Die Spur der Füchse
des gesamten Betriebes erreicht werden. Der Plan war nichts wert – durch Stillegung wurde zwar die allgemeine Finanzlage verbessert, aber die Rentabilität zunichte gemacht –, doch auch Derek sah keine Alternative, und dieses Dilemma hatte ihn wütend gemacht. »Ich habe Lösungsvorschläge von Ihnen verlangt!« hatte er den Finanzchef angefahren. »Und Sie raten mir, den halben Scheißladen dichtzumachen!« Ein solches Gebaren gegenüber den Mitgliedern des gehobenen Managements war unverzeihlich, das wußte Derek. Bestimmt würde der Mann seinen Posten niederlegen und sich wahrscheinlich nicht mehr umstimmen lassen.
Dann war Dereks Sekretärin – eine elegante, unerschütterliche, verheiratete Frau, die drei Sprachen beherrschte – ihm mit einer ganzen Latte von Nebensächlichkeiten auf die Nerven gegangen, und Hamilton hatte sie ebenfalls angeschrien. So, wie sie nun mal war, würde die Chefsekretärin es vermutlich als Teil ihres Jobs betrachten, eine derartige schlechte Behandlung über sich ergehen zu lassen. Aber Derek wußte, daß es natürlich keine Entschuldigung für sein Benehmen war.
Und jedesmal, wenn er auf sich selbst und auf seine Mitarbeiter und auf sein Magengeschwür fluchte, fragte er sich: Was tue ich hier eigentlich?
Derek überdachte verschiedene Antworten auf diese Frage, während das Auto die kurze Strecke zwischen seinem und Nathaniel Fetts Büro zurücklegte. War das Geld die Triebfeder allen Tuns? Diese Fragen konnte Derek nicht so leicht verneinen, wie er manchmal vorgab. Es traf zu, daß Ellen und er von seinem Kapital, ja, sogar von einem Teil seines Kapitals ein Leben in Luxus führen könnten. Doch Ellens Träume reichten über ein Leben in Luxus hinaus. Wirklicher Erfolg in der Geschäftswelt, das waren eine Ein-Millionen-Pfund-Jacht, eine Villa in Cannes, eine eigene Moorhuhnjagd in Schottland und die Möglichkeit, jene Picassos zu kaufen, die einem gefielen, statt sich die Gemälde in Hochglanzfolianten anschauen zu müssen, wie es bei Derek der Fall war.
Das alles waren auch seine Träume – oder waren es jedenfalls gewesen; denn jetzt war es vielleicht zu spät. In Dereks verbleibenden Lebensjahren würde die Hamilton Holdings keine sensationellen Gewinne mehr abwerfen.
Als junger Mann hatte Derek nach Macht und Ansehen gestrebt. Was das betraf, hatte er letztendlich versagt. Als Aufsichtsratsvorsitzender eines kränkelnden Unternehmens zu fungieren, und mochte es noch so groß sein, war alles andere als prestigeträchtig. Und Dereks Macht war durch die rigorosen, aber unumgänglichen Sparmaßnahmen bis zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft.
Derek Hamilton war nicht sicher, ob er begriff, was manche Leute unter beruflicher Erfüllung verstanden. Es war ein seltsamer Ausdruck, der vielleicht an einen Schreiner denken ließ, der aus einem Stück Holz einen Tisch zimmerte, oder an einen Bauern, der eine Herde fetter Schafe zum Markt trieb. Im Big Business jedoch sah es ganz anders aus: Selbst wenn jemand auch nur halbwegs erfolgreich war, bekam er immer wieder Nackenschläge und mußte Enttäuschungen hinnehmen. Doch für Derek Hamilton gab es kein anderes Betätigungsfeld als das Unternehmertum. Selbst wenn er gewollt hätte – er besaß nicht die Fähigkeiten, Tische zu zimmern oder Schafe zu züchten, Lehrbücher zu schreiben oder Bürogebäude zu entwerfen.
Wieder mußte er an seine Söhne denken. Ellen hatte recht: Keiner von beiden hatte es auf die Erbschaft abgesehen. Hätte Derek seine Jungs um Rat gefragt, hätten sie ihm mit Sicherheit gesagt: »Das Geld gehört dir, also hau es auf den Kopf!«
Dennoch – instinktiv ging es Derek gegen den Strich, jenes Unternehmen zu verkaufen, das seine Familie reich gemacht hatte. Vielleicht, dachte er, sollte ich meinem Instinkt nicht mehr gehorchen; denn daß ich ihm gefolgt bin, hat keinen glücklichen Menschen aus mir gemacht.
Zum erstenmal fragte Derek sich, was er tun würde, wenn er nicht mehr ins Büro müßte. Am dörflichen Leben hatte er kein Interesse. Mit einem Hund an der Leine in die Kneipe zu gehen wie sein Nachbar, Colonel Quinton, würde ihn langweilen. Auch Zeitungen würden ihn nicht interessieren – er las ohnehin nur den Wirtschaftsteil. Und wenn er sein Unternehmen erst verkauft hatte, würde ihn sogar die Wirtschaftsbeilage anöden. Derek war stolz auf seinen Garten, aber er konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen, den ganzen Tag mit Unkrautjäten zu verbringen und damit, Dünger
Weitere Kostenlose Bücher