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Die Spur der Füchse

Die Spur der Füchse

Titel: Die Spur der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Ellen.
    »Und was wirst du jetzt tun?« wollte sie wissen. Die Frage traf Derek völlig unvorbereitet. Im ersten Moment glaubte er, sie hätte seine Gedanken erahnt und sich mit ihrer Frage darauf bezogen; dann erst wurde ihm klar, daß sie den Gesprächsfaden von vorhin wieder aufgenommen hatte und vom Geschäft redete. Derek zog seine Hosenträger stramm und fragte sich, was er antworten sollte. »Ich bin mir noch nicht sicher«, sagte er schließlich.
    Sie beugte sich zum Spiegel vor und spähte angestrengt hinein. Derek sah, daß sie irgend etwas mit ihren Wimpern anstellte. »Manchmal frage ich mich, was du eigentlich aus deinem Leben machst.«
    Er starrte sie an. Ihre Erziehung hatte Ellen gelehrt, um den heißen Brei herumzureden und niemals direkte und persönliche Fragen zu stellen; denn Aufrichtigkeit und die Preisgabe wahrer Gefühle verdarben jede Party und ließen Damen in Ohnmacht fallen. Es mußte Ellen erhebliche Überwindung gekostet haben, die Frage nach dem Sinn der Existenz eines anderen menschlichen Wesens zu stellen.
    Derek setzte sich auf die Bettkante und sagte zu Ellens Rücken: »Ich darf nicht so viel Brandy trinken, das ist alles.«
    »Ich bin sicher, du weißt genau, daß meine Frage nichts mit übermäßigem Essen und Trinken zu tun hat.« Sie schminkte sich die Lippen und verzog den Mund, um den Lippenstift gleichmäßig zu verteilen. »Das hat vor neun Jahren angefangen, und dein Vater ist vor zehn Jahren gestorben.«
    »Ich habe Druckerschwärze im Blut.« Die Antwort kam ganz automatisch, wie bei der Probe eines Theaterstücks. Bei einem zufälligen Ohrenzeugen hätte das Gespräch einen verwirrenden Eindruck hinterlassen; doch Derek und Ellen kannten dessen Logik. Es gab eine Art Code: Der Tod des Vaters stand für die Übernahme der Verantwortung für die Druckerei, und Dereks Magengeschwür stand für seine geschäftlichen Probleme.
    »In deinen Adern fließt keine Druckerschwärze«, sagte Ellen. »In den Adern deines Vaters, ja. Aber du kannst den Geruch des guten alten Handwerks nicht ertragen.«
    »Ich habe eine gesunde, solide kleine Firma geerbt, das stimmt. Aber ich möchte meinen Söhnen ein Firmenimperium hinterlassen. Wird nicht genau diese Einstellung von Menschen unserer Gesellschaftsschicht erwartet?«
    »Unsere Söhne interessiert es doch gar nicht, was wir ihnen hinterlassen. Michael baut sein eigenes Geschäft auf, aus eigener Kraft. Und Andrew hat nichts anderes im Sinn, als sämtliche Bewohner des afrikanischen Kontinents gegen Windpocken zu impfen.«
    Derek konnte beim besten Willen nicht sagen, wie ernst Ellen es meinte. Was sie gerade mit ihrem Gesicht anstellte, machte ihre Miene unleserlich. Kein Zweifel, daß sie es absichtlich tat. Sie tat fast alles absichtlich.
    Er sagte: »Ich habe eine Pflicht zu erfüllen. Ich beschäftige mehr als zweitausend Menschen, und vom Wohlergehen meiner Firmen hängen noch weitaus mehr Arbeitsplätze ab.«
    »Ich glaube, du hast deine Pflicht getan. Du hast die Firma in Krisenzeiten über Wasser gehalten. Das hat nicht jeder geschafft. Für diese Aufgabe hast du deine Gesundheit geopfert. Du hast zehn Jahre deines Lebens dafür hergegeben und … Gott weiß was sonst noch.« Bei den letzten Worten senkte sie die Stimme, als hätte sie in letzter Sekunde bedauert, sie ausgesprochen zu haben.
    »Soll ich denn auch noch meinen Stolz aufgeben?« sagte Derek. Er zog sich weiter an und versuchte, einen festen kleinen Knoten in seine Krawatte zu binden. »Ich habe aus einer kleinen Klitsche eins der tausend größten Unternehmen des Landes gemacht. Meine Firmen sind fünfmal soviel wert wie die Druckerei meines Vaters. Ich habe das alles aus dem Boden gestampft. Nun muß ich auch dafür sorgen, daß die Geschäfte laufen.«
    »Aber du mußt es viel besser machen als dein Vater. Du mußt viel härter schuften.«
    »Ja, und? Ist das ein so armseliger Lebenszweck?«
    »Ja!« Ihr plötzlicher Temperamentsausbruch versetzte ihm einen Schock. »Du solltest lieber auf deine Gesundheit achten und darauf, daß du lange lebst, und … und darauf, daß ich glücklich bin.«
    »Würde es dem Unternehmen gutgehen, könnte ich es vielleicht verkaufen. Aber wie die Dinge liegen, bekäme ich nicht einmal den halben Preis dafür.« Er blickte auf die Uhr. »Ich muß jetzt nach unten.«
    Er stieg die breite Treppe hinunter. Ein Porträt seines Vaters beherrschte die Eingangshalle. Viele Leute hielten das Gemälde für ein Porträt Dereks im Alter

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