Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
Vater sagt, er war zu weit weg, um das Gesicht zu erkennen. Aber er hat gesehen, was passiert ist.« Der alte Mann sprach jetzt weiter und vollführte dabei eine seltsame Geste mit geballten Fäusten. »Er sagt, der Mann hat gekämpft.«
»Gekämpft?«
Mukhtar runzelte die Stirn. »Gekämpft … vielleicht wäre ›gerauft‹ der treffendere Ausdruck.«
Jouma beugte sich vor. »Kann Ihr Vater den Mann beschreiben, mit dem Quarrie gekämpft hat?«
Es folgte ein lebhafter Dialog zwischen Vater und Sohn. Dann drehte Mukhtar sich zu Jouma um und lächelte entschuldigend. »Das Sehvermögen meines Vaters ist nicht mehr ganz, was es einmal war. Ich fürchte, er hat ein paar Jahre zu viel bei Kerzenlicht seine Kunstschnitzereien angefertigt.«
»Jedes Detail, an das er sich erinnern kann, wäre mir eine große Hilfe.«
»Er sagt, seiner Meinung nach war es ein Kind.«
»Ein Kind ?«
»Ein Junge.«
»Schwarz? Weiß? Wie alt?«
»Er trug eine Kapuze. Mein Vater glaubt, er war vielleicht dreizehn oder vierzehn Jahre alt.«
»Und wann ist das gewesen?«
»Um halb vier. Mein Vater weiß das deswegen so genau, weil er jeden Nachmittag um vier Kaluki spielen geht, und er hat sich beeilt, um nicht zu spät zu kommen.«
»Und hat er gesehen, wo der Mann und der Junge hingegangen sind?«
»In eine Gasse, die die Ndia Kuu und die Mbaraki Road verbindet«, dolmetschte Mukhtar. Dann runzelte er die Stirn. »Mein Vater sagt, als er noch einmal hinsah, waren beide verschwunden.«
»Verschwunden?«
»Ja, aus der Gasse verschwunden. Wie durch Zauberei.«
Jouma sank der Mut. Langsam hatte er diese ganzen Leute, die sich einfach in Luft auflösten, herzlich satt. Aber dann fügte der alte Mann noch etwas hinzu.
»Mein Vater sagt, dass er ein Geräusch gehört hat.«
»Was für ein Geräusch?«
Der alte Mann rappelte sich auf und reckte gebieterisch das Kinn hoch.
»Klonk!« , rief der Tischler. »Klonk! Klonk!«
22
I rgendwann trafen die Notärzte mit dem Krankenwagen ein, der noch älter aussah als der Hippie-Bus. Sie verpassten Michael Gulbis eine Ladung Lachgas und schnallten ihn dann für die lange, holprige Fahrt ins Mombasa General auf der Trage fest. Als sie weg waren, gingen Jake und Evie durchs Dorf, gefolgt von Kindern, Hühnern und streunenden Hunden. Jake kannten die Kinder zwar, aber die seltsame Frau faszinierte sie sichtlich noch immer. Neugierig zupften sie an ihrer Kleidung und dem billigen, bunten Schmuck, der überall an ihr baumelte. Ihre Dreadlocks entzückten sie ganz besonders.
»Sie sind es nicht gewöhnt, so was an einer Weißen zu sehen«, erklärte sie. »Sie glauben, ich müsste sie gestohlen haben.«
Sammy wohnte mit seiner Mutter und ein paar Ziegen in einer Hütte am Ende des Dorfes. Gladys Eruwa saß auf einem Stuhl an der Haustür, beschattet von einer Markise aus Reissäcken und Bambusstäben. Als sie Jake erblickte, umfasste sie seine Hand und küsste ihm mit ihren trockenen Lippen die Knöchel. Dann rief sie nach Sammy, der mit einer großen Schüssel Maniok aus dem Haus kam und seiner Mutter eine Zahnprothese aus Holz reichte, die sie sich sofort einsetzte. »Gott segne Sie, Mr.Moore!«, keuchte sie. »Der Junge hat mir erzählt, was Ihrer Freundin Martha passiert ist. Es bricht mir das Herz. Sammy! Besorg Mr.Moore und seiner Freundin etwas zum Sitzen!«
Jake stellte Evie vor, und sie setzten sich in den Schatten auf ein paar umgedrehte Gemüsekisten.
»Evie ist hier wegen des Hotels, das hier gebaut werden soll«, erklärte er.
»Ich weiß, warum sie hier ist«, erwiderte Gladys streng und schob missbilligend die Lippen vor. »Und ich muss sagen, ich bin nicht glücklich darüber.«
»Warum nicht, Mrs.Eruwa?«, wollte Evie wissen. »Wir sind doch hier, um Ihnen zu helfen.«
»Nur Gott kann uns helfen, junge Dame. Und Er heißt Ihren Lebenswandel nicht gut.«
»Mrs.Eruwa …«
»Es ist wahr! Bruder Willem hat uns beigebracht, dass wir für unsere Rettung beten müssen, statt uns auf gottlose Menschen zu verlassen.«
Evie lächelte bitter. »Und ich schätze, Bruder Willem hat Ihnen auch erzählt, dass es Gottes Wille ist, wenn Ihre Häuser zerstört werden.«
Gladys Eruwa legte sich die Hände auf die riesigen Brüste und schnaubte leise. Für sie war die Angelegenheit vom Tisch. Sie wandte sich wieder an Jake und lächelte mütterlich. »Brauchen Sie Sammy heute?«
»Ja, ich habe vor, nach Watamu zu fahren, Mrs.Eruwa.«
Sammy, der bis dahin mit Unbehagen dem
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