hat, bei meinem bloßen Versuch, ihr
die Läuse vom Kopf zu sammeln und das schmutzige Antlitz zu waschen.

    Also frage ich mich, da ich erst drei Viertel des Weges geschafft
habe und dennoch schon recht erschöpft bin, was wohl meine Auftraggeber sagen
werden zu diesem Wildfang und ob sie ihn bei sich dulden werden, denn es sind
vortreffliche, aber auch arbeitsame Menschen, welchen ihr Tagwerk heilig ist
und die sich nicht besorgen können um ein geisteskrankes Kind, sodass es mir am
Ende noch anzuhängen droht wie ein Pechklumpen und ich nicht einmal weiß, wohin
sie bringen.

16     Lisbeth und
Willem

     
    »Wat macht der Luis so lang uff’m Lokus?«,
kreischt die Mamsell, erscheint mit zornverzerrter Miene an der Treppe und
striegelt ihre Haare mit einer mächtigen Bürste. »Die Trine muss ooch ma!«

    »Ick muss ooch ma«, wiederholt ein rotgesichtiges junges
Trampel, fasst sich an den Leib und windet sich wie ein Wurm.

    Der Kutscher lehnt am Geländer und schüttelt sich die
Frühstücksreste vom Rock. »Wees ick nich, jeht doch selba kiekn«, knottert er,
zieht geräuschvoll die Luft ein und rotzt auf den Boden.

    Lisbeth greift gottergeben zum Putzlappen. Wieder lauter
Preußen im Haus. Plärren ihr Kauderwelsch, dass einem die Ohren flattern,
platzen ohne Anklopfen in die Küche, gucken in alle Schränke, bedienen sich
dreist bei Käse und Bier. Und schnoddern Lisbeth in einem fort an: Hol sie mich
dies, bring sie mich das! – Dabei sind sie nur Gesinde, gehören einer
Herrschaft mit einem Von und einem Zu im Namen. Die gastiert beim Spitzenwirt
in Goch, lässt aber ihre Bediensteten samt Pferden in Hassum nächtigen. Um Geld
zu sparen, glaubt Lisbeth. Was nicht ungewöhnlich wäre, denn ein adeliger Name
heißt längst nicht mehr, dass einer steinreich ist.

    Endlich erscheint der Luis, knöpft sich wichtig den Hosenlatz
zu. »Det Pissoar is frei!«

    Aber die Trine hat schon in einen Nachttopf gemacht,
stellt ihn ungeniert vor Lisbeth ab. »Da!«, sagt sie.

    »Nu aba zu!«, kräht die Mamsell. »Ick sach et der Madamme,
wenn eener trödelt.«

    Solche Drohungen sind wirksam. Sogleich laufen alle umeinander,
suchen ihre Mützen und Hauben zusammen, schnüren ihre Stiefel, ergreifen ihre
Bündel, quetschen sich mit Gezeter und Gekeife in die viel zu klein bemessene
Kutsche, die schon auf dem Hof wartet und sie nach Goch bringen soll.

    »Hüüüüa!«, brüllt der Kutscher und das Gefährt ruckelt
los.

    Lisbeth bringt Trines Hinterlassenschaft zum Misthaufen.
Wenigstens verschwindet die Meute immer nach dem Frühstück und kommt erst am
späten Abend wieder. Und wenigstens weht keine Fahne vorm Gatter, die andere
Gäste vergraulen könnte. Mit den Preußen ist immerhin gut Geld verdienen. Für
das fünfköpfige Gesinde bekommt Lisbeth drei Taler in der Woche. Sie schichtet
im Geiste die Münzen aufeinander. Und übernächsten Sonntag, da wollen die Herrschaften
mit dem Von und dem Zu im Namen Lisbeths Kartoffelsuppe kosten, von der sie in
Goch haben reden hören. Am Mittag, wenn sie aus ihrer protestantischen Kirche in
Geldern zurückfahren, da werden sie vorbeikommen. Mit acht

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