Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
North Shields. Nur er und ein belgischer Lkw-Fahrer namens Henning saßen am Feuer und sahen fern. Der übliche Mist, den es am Sonntagabend so gab: Kirchenchöre und öde Familienserien. Als Henning auf BBC 2 umschaltete, wollte Frank schon protestieren, doch da sah er plötzlich seine Zukunft auf dem Bildschirm: eine Dokumentation über Großwildjäger im Massai-Mara-Reservat. Untersetzte Idioten in Tropenhelmen und Khakihosen, die mit ihren Hochleistungsgewehren aus fahrenden Land Rover zielten.
Vielleicht hatte Frank sogar etwas gesagt, denn Henning hatte sich zu ihm umgedreht und gefragt: »Gefällt dir so was?«
Wie sich herausstellte, hatte Henning einen Cousin, der auf einem privaten Anwesen in Kenia als Wildhüter arbeitete, und er war ziemlich sicher, dass die dort immer jemanden brauchen konnten, der sich nicht scheute, draußen richtig mit anzupacken.
Frank wusste nicht mal, wo Kenia lag – aber am nächsten Tag führte er ein paar Ferngespräche und kündigte anschließend seinen Job. Er hatte nicht viel Geld, aber es reichte immerhin für die Fahrt nach Heathrow und ein einfaches Flugticket nach Mombasa, in der Economy Class bei Kenya Airways. Zwanzig war er damals.
Seit Clay Spurlings Tod hatte er darauf gewartet, ins Chefbüro bestellt zu werden.
»Bobby würde Sie gern sprechen, Mr.Walker«, sagte Janice, seine Sekretärin. Ihre Stimme zitterte leicht. Ihr war klar, dass er schon auf diesen Anruf gewartet hatte. »Mr.Walker …«
»Schon gut, Janice. Sagen Sie ihm, ich komme gleich.«
Als Frank im Fahrstuhl stand, auf dem Weg ins oberste Stockwerk, wunderte er sich eigentlich bloß, dass der Anruf nicht schon früher gekommen war. Worauf wartete Bobby? Wollte er seine Rache kalt genießen?
Er befühlte die glatte Kupferhülse der Winchester-Magnum-Patrone und dachte daran zurück, wie unkompliziert das Leben gewesen war, als er zwanzig war, bevor Clay Spurling ihn unter seine Fittiche genommen und ihn wie seinen Sohn behandelt hatte.
Wenn Clays eigener Sohn sich doch nur seines Namens als würdig erwiesen hätte.
»Hallo, Frank«, begrüßte ihn Bobby und lehnte sich zurück. Obwohl es noch früh am Morgen war, lag in seinen Augen schon das verräterische drogeninduzierte Funkeln. Walker wusste die Zeichen zu lesen. »Lange nicht gesehen. Wie geht’s denn so?«
»Den Umständen entsprechend, Bobby. Wie war Johannesburg?«
Bobby zuckte mit den Schultern. »Ich muss sagen, ich war nicht allzu begeistert, als ich dort hingeschickt wurde. Mein gesellschaftliches Leben war völlig im Arsch, das kann ich dir sagen. Aber weißt du was? Verglichen mit diesem Kaff war es immer noch wie New York City.«
»Das freut mich zu hören.«
»Ach ja, Frank? Freust du dich, mich schon so bald wiederzusehen?«
»Mein herzliches Beileid zu deinem Verlust«, sagte Walker in unverbindlichem Ton.
»Von allen Seiten bekomm ich das zu hören«, stellte Bobby fest. »Dabei glaube ich, wir sollten eher dankbar sein, dass der gute alte Junge es überhaupt noch so lange gemacht hat. Aber wir wollen uns nicht unnötig mit der Vergangenheit aufhalten, oder?«
»Nein, Bobby. Lieber nicht.«
Bobby stand auf und trat an das Sideboard in der Ecke. »Wie wär’s mit einem Whisky, Frank? Ich kann mich erinnern, dass du damals ganz gerne mal die harten Sachen getrunken hast.«
Walker stand mit den Händen auf dem Rücken steifbeinig im Raum und beobachtete, wie Bobby mit zitternden Händen einen fünfzehn Jahre alten Malt-Whisky aussuchte. Kaum zu glauben, dass der Junge erst dreiundzwanzig war. In den knapp zwei Jahren seines Exils hatte sein hedonistischer Lebensstil dem jungenhaften Gesicht die verhärmten Züge eines Mannes um die vierzig verliehen.
»Nein, danke. Ist noch ein bisschen früh für mich.«
Bobby zog eine Augenbraue hoch, während er sich selbst einen guten Schluck einschenkte. »Zu früh? Da hast du deine Einstellung aber ein bisschen geändert.«
»Das kommt, wenn man älter wird«, erwiderte Walker. »Da kann man nicht mehr so trinken wie in jungen Jahren.«
»Das ist ja deprimierend. Wenn das so ist, trinke ich jetzt darauf, dass ich niemals älter werde.« Bobby leerte sein Glas in einem Zug und goss sich sofort nach. Dann setzte er sich wieder hinter den Schreibtisch. »Tja, dann wären wir jetzt ja wieder vereint, das gute alte dynamische Duo. Wer hätte das gedacht, was, Frank? Bei Gott, wir haben damals wirklich tolle Zeiten erlebt, stimmt’s?«
»Wenn du meinst, Bobby.«
Bobby
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