Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
ihre Religion oder ihr Stammesglaube von ihnen verlangte. Dann wandten sie sich schnell wieder ihren Geschäften zu.
Und schon drehte die Welt sich weiter, während Jake in der Gosse saß, die Hände über und über verschmiert mit Jimmy Chens Blut.
52
D ie Türen des Polizeipräsidiums Mombasa flogen auf und mit theatralischem Schwung trat Oliver Mugo heraus, um die Treppen hinabzustolzieren. Unten erwartete ihn eine dichtgedrängte Menge aus Fotografen, Kameramännern und Reportern. Er trug seinen besten Hugo-Boss-Anzug und eine glänzende, gelbe Krawatte.
Hinter den breiten Schultern des Inspector scharwenzelte in diskretem Abstand Frederick Obbo einher, der die Objektive und Mikrofone mit kaum verhohlener Begeisterung beäugte – darauf hatte er es im Grunde abgesehen. Seine eigene Karriere als Reporter bei der Daily Nation hatte weniger als ein Jahr gedauert, bis er sich durch das wesentlich höhere Gehalt verführen ließ, das ihm eine führende PR-Agentur in Nairobi anbot. Doch er wusste immer noch, was diese Leute anzog. Und nichts brachte sie mehr in Wallung als ein berüchtigter Mörder, ein überlebensgroßer Detective und – mehr als alles andere – ein schneller Erfolg.
Der Bürgermeister würde begeistert sein. Das war genau die Art von Publicity, für die Obbo angeheuert worden war. In der schwierigen Anlaufphase brauchte eine neue Regierung positive Schlagzeilen, vor allem, wenn sie mit dem Versprechen angetreten war, die Erinnerungen an das vorangegangene korrupte Regime auszulöschen. Und es war nicht einfach gewesen. Der Bürgermeister hatte nämlich durchaus seine Zweifel gehabt, ob man Oliver Mugo ins Spiel bringen sollte, obwohl der Inspector sein Schwager war.
»Dieser Oliver ist ein Volltrottel«, hatte er Obbo anvertraut, als seine Frau gerade außer Hörweite war. »Sind Sie sicher, dass das eine kluge Entscheidung ist?«
Natürlich war das eine kluge Entscheidung, dachte Obbo, denn Mugo war einfach perfekt. Die Karriere des Inspector bestand aus einer ellenlangen Liste von Justizirrtümern, die mit zügelloser Selbstdarstellung übertüncht worden waren. Immer wieder hatte Mugo unter Beweis gestellt, dass es ihn absolut nicht interessierte, ob der richtige Mann ins Gefängnis kam, solange er nur das entfernteste Indiz hatte, das einen Verdächtigen mit einem Verbrechen in Verbindung bringen konnte. Ihn interessierte nur, dass die Zeitungen Mugo als den Mann kannten, der wieder einmal jemanden hinter Gitter gebracht hatte.
Als er die Liste der überführten Verbrecher aus Mugos Dienstzeit in Malindi überflogen hatte, hatte Obbo festgestellt, dass fast alle bettelarme, unbedeutende Existenzen waren oder ungebildete Menschen, die man einfach hereingelegt hatte und die sich keinen Anwalt leisten konnten. Mugos ganze Karriere war im Grunde genommen ein Skandal. Und hätte Obbo auch nur ein wenig Skrupel besessen, wäre dies die Geschichte gewesen, die er der Presse mitgeteilt hätte.
Doch Korruption war Schnee von gestern. Die Leute konnten das Wort schon nicht mehr hören. Sie wollten zur Abwechslung mal eine gute Nachricht präsentiert bekommen.
Und jetzt hatten sie eine. Der Widerstand von Elizabeth Simba und dem selbstgerechten Inspector Jouma war zu vernachlässigen. Mugo war auf die Ermittlungen angesetzt worden, und noch am selben Tag saß ein bösartiger Mörder hinter Gittern. Wie hätte es besser laufen können?
Und Mugo war gut, das musste Obbo zugeben. Er stand auf den Stufen vor dem alten Polizeipräsidium und verlas die Erklärung, die sie vorher gemeinsam ausgearbeitet hatten. Die Medien fraßen ihm quasi aus der Hand.
Obbo hätte sich vor Freude am liebsten die Hände gerieben – aber er wusste, wie ungebührlich so eine Geste bei einem Repräsentanten des Bürgermeisteramts ausgesehen hätte. Da begann plötzlich das Handy in der Innentasche seines Anzugs zu vibrieren. Verstohlen zog er es hervor und warf einen Blick auf die Nummer im Display. Es war der Bürgermeister, wie vermutet.
Als er einen Schritt beiseitetrat, um den Anruf anzunehmen, gestattete sich Frederick Obbo einen kleinen Ausdruck der Freude – eine diskret geballte Siegerfaust unter seinem Jackett, die nur ein Fotograf mit absoluten Adleraugen hätte ausmachen können.
»Guten Morgen, Sir«, sagte er ins Telefon. »Ja – das ist wirklich großartig, was?«
Jouma sah sich Mugos Triumph nicht im Fernsehen an. Als er das Polizeipräsidium verließ, wollte er direkt zum Mama Ngina Drive
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