Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
Mombasa, auf dem Highway zur Grenze von Tansania, war dem Fahrer eines Tiefkühl-Lastzugs mit fünfzehntausend gefrorenen Hühnerleichen ganz entgangen, dass er mit hundertdreißig Sachen auf einen Bremsbuckel zuhielt, den man hier eingebaut hatte, als die Straße vor ein paar Jahren eine teure neue Asphaltdecke bekam. Die Wucht des Schlages zerschmetterte die Vorderachse des Fahrzeugs, woraufhin die Türen des Laderaums aufsprangen und die gefrorenen Hühnchen über die ganze Fahrbahn schossen, während der Truck auf die Gegenfahrbahn schleuderte. Obwohl die Anwohner und zufällig vorbeikommende Autofahrer alles taten, um so viele Hühner wie möglich zusammenzuraffen, waren es derart viele Vögel, dass man Stunden brauchen sollte, um sie alle einzusammeln. Währenddessen war die Straße komplett gesperrt und sollte es für den Rest des Tages auch bleiben.
Während der Land Rover im Stau Richtung Süden vor sich hin brutzelte, überlegte Jake kurz, ob es jemals Hoffnung geben konnte für ein Land, das eine Durchfahrtsstraße von dieser Breite zur Hauptverkehrsader zwischen ihren größten Städten erklärte. In England hätte so etwas maximal den Status einer zweitklassigen Landstraße gehabt. Doch während der Fahrer, der in der Schlange vor ihm stand, in aller Seelenruhe die rasch tauenden Hühner in seinen Kofferraum schaufelte, war Jake mit seinen Gedanken in Wirklichkeit ganz woanders.
Als Jouma ihn fragte: »Haben Sie sich auch schon gefragt, ob das vielleicht eine Falle sein könnte?«, merkte er, dass sie denselben Gedanken gehabt hatten.
»Warum sollte es eine Falle sein? Was hätte ich getan, um Walker gegen mich aufzubringen?«
Jouma brachte den Namen von Alex Hopper ins Spiel. »Wenn tatsächlich die Firma hinter dem Mord an Gangra steht, könnte man Sie sehr wohl als Bedrohung empfinden.«
»Das heißt, Sie gehen davon aus, dass Walker über diese Verschwörung Bescheid wusste.«
»Und Sie gehen davon aus, dass er nichts wusste.«
»Aber warum ist er dann tot? Und warum hat er Sie sprechen wollen?«
Ein lächelndes Gesicht erschien neben seinem Fenster. Es gehörte zu einem gutgekleideten Schwarzen mit Anzug und Krawatte. »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte der Mann. »Mein Name ist Mr.Moses Saba. Ich bin der Fahrer des Wagens hinter Ihnen. Darf ich Ihnen meine Visitenkarte überreichen?«
Jake blickte auf die Karte. In aufgeprägten Buchstaben stand dort: »MR. M. SABA – UNTERNEHMER«. Im Rückspiegel sah er eine verrostete, kackbraune Ente.
»Was wollen Sie?«
»Ich kann nicht umhin zu bemerken, dass mehrere Hühner unter Ihrem Auto liegen, die offenbar niemand für sich einfordert«, erklärte Saba. »Da habe ich mich gefragt, ob Sie wohl Anspruch auf sie erheben werden.«
»Ich hatte nie die Absicht.«
»Dann frage ich mich, ob Sie wohl Einwände erheben würden, wenn ich sie mir nehme?«
Jake blickte in ein Paar erwartungsvolle Augen. »Aber bitte doch, Mr.Saba«, entgegnete er. »Wir sind unterwegs zu einem Termin und haben es eilig.«
Dann ließ er den Motor an und lenkte den Land Rover unter wütendem Gehupe auf den Seitenstreifen, um in südlicher Richtung weiterzufahren. Es gab nur eine Art, wie sie die Antwort auf die Fragen finden konnten, über die sie sich beide den Kopf zerbrachen.
68
B ruder Willem von der Redeemed Apostolic Gospel Church traf in Begleitung von Schwester Constance und Schwester Florence in der Leichenhalle des Krankenhauses von Mombasa ein. Als man den Vorhang zurückzog, um die Leiche von Schwester Gudrun zu präsentieren, schnappten die beiden Nonnen nach Luft, doch Willem hielt sich an den Armen der Frauen fest, als würde er gleich umfallen. Er hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der strengen Person, die Mwangi bei seinem ersten Besuch in der Mission von Jalawi kennengelernt hatte. Er wirkte völlig zerschmettert, als hätte sich für ihn mit der Bestätigung von Schwester Gudruns Tod eine unterdrückte schreckliche Angst bewahrheitet.
Mwangi hatte seine Worte hundertmal geprobt, so dass er ganz sicher sein konnte, seine beschwerliche Pflicht perfekt erfüllen zu können.
»Darf ich Ihnen und Ihrer Kirche im Namen der Kriminalpolizei mein tiefempfundenes Beileid aussprechen?«
»Wer tut denn so etwas?«, flüsterte Willem.
Eine halbe Stunde später saß Mwangi in der Krankenhauskantine, wo er auf Christies schriftlichen Autopsiebericht wartete. Da sah er plötzlich Schwester Constance und Schwester Florence nervös um die Ecke spähen. Er winkte
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