Die Spur der Füchse
eine Story daraus machten. Deshalb war Bertie ziemlich gut über die Mechanismen des Journalismus informiert.
Von den Verkehrsmeldungen und der Durchsage des Notarztwagens abgesehen, war auf den PolizeiFrequenzen nur über Ladendiebstähle, einige unbedeutende Fälle von Vandalismus, ein paar Verkehrsunfälle und eine Demonstration in der Downing Street berichtet worden.
Und über eine mysteriöse Angelegenheit.
Diese geheimnisvolle Geschichte hatte sich im Osten Londons ereignet; viel mehr wußte Bertie nicht darüber. Er hatte gehört, wie die Einsatzzentrale der Polizei sämtliche Streifenwagen in Alarmbereitschaft versetzt hatte, aber mit der darauffolgenden Durchsage hatte er nichts anfangen können: Die Streifenwagen wurden aufgefordert, nach einem blauen Lieferwagen mit einem bestimmten Kennzeichen Ausschau zu halten. Es mochte sein, daß es sich um eine einfache Fahrzeugentführung handelte, zum Beispiel, um eine Wagenladung Zigaretten zu erbeuten; oder es saß jemand hinter dem Steuer, den die Polizei dringend vernehmen wollte. Es konnte aber auch das Fluchtfahrzeug bei einem Raubüberfall sein. Das Wort ›Obadja‹ war benutzt worden. Warum, wußte Bertie nicht. Unmittelbar nach dem Alarm waren drei Einsatzfahrzeuge aus dem regulären Streifendienst abgezogen worden, um sich auf die Suche nach dem blauen Lieferwagen zu machen. Doch mit all diesen Bruchstücken ließ sich nichts anfangen.
Es konnte sein, daß viel Lärm um nichts gemacht wurde. Vielleicht ging es sogar nur um die durchgebrannte Ehe frau eines Inspektors vom Bereitschaftsdienst. So etwas hatte Bertie schon erlebt. Andererseits konnte es eine große Sache sein. Deshalb wartete Bertie auf weitere Informationen.
Die Hausverwalterin klopfte an, als Bertie gerade die Bratpfanne mit heißem Wasser und einem Putzlappen reinigte. Er öffnete die Tür, rieb sich die Hände am Pullover trocken und holte das Mietbuch hervor. Mrs. Keeney, mit Schürze und Lockenwicklern, starrte ehrfurchtsvoll auf das Hochleistungs-Funkgerät, obwohl sie die Anlage Woche für Woche zu sehen bekam.
Bertie gab ihr das Geld, und Mrs. Keeney machte ihren Eintrag ins Mietbuch. Dann reichte sie Bertie einen Brief.
»Ich verstehe nicht, warum Sie keine Musik hören, wo Sie doch eine so tolle Anlage haben«, sagte Mrs. Keeney.
Bertie lächelte. Natürlich hatte er Mrs. Keeney nicht gesagt, wozu seine Anlage in Wirklichkeit diente, denn es verstieß ja gegen das Gesetz, den Polizeifunk mitzuhören. »Ich bin nicht besonders musikalisch«, sagte er.
Mrs. Keeney schüttelte verständnislos den Kopf und verließ die Wohnung. Bertie riß den Umschlag auf. Sein monatlicher Scheck von der Evening Post war darin. Zur Zeit lief das Nachrichtengeschäft ausgezeichnet: Der Scheck belief sich auf fünfhundert Pfund – steuerfrei, denn Bertie zahlte keine Steuern. Es war nicht einfach für ihn, sein Geld auszugeben, denn sein Beruf als Ohrwurm ließ ihm wenig Gelegenheit dazu. Nur die Abende verbrachte Bertie in irgendeiner Kneipe, und sonntags fuhr er mit dem Wagen ins Grüne, einem funkelnagelneuen Ford Capri, seinem einzigen Luxus. Barney fuhr an die verschiedensten Orte, wie ein Tourist: Er war schon an der Kathedrale von Canterbury gewesen, am Schloß Windsor, in Beaulieu, St. Albans, Bath und Oxford; er besuchte mit der gleichen Begeisterung Safari-Parks und Schlösser, vorgeschichtli che Monumente und historische Städte, Pferderennbahnen und Rummelplätze. Sein Leben lang hatte er nicht so viel Geld besessen. Er verdiente genug, um sich alles kaufen zu können, was er wollte. Es blieb sogar ein bißchen übrig, um es auf die hohe Kante zu legen.
Bertie legte den Scheck in eine Schublade und machte sich wieder daran, die Pfanne zu scheuern. Als er damit fertig war, ertönte ein statisches Knistern aus dem Empfänger. Ein sechster Sinn sagte Bertie, daß er aufmerksam lauschen sollte.
»… stimmt. Blauer Bedford-Lieferwagen mit doppelt bereiften Hinterrädern. Alpha Charlie London zwei null drei Mother. Ob er was hat? Besondere Kennzeichen? Ja. Wenn man reinschaut, kann man sehen, daß er sogar ein sehr ungewöhnliches Kennzeichen hat – mehrere große Kisten voller gebrauchter Geldscheine auf der Ladefläche.«
Bertie runzelte die Stirn. Der Beamte in der Einsatzzentrale der Polizei hatte sich offensichtlich einen kleinen Scherz erlaubt, aber was er gesagt hatte, ließ nichtsdestoweniger darauf schließen, daß der gesuchte Lieferwagen eine große Summe Geld
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