Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
aus der Minibar einschenkte und in die heiße Wanne stieg, lauschte Harry ungläubig dem Bericht von FBI Special Agent Clarence Bryson.
Vor vierundzwanzig Stunden war Martha Bentley in ihrem Apartment in der Upper East Side ermordet worden.
»Da war ein Profikiller am Werk«, erklärte Bryson. Er beschrieb, wie der Mörder ihr ein Stilett zwischen die Nackenwirbel gestoßen und ihr das Rückenmark durchtrennt hatte, was zum augenblicklichen Tod führte.
»Aber … warum?« Harry hing wie erschlagen in seinem Stuhl im Büro der Britannia Fishing Trips Ltd. »Warum sollte sie jemand umbringen wollen?«
»Wegen ihres Freundes«, antwortete Agent McCrickerd. »Patrick Noonan.«
»Noonan?«
»Alias John Whitestone, Donald Ridgeway, Peter Miller, Salvatore Bruni, Karl Mayerling, Jean-Pierre Coutin – die Liste ist so lang wie Ihr Arm, Mr.Philliskirk. Das Einzige, was wir von diesem Dreckskerl mit Sicherheit sagen können, ist, dass er tot ist.«
Bryson, der Dienstältere, beugte sich vor. »Wir gehen davon aus, dass Noonan eine Schlüsselrolle in einer Organisation spielte, die weltweit illegalen Menschenhandel treibt – mit unschuldigen Kindern. Das FBI ist dieser Organisation seit Monaten auf der Spur, aber es wurde nie konkret … bis plötzlich Noonans ostafrikanischer Deal aufflog.«
»Wir glauben, dass sie Angst bekommen haben«, nahm McCrickerd den Faden auf. »Und jetzt versuchen sie, jeden denkbaren Mitwisser auszuschalten.«
»Denkbare Mitwisser wie Martha Bentley«, ergänzte Harry düster.
Bryson nickte. »Sie konnten das Risiko nicht eingehen, dass sie etwas weiß. Noonan hätte ihr gegenüber ja Andeutungen machen können, als sie noch zusammen waren.«
Harrys Augen weiteten sich, als ihm plötzlich ein grauenvoller Gedanke kam, und er deutete aufgeregt mit dem Zeigefinger auf die beiden Männer. »Sie glauben, dass der Mörder jetzt hinter mir und Jake her ist, stimmt’s?«
Bryson lächelte. »Nun mal langsam, Harry. Ich will Ihnen nicht zu nahetreten, aber ich glaube, dass Jake und Sie auf der Prioritätenliste dieser Leute relativ weit unten stehen.«
Harry schien nicht ganz überzeugt. »Warum sind Sie dann hier?«
»Weil eine von Noonans wichtigsten Kontaktpersonen in Afrika immer noch quicklebendig in Mombasa herumläuft – und das soll auch so bleiben, bis wir ihn sicher in den Staaten haben.«
Harry brauchte einen Moment, bis er kapierte, wovon der Amerikaner sprach.
» Conrad Getty ?«
Getty war der Besitzer eines Hotels an der Küste, der die Logistik für Noonan organisiert hatte und dessen Wohlstand und Prestige darin wurzelte, dass er junge Mädchen aus Ostafrika für gierige europäische Kunden beschaffte.
»Getty ist uns im Moment jedenfalls am wichtigsten«, erklärte Bryson, und sein lässiges Lächeln betonte sein Understatement. »Aber natürlich möchten wir so viel wie möglich herausfinden. Was immer Jake und Sie uns erzählen können, würde uns sehr weiterhelfen.«
Harry griff zur Schreibtischschublade und zog eine Flasche Pusser’s Rum hervor. Er nahm einen tiefen, brennenden Schluck und dachte daran zurück, wie er von Getty und seinem Handlanger hereingelegt worden war, so dass er unwissentlich den Kurier in ihrem widerlichen Menschenhandel spielte.
»Selbstverständlich«, sagte er.
»Wann erwarten Sie ihn zurück?«, wollte McCrickerd wissen.
»Er müsste jeden Moment kommen. Ich werde ihn mal anfunken, dann weiß ich schon mal, wo er ist.«
Der Mörder trat aus dem Bad und schlüpfte in T-Shirt und Jogginghose. Draußen war die Temperatur merklich gesunken. Mit dem Duft der Wachsblumen, der aus dem Garten aufstieg, war die Luft richtig angenehm – die perfekte Zeit für einen Spaziergang vor dem Abendessen.
Nachdem er sich eine kleine Umhängetasche mit Digitalkamera, Notizbuch und einem fünfzehn Zentimeter langen Stilett geschnappt hatte, ging der Mörder in die Lobby und rief den Portier.
»Ich hatte mich bereits nach einem Mietroller erkundigt – steht der schon bereit?«
Der Portier strahlte. »Natürlich! Ich lasse ihn sofort zum Haupteingang bringen.«
»Sehr freundlich von Ihnen.« Der Mörder drückte ihm einen Zehn-Dollar-Schein in die Hand.
»Fahren Sie nach Mombasa?«
»Nein, ich denke, ich bleibe in der Gegend.«
»Hätten Sie gern eine Karte, auf der die wichtigsten Sehenswürdigkeiten verzeichnet sind?«
Ein freundliches Lächeln. »Nein, danke. Es gibt nur eine Sache, die ich mir ansehen will – und wo die ist, weiß
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