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Die Spur der Füchse

Die Spur der Füchse

Titel: Die Spur der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Ecke.«
    Jesse ging in die Richtung, die der ausgestreckte Daumen des Tankwarts ihm wies. Ein Gehweg aus rissigem Beton führte am Tankstellengebäude vorüber. Nachdem Jesse um die Ecke gebogen war, sah er die verwitterte Tür mit der Aufschrift ›HERREN‹ und ging daran vorbei.
    Hinter dem Tankstellengelände befand sich eine kleine, unbetonierte Fläche, auf der Fahrzeuge neuerer Bauart standen und auf die Reparatur warteten. Jesse sah eingedellte Türen, verbeulte Kotflügel, zersplitterte Fenster. Doch was er suchte, sah er nicht.
    Die Hintereinfahrt der Reparaturwerkstatt befand sich gleich links von Jesse. Das Tor stand weit offen, und es war groß genug, um einen Bus hindurchfahren zu können. Es bestand kein Anlaß zur Heimlichtuerei, und so betrat Jesse durch das Eingangstor die Werkstatt.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Jesses Augen sich nach der hellen Sonne draußen an das dämmrige Licht gewöhnt hatten. Die Luft roch nach Motoröl und Ozon. In Kopfhöhe stand ein Mini Cooper auf einer Hebebühne, seine Innereien hingen herab – ein irgendwie obszöner Anblick. Die Zugmaschine eines Sattelschleppers war durch mehrere Kabel mit einem Abgasmeßgerät verbunden. In einer Ecke stand ein aufgebockter Jaguar, von dem man die Reifen abmontiert hatte. In der Werkstatt war niemand zu sehen. Jesse blickte auf die Armbanduhr. Ach, ja. Die Mechaniker hatten bestimmt Mittagspause. Er schaute sich um.
    Und entdeckte genau das, was er brauchte.
    Auf einem Ölfaß in einer Ecke lagen zwei rot-weiße Nummernschilder, wie man sie bei der Überführung von Fahrzeugen benutzte, die noch nicht zugelassen waren. Jesse durchquerte die Werkstatt und nahm die Schilder an sich. Noch einmal schaute er sich um. Auf einem Haken an der kahlen Wand aus Ziegelsteinen hingen saubere Arbeitsoveralls. Jesse schnappte sich einen davon – ebenso wie ein schmutziges Stück Tau, das auf dem Boden lag.
    Eine Stimme sagte: »Suchst du was Bestimmtes, Kum
    pel?«
    Jesse fuhr herum. Vor Schreck schlug ihm das Herz bis zum Hals. Einer der Mechaniker, ein Neger in einem ölverschmierten Blaumann, stand im hinteren Teil der Werk statt, an einem Kotflügel des strahlendweißen Jaguars gelehnt. Der Neger biß in eine Stulle und kaute herzhaft, wobei seine Afrofrisur sich rhythmisch auf und ab bewegte. Jesse versuchte, die roten Nummernschilder im zusammengerollten Arbeitsoverall zu verstecken. »Ich suche das Klo«, sagte er. »Ich will meine Klamotten wechseln.« Er hielt den Atem an.
    Der Mechaniker streckte den Arm aus. »Da draußen«, sagte er kauend, »gleich um die Ecke.« Er schluckte, um gleich darauf wieder herzhaft zuzubeißen.
    »Vielen Dank«, sagte Jesse und machte, daß er rauskam.
    »Keine Ursache«, rief der Mechaniker ihm hinterher. Jesse fiel auf, daß der Mann einen irischen Akzent hatte. Ein irischer Neger?, dachte er. Das wäre mal was Neues.
    Der Tankwart stand neben dem Lieferwagen und wartete bereits ungeduldig. Jesse stieg ins Führerhaus und warf den Overall samt Inhalt über den Sitz nach hinten in den Laderaum. Der Tankwart beäugte das Bündel neugierig. Jesse sagte: »Mein Arbeitsoverall hat doch tatsächlich aus der Hintertür rausgehangen. Ist total versaut. – Wieviel macht das?«
    »Wer bei uns für fünf Pfund tankt, bezahlt normalerweise fünf Pfund. – Ich hab’ Ihren Overall gar nicht raushängen sehen.«
    »Ich auch nicht. Gerade erst. Dabei muß ich das Ding fünfzig verdammte Meilen hinterhergeschleift haben. – Fünf Pfund, sagten Sie?«
    »Ja. Die Scheißhausbenutzung ist kostenlos.«
    Jesse reichte dem Tankwart eine Fünfpfundnote und fuhr hastig los.
    Durch den Umweg war er ein bißchen von der vorgesehenen Strecke abgekommen, aber das war gut so; denn diese Gegend war ruhiger als die Stadtviertel, durch die Jesse zuvor gefahren war. Beide Straßenseiten wurden von alten, einzeln stehenden Häusern gesäumt, die ein Stück von der Fahrbahn entfernt standen. Die Bürgersteige wurden von Roßkastanien beschattet.
    Jetzt brauchte Jesse eine ruhige Nebenstraße, um die Nummernschilder auszutauschen und die Kleidung zu wechseln. Wieder schaute er auf die Armbanduhr. Seit dem Unfall war ungefähr eine Viertelstunde vergangen. Um sich irgendwelche Raffinessen einfallen zu lassen, reichte die Zeit nicht mehr.
    Gleich an der nächsten Kreuzung bog Jesse ab. Die Straße hieß Brook Avenue – und die konnte er gleich wieder vergessen, denn Haus reihte sich an Haus. Er brauchte einen Platz, an dem er

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