Die Spur der Woelfin
vollendete
Tatsachen stellt? Du musst dich ja köstlich amüsiert haben.«
»Das habe ich nicht. Ich habe geschwiegen, weil es Patricks Vorrecht
ist, dir seine Pläne zu erklären«, entgegnete er gelassen, aber auch ihm war
die Gereiztheit anzumerken.
Laura hatte das Gefühl, gleich in die Luft gehen zu müssen. Nur langsam
begriff sie, dass er sich wahrscheinlich wirklich nichts dabei gedacht hatte.
Für ihn musste ein solches Verhalten vollkommen normal sein. Patrick war sein
Anführer, stand in der Hierarchie ganz oben, und wenn sie doch nichts mit
diesem Strukturprinzip anfangen konnte, würde sie wohl dennoch akzeptieren
müssen, dass es so war. Allerdings nur so lange, wie sie hier sein würde, das
schwor sie sich.
»Okay«, meinte sie nach einer Weile leise. »Entschuldige, ich hätte
meine Wut nicht an dir auslassen dürfen. Aber du musst verstehen, dass ich es
nun mal nicht so einfach hinnehme, wenn Entscheidungen, die mich betreffen,
einfach über meinen Kopf hinweg getroffen werden.«
Ihre Worte schienen die richtigen
gewesen zu sein. Daniel beruhigte sich merklich, fand sogar wieder
zu seinem Grinsen zurück, und Laura spürte Erleichterung darüber, dass er
offensichtlich nicht nachtragend war. Sie hatte das Gefühl, dass sie einen
Freund wie Daniel, vielleicht sogar einen Verbündeten, hier würde gut
gebrauchen können.
»Pat ist es nicht gewöhnt, dass man seine Entscheidungen infrage
stellt. Vielleicht haben wir ihn da etwas zu sehr verwöhnt«, bekannte er
mit einem nur teilweise reuigen Achselzucken. »Aber für gewöhnlich weiß er, was
er tut. Und wenn er eine Entscheidung über deinen Kopf hinweg trifft, will er
dich damit nicht verletzen. Er will nur sicherstellen, dass keinem von uns
etwas passiert.«
Sie lächelte schief. »Wenn er sagt >Spring!<, fragt ihr nur
> Wie hoch?<«, übersetzte sie, und er hob gelassen eine Schulter.
»Ich kann mich an keinen Moment erinnern, in
dem es bisher nicht funktioniert hätte. Vielleicht ist er dadurch ein
wenig engstirnig geworden, aber er macht das auch schon lang genug, und
bisher hat ihm der Erfolg immer Recht gegeben.«
Fragend sah sie ihn an. Über welchen Zeitraum redete er? Patrick konnte
nicht älter als Mitte dreißig sein. »Wie lang macht er das denn schon?«
Daniel schien zu überlegen. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf.
»Vielleicht siebzig Jahre? Ich habe damals noch nicht gelebt, aber er ist jetzt
dreiundneunzig und ...«
Laura hörte ihn nicht mehr. Schneeweiß im Gesicht stand sie vor ihm, und
Daniel brach mitten im Satz ab, als er ihren Blick bemerkte. Ganz langsam
weiteten sich seine Augen, und ehrliche Überraschung zog über sein Gesicht.
»Das hat er dir nicht gesagt?«
Stumm schüttelte sie den Kopf, und er fluchte leise. »Jetzt ist es wohl
zu spät, um das Gesagte rückgängig zu machen.« Es war nur eine halbe Frage,
dennoch nickte
Laura zur Antwort und hörte ihn seufzen. »Keine Ahnung, warum er dir das
nicht gesagt hat.« Erneut fluchte er, entrang sich dann aber ein gequältes
Lächeln. »Er wird mir vermutlich den Kopf abreißen. Aber er hätte es mir ja
auch vorher sagen können. Laura, es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht
erschrecken.« Seine Entschuldigung klang aufrichtig. Er hatte sie damit nicht
aus der Fassung bringen wollen, und sie mühte sich nun, ihren Schock
herunterzuspielen.
Dreiundneunzig. Patrick Tremaine war dreiundneunzig, sah aber nicht
älter aus als Mitte dreißig. Wie lange lebte ein Werwolf? Und starben sie
überhaupt?
»Gib mir eine Stunde, um das zu verdauen. So lange werde ich ungefähr
brauchen, um einen Einkaufszettel zu schreiben, den ich dir dann zur Strafe
aufs Auge drücken werde.«
Er ging darauf ein. Gespielt gequält verdrehte er die Augen, grinste
dann aber. »Strafe muss sein?«
Und sie nickte langsam.
Laura hat ihr Bestes getan, um Patrick auf der Fahrt zum Polizeirevier
zu ignorieren. Ganz war ihr das nicht gelungen, aber Patricks Miene nach zu
urteilen, als er nun im Verhörzimmer an ihrer Seite saß, hatte sie ihm dadurch
deutlich zu verstehen gegeben, dass sie noch immer wütend war.
Daniel hatte Patrick erzählt, was ihm herausgerutscht war. Auf der Fahrt
hatte er versucht, mit ihr darüber zu reden, es aber aufgegeben, als sie
lediglich stumm aus dem Fenster gestarrt hatte. In der Scheibe hatte sie
gesehen, wie er fest das Lenkrad dabei umklammert hatte, und freute sich nun im
Nachhinein darüber, dass sie ihn geärgert hatte. Vermutlich war es kindisch,
was
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