Die Spur der Kinder
eingehalten hatte.
Fassungslos starrte Fiona ihn an, da hörte sie auch schon das Knattern von Rolfs Motorrad. Hinter ihm saß eine schlanke Frau.
Adrian lachte kopfschüttelnd in sich hinein. »Na sieh mal einer an, scheint wohl doch was Ernsteres zu sein mit dieser Assistentin.«
Rolf stieg vom Motorrad, nahm seinen Helm ab und winkte ihnen vom Kai aus zu.
Irgendwie hatte ich diese Melissa wesentlich kleiner in Erinnerung, dachte Fiona.
Rolfs Begleitung nahm ihren Helm ab. Rote Haare fielen ihr auf die Schultern.
»Das ist ja Theresa «, stellte Fiona verblüfft fest.
Adrian nahm seine Mütze ab, wischte sich die Stirn und verzog das Gesicht. »Was?«
»Hast du davon gewusst?«, fragte Fiona leicht amüsiert, während Rolf und Theresa fest umschlungen wie frisch verliebte Teenager über den Steg auf sie zugelaufen kamen. Adrian hatte es die Sprache verschlagen.
»Na, das nenne ich aber eine Überraschung!«, begrüßte Fiona die beiden.
»Tja, so schnell kann’s gehen«, grinste Rolf und schlug Adrian wie immer mit einem leichten Fausthiebneckisch gegen die Schulter. »Deine Jubiläumsparty war eben ein voller Erfolg.«
Adrian rang sich ein Lächeln ab.
»Dann kann der Spaß ja losgehen«, meinte Theresa und zwinkerte Adrian zu, der zur Begrüßung nur ein Kopfnicken andeutete.
Fiona merkte ihm an, dass er sich plötzlich unwohl fühlte. Und noch als sie die Leinen losmachte, sah sie die Unentschlossenheit, mit der er zum Ufer schaute, als ob er es sich noch einmal anders überlegen wollte. Und als hätte sie es geahnt, griff Adrian plötzlich nach der Leine und wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, als Rolf auflachte und ihm abermals auf die Schulter schlug.
»Mensch, Adrian, was ist denn los mit dir? Du machst ja ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter«, meinte er scherzhaft.
Adrian ließ das Seil fallen und lächelte ihn steif an. »Ich hol uns dann erst mal was Ordentliches zu trinken.«
***
(Im Berliner Polizeipräsidium)
Ein leises Schmatzen durchdrang die schwüle Mittagshitze, die in den Räumen des Präsidiums stand. Frauke Behrendt stocherte neben einem StapelAkten lustlos in ihrem Thunfischsalat, während Piet Karstens sich im Stuhl zurücklehnte, die Füße auf seinem Schreibtisch überkreuzte und mit großen Bissen ein Stück seiner extrascharfen Pizza Diavolo verschlang. Es waren jene Minuten des Tages, in denen die Pinnwand mit den Fotos der entführten Kinder und die Deutschlandkarte mit den rot eingezeichneten Markierungen kurzzeitig zur Nebensache wurden. Jene Minuten, in denen Dezernatsleiter Bernd Schelling aus seinem Büro in eines der umliegenden Restaurants entschwand und Piet Karstens und Frauke Behrendt seine Blicke einmal nicht im Rücken spürten.
»Machst du jetzt Diät?«, fragte Karstens schmatzend und beäugte Behrendts Salat, während seine Pizza Käsefäden zog.
»Was willst du damit sagen? Dass ich eine machen sollte?«
»Nein, nein, war ja nur ’ne Frage«, gab er achselzuckend zurück und lachte. »Dass sich Frauen bei dem Thema immer gleich angegriffen fühlen müssen.«
Behrendt stach ihre Gabel wütend in die Salatschale.
»Tu ich doch gar nicht«, sagte sie schroff, als Kumiko Kobayashi, eine pummelige Asiatin, die von allen nur Kikki genannt wurde und ein Faible für Schlaghosen und asymmetrische Frisuren hatte, miteinem Zettel in der Hand durch den Flur gesprintet kam.
»Gerade sind zwei Anrufe bei der Notrufzentrale eingegangen!«
»Und weiter?«, seufzte Karstens, während er sich ein weiteres Stück Pizza griff.
»Das könnte was sein«, meinte Kikki energisch. »Der erste Anruf kam von einer gewissen Cornelia Bachmann. Sie sagt, ein Kind sei beim Geburtstag ihres Sohns im Berliner Zoo verschwunden.«
Karstens und Behrendt sahen einander an.
»Aber jetzt haltet euch fest«, fuhr Kikki fort. »Der zweite Anruf kam von einer gewissen Maria García, sie ist die Mutter des verschwundenen Mädchens«, Kikki sah von ihrem Zettel auf, »ihr wurde soeben von einem Fahrradkurier ein Päckchen mit einer weißen Lilie zugestellt.«
Karstens’ und Behrendts Blicke kreuzten sich erneut.
»Wir fahren direkt zu García!«, entschied Karstens und biss ein letztes Mal in seine Pizza. »Sag du den Kollegen von der Spurensicherung und dem SEK Bescheid – und wenn’s sein muss, sollen die den ganzen verdammten Zoo auf den Kopf stellen!«, wies er Kikki mit vollem Mund an. »Und überprüf bitte sämtliche Fahrradkuriere der Stadt, ob irgendwo ein Auftrag
Weitere Kostenlose Bücher