Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
ab, ins bewaldete Hochland des Shimba-Hills-Naturschutzgebietes. Die Straße wurde immer schmaler und schlechter, bis sie nur noch als staubiger, roter Pfad am südlichen Rand des Reservats verlief. Abgesehen von den Wildhütern benutzte kaum jemand diese Strecke, die von den tiefen, bewaldeten Tälern der westlichen Gebirgsausläufer in die offene Grassavanne der Ebene führte.
»Ich gehe mal davon aus, dass Mr.Walker es nicht zurück nach Glasgow geschafft hat«, sagte Jouma.
Malachi schwieg und ließ erkennen, dass er nicht in der Stimmung für eine Unterhaltung war. Die beiden Passagiere des Jeeps begnügten sich also mit dieser Privatsafari und starrten fasziniert auf die wilden Tiere, die fast zum Greifen nah schienen. Jake verdiente seinen Lebensunterhalt auf dem Meer und schämte sich fast, dass er sich nie die Mühe gemacht hatte, einmal ins Binnenland zu fahren. In Dokumentarfilmen hatte er schon jede Menge Geparden, Löwen und Leoparden gesehen, aber in freier Wildbahn noch nie. In der stetig zunehmenden Hitze des Nachmittags lagen die prächtigen Raubtiere schläfrig im Schatten der Wundersträucher und der Akazien mit ihren flachen breiten Baumkronen. Der vorbeiratternde Jeep hätte ihnen kaum gleichgültiger sein können.
Auf Jouma, der am Fuß des Mount Kenya aufgewachsen war, wirkte diese Landschaft wesentlich vertrauter. Doch es war schon lange her, dass er anderes zu sehen bekommen hatte als den Beton und Stahl der Stadt und etwas anderes gerochen hatte als Benzindämpfe und Fäulnis.
Ihr Ziel war ein Lager im Windschatten eines niedrigen Hügels, der sich leicht über die Ebene erhob. Es bestand aus mehreren Zelten, die sich um eine kreisförmige, mit Steinen eingefasste Feuerstelle gruppierten, sowie aus einem Campingtisch unter einem Sonnenschutz aus Stroh. Als Malachi den Motor abstellte, tauschten Jake und Jouma einen Blick – hier waren sie wirklich mitten im absoluten Niemandsland. Fünfzehn Kilometer weiter östlich erhoben sich die Shimba Hills, aber in den anderen Richtungen erstreckte sich das Flachland bis zum Horizont.
Jake sah sich um. »Wo ist Walker?«, fragte er.
70
A m Morgen war noch eine kühle Brise über die Ebene hinweggestrichen. Doch mittlerweile lastete nur noch dicke, einschläfernde Hitze auf dem Land.
Es war die Stunde des Jägers.
Dort. Im Schatten eines Wunderstrauches erstarrte ein Riedbock in der Bewegung und hob den Kopf, wobei er die Ohren aufstellte wie Antennen. In dreihundert Meter Entfernung blickte Frank Walker durch das Zielfernrohr seines Interceptor-Jagdgewehrs, und für einen Moment sah er das Tier wie auf einer Fotografie. Er legte eine .300-Winchester-Magnum-Patrone ein und entsicherte das Gewehr.
Jetzt schön vorsichtig …
Die riesigen, glänzenden Augen des Riedbocks blickten ihn nun direkt an, doch Walker wusste, das Tier konnte ihn nicht sehen. Malachi hatte ihn gut unterwiesen. Gegen den Wind stellen. Mit der Umgebung verschmelzen. Er drückte den Gewehrkolben fest gegen die Schultern und legte den Finger auf den Abzug.
Jetzt schön vorsichtig …
Bevor Walker im Alter von zwanzig Jahren auf der Spurling-Ranch ankam, mit nichts weiter als den Kleidern, die er am Leib trug, und der Bereitschaft, hart zu arbeiten, war er nie über Nordeuropa hinausgekommen. Nachdem er ein Jahr lang Zaunpfähle in den Boden gehämmert hatte, wurde er zum Wildhüter befördert und lernte sein Handwerk von Malachi. Innerhalb von nur fünf Jahren war er zum Stellvertreter des alten Massai aufgestiegen. Sein Leben hätte gar nicht besser sein können. Wenn er nie etwas anderes getan hätte, als in der Weite des Reservats zu leben und zu arbeiten, wäre Frank als glücklicher Mann gestorben. Doch Clay Spurling hatte andere Pläne mit ihm gehabt.
Warum der alte Mann ausgerechnet auf ihn verfallen war, hatte Frank nie ganz begriffen. Es gab schließlich noch andere, besser qualifizierte Wildhüter, die schon lange für Spurling arbeiteten und eine Beförderung eher verdient hätten als er. Vielleicht war es, weil der junge Bobby sich so mit ihm angefreundet hatte. Na, wenn das mal keine Ironie des Schicksals war. Der Junge, der ihn so vergötterte, wie Frank einst jeden Sonntagnachmittag seine Helden im Celtic-Park-Stadion bewundert hatte, hatte nun seine Hinrichtung angeordnet.
Bleib schön stehen …
Die ideale Stelle, um ein Tier von der Größe eines Riedbocks zu töten, ist eine nicht ganz handtellergroße Fläche hinter den Schultern. Aus
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