Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
wie man einer Fliege die Beine ausreißt, und der Gedanke, sie könnten einen alten Mann totschlagen, ist fast schon lächerlich. Das gehört alles zu dem gleichen schmutzigen Spiel, mit dem man Evie Simenon diskreditieren will.« Jake warf seinem Partner einen Blick zu. »Vielleicht könntest du die Angelegenheit ja bei der nächsten Aktionärsversammlung zur Sprache bringen.«
Harry grunzte unverbindlich. »Es gäbe natürlich auch noch eine andere Option. Warum erzählen wir den Zeitungen nicht einfach, wie wir gerade in ständiger Gefahr leben müssen, ermordet zu werden? Das wäre doch mal eine tolle Geschichte. Viel aufregender als dieses Gekabbel um so ein Dorf.«
Jake lachte. »Ich hab’s dir doch schon mal gesagt: Uns will niemand ans Leder, höchstens ein paar verschmähte Frauen und eifersüchtige Ehemänner.«
»Aha. Und deswegen hast du uns beide vorhin fast umgebracht, oder?«
»Ich hab überreagiert. Mach dir deswegen keinen Kopf.«
»Ich mach mir aber einen Kopf deswegen, mein Lieber! Was ist, wenn wir eines Nachts von Suki’s Bar zurückkommen und er uns hier erwartet?«
»Dann bieten wir ihm noch einen Absacker an und erklären ihm, dass er nur seine Zeit verschwendet. Wir wissen nichts.« Jake trank sein Bier aus und blickte auf die Kästen mit Tusker-Bier, die auf dem Anlegesteg standen. »Ich schätze, du hast keine Lust, die Bierkisten mit mir ins Beiboot zu schleppen?«
Harry zuckte zusammen. »Ich hab immer noch so ein leichtes Halswirbelschleudertrauma von unserem kleinen Abenteuer vorhin«, behauptete er. »Ich glaub, ich schone mich lieber noch ein bisschen.«
Als Jake die letzte Kiste auf die Yellowfin gebracht hatte, döste Harry schon in seinem Stuhl. Alter Trottel, dachte Jake zärtlich. Manchmal vergaß er, was sein Kumpel schon mitgemacht hatte. Jake mochte Martha Bentley verloren haben, aber Harry hatte seine ganze Familie verloren – bei einem Autounfall in England war ihr Leben im Bruchteil einer Sekunde ausgelöscht worden. Sein Partner hatte seitdem gewisse exzentrische Ansichten vom Leben – doch Jake bezweifelte, dass irgendjemand so ein Erlebnis wegstecken konnte, ohne einen gewissen Schaden an seiner geistigen Gesundheit davonzutragen.
Er nahm sich noch eine Flasche Tusker aus der Kühltasche und genoss sie mit einer Zigarette. Es tat gut, sich einen Moment zurückzulehnen und Bilanz zu ziehen, denn die Ereignisse schienen gerade völlig aus dem Ruder zu laufen. Erst Martha, jetzt diese Geschichte in Jalawi – vielleicht der richtige Zeitpunkt, um innerlich mal kurz auf Abstand zu gehen und die Dinge ein wenig abkühlen zu lassen.
Weiß der Teufel, was hinter der nächsten Ecke schon wieder lauern mochte.
Plötzlich horchte er auf. Es war nicht besonders laut, aber da kam eindeutig ein schlurfendes Geräusch aus der Kabine. Im Grunde hätte es alles Mögliche sein können – vielleicht war durch den leichten Wellengang ein Kissen von einer Bank gefallen, oder es kam von einer Tür, die nicht richtig fest geschlossen war.
Doch da hörte er es wieder, und nun konnte es keinen Zweifel mehr geben.
Es war jemand auf dem Boot.
Leise öffnete Jake eine der Kisten, in denen die Ausrüstung verstaut war, und entnahm ihr einen eisernen Bootshaken. Er umklammerte ihn fest und hielt die übel aussehende Kralle einsatzbereit über seinen Kopf, während er sich zur Kabine vorbeugte. Das wird ja langsam zur Gewohnheit, dachte er. Ein Schatten bewegte sich über die schmierige Fensterscheibe, und Jake atmete einmal tief ein, bevor er sich mit voller Wucht mit der Schulter gegen die wacklige Tür warf. Die Türkante traf den Eindringling, und ein Körper schlitterte rückwärts gegen den Klapptisch zwischen den Bänken. In der nächsten Sekunde war Jake auch schon über ihm, und zweifellos wäre die Metallklaue auf den ungeschützten Schädel niedergesaust, wenn sein Opfer nicht mit kläglichem Aufheulen um Gnade gebettelt hätte.
Als sich die roten Nebel seiner Wut verzogen, merkte Jake, dass er auf ein bekanntes Gesicht herabblickte.
»Was zum Henker tun Sie auf meinem Boot?«, fragte er.
»Bitte, Mann, Sie müssen mir helfen«, flehte Alex Hopper. Sein Gesicht war kreidebleich, seine Kleidung zerrissen und blutbefleckt. Pitschnass war er obendrein. »Ich steck so richtig in der Scheiße.«
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S onntag, 5. Februar 1987. Das war der Tag, an dem sich für Frank Walker alles geändert hatte. Ein unsagbar trüber Winterabend im Aufenthaltsraum einer Pension in
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