Die Spur der Füchse
stumm.
Derek ging aus dem Zimmer. In der Eingangshalle setzte er seinen Hut auf und ließ sich von Pritchard die Tür öffnen. Der dunkelblaue Mercedes stand auf der kiesbedeckten Auffahrt und schimmerte im Sonnenlicht. Sieht ganz so aus, als würde Pritchard den Wagen jeden Morgen waschen, bevor ich aufstehe, ging es Derek durch den Kopf.
Während Pritchard ihn zum Bahnhof fuhr, dachte Derek an das sehr merkwürdige Gespräch mit Ellen. Durch das Seitenfenster beobachtete er, wie das Sonnenlicht auf den bereits herbstbraunen Blättern der Bäume spielte, und rief sich dabei die Schlüsselszenen des Gesprächs ins Gedächtnis. Ich möchte dich lieben, hatte Ellen gesagt, mit der Betonung auf dich. Und als sie über die Dinge sprach, die er dem Unternehmen geopfert hatte, war die Bemerkung … und Gott weiß was sonst noch gefallen.
Ich möchte nur dich lieben, keinen anderen Mann. Hat Ellen das gemeint?, fragte sich Derek. Hast du nicht nur deine Gesundheit, sondern auch die Treue deiner Frau verloren? Nein, wahrscheinlich hatte sie ihn bloß eifersüchtig machen wollen, indem sie den Verdacht erweckte, daß sie einen Liebhaber hatte. Das wäre typisch für Ellen. Sie verstand sich darauf, ein kunstvolles Netz zu spinnen. Plumpe Hilfeschreie waren nicht ihr Stil.
Nach der niederschmetternden Halbjahresbilanz konnte Derek häusliche Probleme ungefähr so gut gebrauchen wie eine Gläubigerversammlung.
Aber da war noch etwas anderes. Ellen war errötet, als Pritchard sie gefragt hatte, ob sie heute den Wagen brauche; dann hatte sie – sehr hastig – gesagt: Pritchard fährt mich.
Derek fragte: »Wohin bringen Sie Mrs. Hamilton, Pritchard?«
»Sie fährt selbst, Sir. Ich mache mich am Haus und im Garten nützlich … da gibt es immer sehr viel …«
»Zu tun, ja. Schon gut«, unterbrach Derek ihn. »Ich war nur neugierig. Es sollte keine Zeitstudie sein.«
»Sehr wohl, Sir.«
Sein Magengeschwür stach ihn. Der Tee, dachte Derek. Ich hätte zum Frühstück Milch trinken sollen.
6
Herbert Chieseman knipste das Licht an, stellte den Wekker ab, drehte die Lautstärke des Radios höher, das die ganze Nacht eingeschaltet gewesen war, und drückte auf die Rückspultaste des Tonbandgeräts. Dann stieg er aus dem Bett.
Er stellte einen Kessel Wasser auf die Herdplatte und sah aus dem Fenster seines Studio-Apartments, während er darauf wartete, bis die Sieben-Stunden-Spule des Tonbandgeräts zurückgespult war. Der Morgen war hell und klar. Später am Tag würde die Sonne kräftig scheinen, aber noch war es kalt. Herbert zog eine Hose und einen Pullover über die Unterwäsche, die er im Bett getragen hatte, und schlüpfte in die Pantoffeln.
Seine Wohnung bestand aus einem einzigen großen Zimmer in einem Haus im Norden Londons. Das Haus, in viktorianischem Stil erbaut, hatte seine beste Zeit hinter sich. Die Möbel, der Heizkörper und der alte Gasherd gehörten dem Vermieter. Das Radio, ein Hochleistungsempfänger, gehörte Herbert. In seiner Miete war das Benutzungsrecht für ein Gemeinschaftsbad und – besonders wichtig – für die alleinige Nutzung des Dachbodens enthalten.
Das Radio beherrschte das Zimmer, Es war ein großes, sehr empfangsstarkes UKW-Gerät – aus Teilen zusammengebaut, die Herbert in einem Dutzend verschiedener Läden an der Tottenham Court Road sorgfältig ausgewählt hatte. Die Antenne befand sich auf dem Dachboden. Das Tonband war ebenfalls Marke Eigenbau.
Herbert goß Tee in eine Tasse, gab Kondensmilch aus der Dose hinzu und setzte sich an seinen Arbeitstisch. Von den elektronischen Geräten abgesehen, stand nur ein Telefon auf diesem Tisch; daneben lagen ein Schreibheft mit linierten Blättern und ein Kugelschreiber. Herbert schlug das Schreibheft an einer unbeschriebenen Seite auf und trug in großen, kursiven Buchstaben oben auf der Seite das Datum des heutigen Tages ein. Dann drehte er die Lautstärke des Radios herunter, stellte das Tonband ein und spielte die Aufnahme von letzter Nacht im Schnellvorlauf ab. Jedesmal, wenn ein quäkendes, schrilles Geräusch ertönte, wußte Herbert, daß menschliche Stimmen auf dem Band waren. Immer dann hielt er sofort einen Finger in die Spule und verringerte die Drehgeschwindigkeit des Bandes von Hand so weit, daß er die einzelnen Worte unterscheiden konnte.
»… fahren wir jetzt weiter zum unteren Ende der Holloway Road, um den Streifenbeamten zu unterstützen …«
»… hier Wagen einundzwanzig, Ludlow Road, West Five. Eine Mrs.
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