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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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überzeugt. Ich bin sehr zufrieden und stehe in Eurer Schuld. Er soll Kampferfahrung sammeln. Die slawischen Stämme an den Grenzen meiner Mark geben keine Ruhe. Und der Herzog von Sachsen und Bayern lässt nach wie vor keine Gelegenheit verstreichen, sie gegen mich aufzuwiegeln.«
    Als Christian am nächsten Morgen mit Konrad, dem Bergmeister und Ottos Wachen aufbrach, um wie gefordert die nächste Ladung Silber abzuholen, hatte er ihnen das Versprechen abverlangt, nichts über die einschneidenden Befehle des Markgrafen verlauten zu lassen. Das würde er selbst tun, wenn er zwei Tage später aus Meißen zurückkehrte. Er wollte verhindern, dass während seiner Abwesenheit Gerüchte kursierten und sich die Stimmung aufheizte. Ein Aufruhr mit anschließendem Blutgericht des Burgvogts wäre das Letzte, das er jetzt brauchen konnte. Auch in zwei Tagen würden die schlechten Neuigkeiten immer noch früh genug kommen.
    Als der Weg breit genug für zwei Pferde nebeneinander war, gab er Konrad ein Zeichen, aufzuholen und neben ihm zu reiten.
    »Dein Vater war sehr zufrieden über deine Fortschritte mit dem Schwert«, sagte er.
    Erleichterung zeichnete sich auf dem Gesicht seines Knappen ab. »Wirklich? Er ist so … vollkommen. Ich habe ständig Angst, ihn nie zufriedenstellen zu können.«
    »Das musst du nicht. Du hast nicht nur für dich, sondern auch für mich Ehre eingelegt.«
    Konrad zögerte einen Moment. »Erlaubt Ihr eine Frage?«
    Christian machte eine einladende Geste. »Nur zu.«
    »Warum habt Ihr so wenig Einwände gegen die Entscheidungen meines Onkels vorgebracht?«, wollte Konrad wissen. »Schließlich hat er den Siedlern sein Wort gegeben, zehn Jahre keine Abgaben zu verlangen. Ein Wort ist ein Wort.«
    »Sicher«, räumte Christian ein. »Doch der Kaiser hat ihn zu Gefolgschaft bei seinem Feldzug aufgerufen. Es ist besser, meine Dorfbewohner zahlen ein Zehntel des Geldes, das sie unter dem Herd vergraben oder verprassen, als dass ich jeden Mannim waffenfähigen Alter in einen Krieg führen muss, der noch dazu unter einem schlechten Stern steht.«
    Er ließ Konrad einen Moment darüber nachdenken, dann fuhr er fort: »Seien wir ehrlich: Im Vergleich zu den anderen Dörfern leben wir wirklich im Überfluss. Anderswo müssten viele Menschen hungern, wenn Euer Onkel die Abgaben erhöhen würde.«
    Christian unterbrach sich kurz, weil er seinen Rappen zur Räson bringen musste, der unbedingt an der Spitze laufen wollte, dann fuhr er fort: »Ein weiser Mann wägt ab, welche Schlachten er schlagen und auch gewinnen kann. Und in Situationen wie dieser kann ich nur versuchen, dem Markgrafen einige Zugeständnisse abzuringen, um die Lage für die Menschen erträglich zu machen, für die ich verantwortlich bin.«
    »Darin seid Ihr ein Meister«, meinte Konrad mit verwegenem Grinsen. »Es ist auf dem Burgberg ein beliebtes Gesprächsthema, wie oft Ihr mutig den Kopf vorstreckt und meinem wütenden Onkel ein paar unangenehme Wahrheiten ins Gesicht sagt.«
    »Ist das so?«, fragte Christian verwundert. Dann dachte er zynisch: Viel genützt hat es nicht, dass ich immer wieder meinen Kopf vorstrecke. Und mancher wartet schon mit Freude, dass Otto ihn mir doch abschlägt.
     
    Ohne Zwischenfall lieferten Christian und seine Leute das über den Winter gewonnene Silber in Meißen ab. Einen Tag später brachen sie erneut auf. Diesmal reisten auch Marthe, Clara und Hilbert, der Kaplan, mit ihnen.
    »Ich bin so froh, endlich wieder nach Hause zu kommen«, meinte Marthe voller Ungeduld, während sie ihre Sachen zusammenpackte.
    »Freu dich nicht zu früh«, warnte Christian düster. »Es ist nicht mehr das Dorf, das du kanntest.«

Kriegsrat
    Dunkle Wolken türmten sich am Himmel, während Christian und Marthe mit ihren Begleitern ins Dorf ritten. Und Düsternis legte sich auch über Marthes Herz, als sie sich ausmalte, wie das Leben in Christiansdorf von nun an sein würde – unter der allgegenwärtigen Präsenz von Pater Sebastian, der nur darauf wartete, ihr ein Vergehen nachzuweisen, und der bedrohlichen Gegenwart Randolfs.
    Wenn der Pater einen Anlass fand, sie einem Kirchengericht zu übergeben, würde sie diesmal unweigerlich auf den Scheiterhaufen kommen.
    Und würde der Hüne das schreckliche Geheimnis bewahren, das sie miteinander teilten? Würde er wieder mit jedem Schritt eine Spur aus Blut und Entsetzen hinter sich lassen?
    Sie fragte sich, ob sie wohl diesen Kampf und die Angst Tag für Tag durchstehen konnte.

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