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Die Spur der Füchse

Die Spur der Füchse

Titel: Die Spur der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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das Parlamentsgebäude nicht in der Nähe gewesen, wäre das Haus inzwischen vermutlich zu einer Mietskaserne verkommen. Als Kevin durch die Eingangstüren trat, stellte er fest, daß die Besitzer das Gebäude durch einen Lift und einen Portier aufzuwerten versucht hatten. Zweifellos bezeichneten sie die Wohnungen nun als ›Luxusapartments mit vollem Service‹.
    Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dachte Kevin, mit Frau und drei Kindern in einer dieser Buden zu hausen. Zumindest würde ein Mann wie Fitzpeterson es als unzumutbar und unangemessen betrachten. Demnach muß sein Apartment eine Zweitwohnung sein, folgerte Kevin – was wiederum den Schluß erlaubte, daß Fitzpeterson hier durchaus homosexuelle Orgien, Hasch-Parties oder ähnliches veranstalten konnte.
    Hör auf, Vermutungen anzustellen, ermahnte sich Kevin. Gleich weißt du Genaueres.
    Es gab keine Möglichkeit, dem Portier aus dem Weg zu gehen. Sein winziges Kabuff befand sich in der Nähe des Lifts am anderen Ende der kleinen Eingangshalle. Der Portier war ein ausgemergelter Mann mit eingefallenen Wangen und bleichem Gesicht. Er machte fast den Eindruck, als wäre er an sein Empfangspult angekettet und hätte seit Jahren nicht mehr die Erlaubnis bekommen, das Tageslicht zu sehen. Als Kevin näher kam, legte der Mann ein Buch mit dem Titel Wi e man seine zweite Million macht zur Seite und nahm seine Brille ab.
    Kevin zeigte auf das Buch. »Ich möchte gern wissen, wie ich meine erste Million mache.«
    »Neun«, sagte der Portier mit gelangweilter Stimme.
    »Bitte?«
    »Sie sind der neunte, der das sagt.«
    »Ach. Tut mir leid.«
    »Gut. Sonst hätten Sie mich jetzt bestimmt wie alle anderen gefragt, warum ich das Buch lese, und ich hätte geantwortet, weil ein Mieter es mir gegeben hat, und darauf hätten Sie gesagt, daß Sie mit diesem Mieter gern Freundschaft schließen würden. Aber jetzt, da wir uns das alles ja ersparen können – was kann ich für Sie tun?«
    Kevin wußte, wie man mit Klugscheißern umzugehen hatte: Man mußte nachgeben. »Könnten Sie mir sagen, welche Apartment-Nummer Mr. Fitzpeterson hat?« fragte er.
    »Ja. Aber ich werde Sie erst einmal anmelden.« Der Portier streckte die Hand nach dem Haustelefon aus.
    »Moment, bitte.« Kevin zog seine Brieftasche und nahm zwei Scheine heraus. »Ich möchte Tim überraschen.« Er zwinkerte dem Schwindsüchtigen zu und legte das Geld auf den Schalter.
    Der Mann grapschte sich die Scheine und musterte den hochgewachsenen, schlanken jungen Mann. »Gewiß, Sir«, sagte er grinsend. »Da Sie unübersehbar sein Bruder sind, werde ich es Ihnen sagen. Apartment fünf C.«
    »Danke.« Kevin ging zum Lift und drückt auf den Knopf. Der Aufzug kam herunter, und Kevin stieg in die Kabine und drückte auf den Knopf zur fünften Etage. Dann hielt er für einen Moment die Tür offen, denn der Portier griff zum Haustelefon. Kevin sagte: »Eine Überraschung! Sie denken doch daran?« Ohne etwas zu erwidern, griff der Portier nach seinem Buch.
    Quietschend und ruckend bewegte der Lift sich nach oben. Kevin überkam das vertraute, beinah körperlich spürbare Gefühl gespannter Erwartung. So erging es ihm immer, wenn er einer Story wegen an eine fremde Tür klopfte. Das Gefühl war nicht unangenehm, doch es war stets mit einem Hauch von Besorgnis vermischt, vielleicht doch keinen Treffer zu landen.
    Der Flur im fünften und obersten Stock wurde von einem dünnen Nylonteppich und verblassender Wasserfarbe an Wänden und Decke geziert – geschmacklos, aber unaufdringlich. Es gab vier Wohnungen auf dieser Etage, jede mit einer Klingel, einem Briefkasten und einem Türspion ausgestattet. Kevin entdeckte die Wohnung 5 C, holte tief Luft und drückte auf den Klingelknopf.
    Keine Reaktion. Kevin schellte noch einmal, dann drückte er das Ohr ans Türblatt und lauschte. Nichts zu hören. Die erwartungsvolle Spannung fiel von ihm ab, und er fühlte sich ein bißchen enttäuscht und ratlos.
    Er überlegte, was er tun sollte, schlenderte über den Flur zu dem winzigen Fenster und schaute nachdenklich hinaus. Auf der anderen Straßenseite war ein altes Schulgebäude. Eine Mädchenklasse spielte auf dem Pausenhof Korbball. Von seinem Standort aus konnte Kevin nicht erkennen, ob die Mädchen alt genug waren, um ihn aufzugeilen, wäre er näher dran gewesen.
    Schließlich ging Kevin zurück zu Fitzpetersons Wohnungstür und klingelte Sturm. Er fuhr zusammen, als ein rumpelndes Geräusch ertönte und der Aufzug hielt.

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