Die Spur der Kinder
sinken.
Fiona verzog keine Miene.
»Dann leck mich doch, Fiona!« Wütend packte Jens Zach den Umschlag wieder ein und stürmte an Fiona vorbei die Treppen hinunter.
Erleichtertschloss Fiona die Wohnungstür auf, aber Zach stoppte auf dem Treppenabsatz noch einmal. »Wirklich zu dumm von dir, Fiona … War mir ziemlich sicher, dass dich das, was ich hier dabeihabe, brennend interessieren würde …«
»Spar dir deine Spielchen!«, rief Fiona ihm hinterher und warf die Tür hinter sich zu.
***
II.TEIL
Montag,22. Juni
(Am Morgen in Berlin)
»Mann, wie lange wollen die uns denn noch ausfragen?«, murrte Sascha Funk, der mit Renate Pohl die im Sandkasten verstreuten Schaufeln und Förmchen einsammelte und dabei unschlüssig zu Ulrike Schneider hinübersah. Umgeben von einer Horde Mütter, lehnte die Kita-Leiterin an dem knallblauen Spiele-Container und stand Hauptkommissar Karstens und seiner Kollegin Behrendt Rede und Antwort.
»Das geht schon seit gestern so. Wenn du öfter mal bei der Arbeit aufkreuzen würdest, wüsstest du das«, sagte Pohl barsch, schob ihre Nickelbrille mit dem Zeigefinger hoch und deutete mit einer Plastikschaufel zu der Parkbank, auf der ein Polizist in Zivil mit einer Zeitung saß. »Immerhin haben die uns jetzt den da drüben abgestellt.«
Funk schüttelte den Kopf. »Anweisung von oben«, ahmte er die Kripo-Beamtin nach.
»Wasstört dich denn an dem?«, fragte Pohl und rang einen Moment lang mit sich. »Immerhin ist Luna nun schon das zweite verschwundene Kind in unserer Kita …«, meinte sie dann.
Funk verdrehte die Augen und stieß einen Seufzer aus. »Ach was, Mann! Die Kinder waren hier doch bloß angemeldet, entführt worden sind die ganz woanders«, erwiderte er und sah Renate Pohl plötzlich skeptisch an. »Glaubst du etwa auch, ich hätte was damit zu tun, oder was?«
Schockiert kreuzte Pohl die Hände vor der Brust. »Ich? Wieso? Und wie kommst du überhaupt darauf, dass man dich verdächtigen könnte?«
»Klingst schon wie die Bullentussi da«, knurrte Funk mit einem Seitenblick zu Frauke Behrendt.
Der Polizist in Zivil senkte die Zeitung.
»Nicht so laut …«, flüsterte Pohl. »Sascha, wenn du irgendwas über die Sache weißt, ganz egal was, dann musst du es sagen, hörst du?«
Funk zuckte mit den Achseln. »Ich weiß nix. Aber mir glaubt ja sowieso keiner. Sogar die alte Schneider hat mich längst auf dem Kieker …«
Schweigend sah Pohl zu Ulrike Schneider hinüber. Die Kita-Leiterin war nach dem Tod ihres Mannes beinahe über Nacht ergraut und sah jetzt noch durchnächtigter als sonst aus.
»Weißt du was?«, sagte Pohl und blickte Funk über den Rand ihrer bunten Brille an. »Wir könnenfroh sein, wenn die Schneider hier nicht bald dichtmachen muss …«
Funk beobachtete, wie Kommissar Karstens und seine Kollegin zurück in den dunkelblauen Passat stiegen, den sie unmittelbar vor dem Spielplatz geparkt hatten.
»Diese Bullen sollten lieber mal diesen Brommer befragen … Dann würde der vielleicht nicht mehr so oft hier rumsitzen und die Kinder anglotzen«, meinte Funk und fragte beiläufig: »Wo ist der heute eigentlich? Ich dachte, der sei auf der Bank da hinten festgewachsen …«
Ebenfalls ratlos blickte Pohl zu der leeren Parkbank auf der anderen Seite des Spielplatzes. »Soweit ich weiß, ist der vor einigen Tagen zur Beerdigung seiner Frau gefahren – zumindest hat er das gesagt.«
Funk verzog das Gesicht. »Was? Du hast echt mit dem geredet? Ich dachte, du kannst den nicht leiden.«
Renate Pohl zuckte die Achseln. »Hat sich neulich halt so ergeben. »Als ich ihn dabei erwischt habe, wie er den Kindern wieder mal Bonbons zugesteckt hat.«
»Aha«, meinte Funk sichtlich verblüfft. »Wusste gar nicht, dass der verheiratet war.«
Ungläubig schüttelte Funk den Kopf und richtete seinen Blick wieder auf die Kinder, die selbstvergessen an einer Sandburg bauten.
Pohl erhob sich und kehrte ihm mit den Worten »Ichwerd mal nach der Schneider schauen, bevor diese Mütter ihr noch mehr Löcher in den Bauch fragen« den Rücken zu.
»Mach das«, seufzte Funk, als er bemerkte, dass die beiden Jungen vor ihm zu tuscheln begonnen hatten.
Offenbar hatte einer der Knirpse etwas aus dem Sand ausgegraben, das ihre Aufmerksamkeit fesselte.
Mit einem Satz sprang Funk in den Sandkasten. »Was hast du denn da? Los, zeig das mal her!«
Der Kleine hielt seine Hände hinter dem Rücken versteckt und warf störrisch den Kopf von links nach rechts.
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