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Die Spur der Füchse

Die Spur der Füchse

Titel: Die Spur der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Seite der Medaille. Der Hauptgrund für die Beschattung war vermutlich auf Scotland-Yard-interne Überlegungen zurückzuführen. Wahrscheinlich hatte der Polizeichef (Abteilung Kapitalverbrechen) damit gedroht, der Kripo die Zuständigkeit für die Tony-Cox-Organisa tion wegzunehmen und der Streifenpolizei zu übergeben. Deshalb hatte die Kripo sich auf die Observierung verlegt, um wenigstens behaupten zu können, daß sie etwas unternahm.
    Solange sie die Sache nicht allzu ernsthaft betrieben, störte es Tony nicht weiter. Einmal hatten die Bullen allerdings ernst gemacht – vor zwei Jahren. Damals war Tonys Organisation vom Adlerauge der Kripo-Abteilung West End Central unter schärfster Beobachtung gehalten worden. Dann aber hatte Tony eine gewisse finanzielle Übereinkunft mit dem zuständigen Bezirksinspektor getroffen, der auf ihn angesetzt war. Eines Tages hatte der Bezirksinspektor sich jedoch geweigert, sein gewohntes wöchentliches Schmiergeld zu kassieren, und Tony gewarnt: »Wir haben zuviel Belastungsmaterial gegen Sie. Das Spiel ist aus, wenn wir uns nichts einfallen lassen.«
    Tony war nur eine Möglichkeit geblieben, die Sache geradezubiegen: Er mußte ein paar von seinen Jungs ans Messer liefern. Deshalb hatten er und der Bezirksinspektor West End Central fünf Ganoven aus dem mittleren Management des Tony-Cox-Unternehmens eine Klage wegen Erpressung angehängt. Die fünf Burschen waren in den Knast gewandert, und die Presse hatte die Kripo-Abteilung West End Central und deren Inspektor in den höchsten Tönen gelobt, daß sie London aus dem ›Würgegriff der Gang‹ befreit hätten. Tonys Geschäfte waren wie gewohnt weitergelaufen. Bedauerlicherweise war der Bezirksinspektor später selbst eingelocht worden, weil er einem Studenten Hasch untergejubelt hatte. Ein trauriges Ende einer vielversprechenden Karriere, wie Tony meinte.
    Er bog in die Zufahrt zu einem mehrstöckigen Parkhaus in Soho ein. Vor der Schranke blieb er eine längere Zeit stehen, bevor er den Parkschein aus dem Automaten zog, und beobachtete den blauen Morris im Innenspiegel. Einer der Kripobeamten sprang aus dem Wagen und rannte über die Straße, um den Fußgängerausgang des Parkhauses überwachen zu können. Ein anderer fand ein paar Meter weiter einen freien Parkplatz – an einer Stelle, von der aus er die Wagen beobachten konnte, die ins Parkhaus hineinfuhren oder es verließen. Tony nickte zufrieden.
    Er fuhr zum ersten Parkdeck hinauf und stellte den Rolls neben dem Verwaltungsbüro ab. Drinnen saß ein junger Mann, den Tony nicht kannte.
    Er sagte: »Ich bin Tony Cox. Ich möchte, daß Sie meinen Rolls abstellen und mir einen Wagen von einem Ihrer Dauerparker besorgen. Von jemandem, der seine Kiste heute den ganzen Tag hier stehenläßt.«
    Der junge Mann runzelte die Stirn. Er hatte krauses, unordentliches Haar und trug speckige, ölfleckige Jeans mit ausgefransten Beinteilen. »Wie stellen Sie sich das denn vor, Kumpel?« fragte er.
    Tony trat ungeduldig mit dem Fuß auf. »Ich wiederhole mich nicht gern, Junge. Ich bin Tony Cox. «
    Der junge Mann lachte. Er stand auf, legte das ComicHeft, in dem er gelesen hatte, auf den Schreibtisch und sagte: »Es ist mir schnurzpiepegal, wer Sie sind, Sie …«
    Es gab ein leises, dumpfes Geräusch, als Tony dem Jungen seine riesige Faust in den Magen hämmerte. Tony kam es so vor, als hätte er einem Federkissen einen rechten Haken verpaßt. Der Parkwächter knickte zusammen. Er stöhnte und rang keuchend nach Atem.
    »Ich hab’ nicht viel Zeit, Junge«, sagte Tony.
    Die Tür zum Büro wurde geöffnet. »Was ist denn hier los?«
    Ein älterer Mann mit Baseballmütze kam herein. »Ach, du bist’s, Tony. Hast du Ärger?«
    »Wo hast du gesteckt? Du hast auf dem Scheißhaus eine geraucht, stimmt’s?« schnauzte Tony ihn an. »Ich will ei nen Wagen, mit dem ich nicht in Verbindung gebracht werden kann, und ich hab’s eilig.«
    »Kein Problem«, sagte der ältere Mann. Er nahm einen Schlüsselbund von einem Haken in der Asbestwand. »Ich habe einen schicken Granada für dich. Ist für vierzehn Tage hier untergestellt. Dreilitermotor, Automatik, ‘ne schöne Bronzemetalliclackierung …«
    »Die Farbe kannst du dir in die Haare schmieren.« Tony grapschte sich die Schlüssel.
    »Da drüben steht der Wagen.« Der Mann streckte die Hand aus. »Deinen Rolls stelle ich unter.«
    Tony verließ das Büro, ging zum Granada und stieg ein. Er legte den Sicherheitsgurt an und fuhr los.

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