Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
aufbrausenden Kumpels neben mir mehr als bewusst. Hinten in Del Rios Hosenbund steckte eine geladene Waffe. Er würde nicht schneller schießen können als Monty, was aber nicht hieß, dass er es nicht versuchen würde. Schweiß bildete sich auf meiner Oberlippe.
»Was wollen Sie?«, fragte Monty mit hoher, fast jungenhafter Stimme.
»Ich bin Jack Morgan von Private Investigations. Shelby Cushmans Ehemann ist mein Kunde«, sagte ich. »Von Ihnen wollen wir eigentlich gar nichts. Ich möchte nur wissen, wer es auf Shelby abgesehen hatte.«
»Ich habe von Ihnen gehört, Mr. Morgan. Ich kenne keine Cushmans.«
»Wenn der Mord an Shelby eine persönliche Sache war und eine Botschaft für unseren Kunden sein sollte, möchten wir das gerne klären«, fuhr ich einfach fort.
Montys dünne Lippen bewegten sich kaum, als er sprach. »Ich wiederhole, ich kenne keine Cushmans. Und selbst wenn ich gewusst haben sollte, dass Shelby jeden Nachmittag um vier ein Nickerchen hält, macht’s das immer noch nicht zu ’ner persönlichen Sache, und Botschaften schick ich auch keine. So, jetzt fahren Sie langsam aus der Einfahrt, damit die Pferde nicht scheu werden.«
»Danke, Monty, Sie sind ein echter Profi«, sagte ich. Del Rio und ich gingen zum Wagen und stiegen ein. Langsam fuhr ich rückwärts aus der Einfahrt, bevor ich das Gaspedal durchdrückte und den Staub hinter uns aufwirbeln ließ.
8 1
Ich hatte noch lange an dem Schulmädchenfall gearbeitet– für die Mädchen, für Justine, ein bisschen von beidem, bis ich endlich eingeschlafen war. Das vibrierende Telefon riss mich aus meinem Traum. Mein Herz pochte so heftig, dass ich schon befürchtete, eine Klappe würde herausspringen. Ich griff zum Telefon, gab dem Anrufer aber keine Chance, sich zu melden. »Noch nicht!«, rief ich und knallte es auf den Nachttisch zurück.
Dieses Schwein. Ich war so nah dran gewesen. Fast hätte ich die Lücke geschlossen, die ich in der Geschichte mit Afghanistan und dem explodierenden Hubschrauber noch füllen musste.
Ich ließ mich zurück aufs Kissen fallen. Der Traum tobte noch in meinem Kopf, spulte sich wie ein Film auf der nackten Zimmerdecke ab. Er passte zu dem, woran ich mich an jenem Tag erinnerte. Ich stand an der Laderampe des CH -46. Die Kaliber-50-Artilleriegeschosse explodierten, während der Hubschrauber brannte. Männer schrien.
Danny Young lag im Dunkeln auf dem Rücken. Sein Overall war fast völlig blutdurchtränkt. Ich konnte nicht sehen, wo er verletzt war. Ich rief seinen Namen. Dann war alles zu Ende. Ich hörte ein Rauschen, und mein Blick verschwamm.
Ich konnte nichts mehr sehen. Mir war nicht klar, was gerade passiert war, obwohl mir nur ein paar Sekunden fehlten.
Dann ging es weiter.
Im Leben wie im Traum zog ich Danny aus dem Hubschrauber, hob ihn auf meine Schultern, rannte über das brennende Schlachtfeld und legte ihn behutsam auf den Boden. Und dann… ja, was dann?
Ich lag auf dem Rücken, Danny leblos ein Stück von mir entfernt. Ich war gestorben und wieder ins Leben zurückgekehrt. Mit Del Rios Hilfe.
Ich legte ein Kissen über mein Gesicht. Weitere Bilder von Danny tauchten vor meinem geistigen Auge auf, während ich in meinem weichen Bett lag.
Danny war in einer kleinen Stadt in Texas als Sohn einer Familie geboren, deren Männer seit Generationen Milchbauern waren. Er hatte sich zum Militärdienst gemeldet, weil er es als seine Pflicht angesehen hatte. Aber auch, weil er vor dem Bauernhof fliehen wollte. Ich hatte dasselbe getan– um von meinem Vater frei zu kommen.
Dieser Junge hatte etwas so Offenes und war so voller Begeisterung, dass ich ihn einfach gernhaben musste. Er war nicht hinterlistig. Und weil er so unschuldig war, achtete er auf Worte und Gefühle.
Ich hatte nur ein halbes Jahr Seite an Seite mit ihm gekämpft, bevor er starb, doch in diesem halben Jahr war er neben Del Rio der Einzige in meiner Staffel gewesen, mit dem ich hatte reden können. Der Einzige, der mich nicht als Privilegierten sah, sondern mich einfach so sein ließ, wie ich war.
Ich spulte den Film in meinem Kopf weiter. Ich lernte Dannys Frau, Sheila, kennen, als ich zurück in die Staaten kam. Sie hatte rötlich-blondes Haar und graue Augen. Ich erinnerte mich, dass wir bei ihr zu Hause in einem kleinen, dunklen Wohnzimmer saßen. Über dem Spiegel hing ein schwarzes Tuch. Die billigen Möbel waren unbequem und sahen unbenutzt aus.
Ich erzählte Sheila, ich sei bei Danny gewesen, als er starb. Und er
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