Die Spur der Woelfin
sah sie zu
Daniel, der schief grinste.
»Schon mal einen tätowierten Wolf gesehen?«, fragte er trocken zurück,
und widerwillig musste Laura lachen, während irgendwo laut eine Tür
zugeschlagen wurde.
Als Laura nur wenige Minuten später allein vor der Tür zur Bibliothek
stand, dem Ort, an dem Patrick für gewöhnlich anzutreffen war, wie Daniel ihr
erklärte, be-schlich sie ein etwas mulmiges Gefühl. Sie ahnte, warum er sie
sprechen wollte.
Seit sie aufgewacht war, hatte sie es konsequent vermieden, an die Geschehnisse
des vergangenen Abends zu denken. Sicher, ganz verdrängen konnte man sie nicht,
immerhin waren sie der Grund, aus dem sie überhaupt hier war. Aber sie hatte
sie zumindest so weit ausgeklammert, dass sie nicht mehr die Bilder der Toten
vor Augen gehabt hatte. Zumindest bis sie vor der Tür stand.
Als durch das Holz der Tür erstickt ein »Komm rein« drang, lief Laura
rot an, gab sich aber endlich einen Ruck und öffnete die Tür. Sie hatte nicht
mal Zeit gehabt anzuklopfen. Ohne bewusst auf sich aufmerksam gemacht zu haben,
hatte Patrick sie bemerkt.
Es war ein schöner Raum, für den der Begriff Bibliothek vollkommen
zutreffend war. Deckenhohe Regale aus dunklem Holz waren an zwei Seiten des
Raumes angebracht worden und stellten eine Unmenge an Büchern zur Schau. Es
hätte in Verbindung mit dem schweren Schreibtisch an der Kopfseite des Raumes
drückend wirken können, doch das Weiß der Wände lockerte alles auf, ebenso wie
die große Fensterfront, die einen Blick auf die eher ungebremst wuchernde Natur
auf der Rückseite des Hauses gab.
Patrick saß hinter dem Schreibtisch und sah konzentriert auf den Monitor
seines PC. Unschlüssig blieb Laura an der Tür stehen. Sie wollte ihn nicht
stören. Und auch wenn er sie gerade selbst noch hereingebeten hatte, hatte sie
das Gefühl, ihn von etwas abzuhalten. Doch dann sah er auf und winkte sie zu
sich heran.
»Woher hast du gewusst, dass ich vor der Tür stehe?«, platzte sie
verlegen heraus, als sie in dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz nahm.
Er lächelte, und Laura spürte, wie ihr Magen zu flattern begann. Auch
nach den Geschehnissen des vergangenen Abends besaß er noch immer eine
anziehende Wirkung auf sie. Obwohl sie wusste, was er war. »Ich konnte dich
hören und riechen«, erklärte er ihr in gelassenem Ton, und Laura schluckte.
Riechen?
Er musste ihr die Verwirrung angesehen haben, denn sein Lächeln
vertiefte sich. »Mein Geruchssinn ist um einiges ausgeprägter als der eines
Menschen. Womit ich auch schon bei einem der Gründe wäre, aus denen ich dich
sprechen wollte.« Abwartend sah sie ihn an und erkannte, dass er plötzlich
selbst ein wenig verlegen wirkte.
»Ich wollte dich bitten, keine parfümierten Kosmetika et cetera zu
benutzen.« Im ersten Moment sah sie ihn verdattert an. Doch dann begriff sie.
Wenn jemand riechen konnte, dass sie vor der Tür stand, dann musste er Parfums
und alles Weitere um einiges intensiver wahrnehmen
als sie. Duschgel, Shampoo, Creme ... für gewöhnlich war alles
parfümiert - und das nicht einheitlich.
»Dann muss ich einkaufen gehen. Ich glaube nicht, dass auch nur ein Teil
meiner Kosmetika nicht parfümiert ist.«
Er nickte zögernd. »Das wäre das nächste Problem: Ich möchte nicht, dass
du das Grundstück verlässt. Wir haben Daves Fährte verloren, und ich will
nicht, dass du ihm per Zufall in die Arme läufst. Auch nicht, wenn du in
Begleitung von einem von uns bist.«
Sie runzelte die Stirn. »Und wie soll ich dann deiner ersten Bitte
nachkommen?« Ja, er war wirklich verlegen, zumindest ließ er sie das glauben,
als er sich mit einer Hand durch die dunklen Haare fuhr. Eine kleine Geste der
Schwäche, etwas, das ihn unbewusst menschlicher werden ließ.
»Hättest du etwas dagegen, wenn einer von uns das erledigen würde? Du
schreibst auf, was du brauchst, und einer von uns geht einkaufen.« Im ersten
Moment wollte sie widersprechen, doch als sein Gesichtsausdruck plötzlich jene
unnachgiebigen Züge annahm, die sie auch schon gestern an ihm hatte bewundern
können, gab sie nach.
»Für Lebensmittel und so weiter gilt das Gleiche. Wenn du etwas
Bestimmtes haben willst, schreib es auf.« Lange sah sie ihn daraufhin einfach
nur stumm an. Plötzlich fühlte sie sich wie eine Gefangene. Wie war das? Sie
sollte das Grundstück nicht mehr verlassen?
»Ich habe eine Semesterarbeit zu schreiben«, erklärte sie nach einer
Weile kühl. »Dafür werde ich zur Uni müssen.« Sofort
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