Die Spur der Woelfin
sie
den Kopf gesenkt und betete darum, die Tränen aufhalten zu können, die in ihr
aufstiegen. Alles in ihr weigerte sich zu akzeptieren, was Patrick soeben
beschlossen hatte. Sie wollte nicht zurück. Sie hatte mit diesem Kapitel ihres
Lebens abgeschlossen zu haben geglaubt. Nie wieder wollte sie diesen Teil ihres
Lebens neu durchleben müssen. Doch so, wie es aussah, würde Patrick ihr keine
andere Wahl lassen. Er schien durchaus entschlossen, sie zurück zu ihren Eltern
zu schicken. Und auch wenn er nicht wissen
konnte, warum sie nicht nach Deutschland wollte, wallte kurzzeitig Wut
in ihr über seine eigenständige Entscheidung auf. Er hatte einfach nicht das
Recht dazu, sie zu zwingen, von hier fortzugehen.
Erst als sich eine Hand auf ihre Schulter legte, sah sie auf. Sie waren
ganz allein, selbst Vince war gegangen, doch noch immer brachte sie keinen Ton
hervor. Und obwohl sie wusste, dass er es nicht verdient hatte, stieg Wut in
ihr auf. Er konnte es nicht wissen, sie hatte ihm nichts erzählt. Aber in
diesem Moment hasste sie ihn dafür, dass er ihr das antun wollte.
»Jeder Mensch würde sich freuen, wenn er nach einem Jahr seine Eltern
wiedersehen könnte«, meinte er leise, und verärgert stieß sie seine Hand fort.
»Ich bin aber nicht jeder Mensch«, giftete sie, biss sich aber schon im
selben Moment auf die Lippe. Er konnte es nicht wissen.
»Ich habe das Gefühl, dass du mir etwas verschweigst«, begann er nach
einer Weile nachdenklich, und Laura rutschte zur Seite, als er sich neben sie
setzen wollte. Er nahm es mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis, als sie derart
auf Abstand zu ihm ging. »Selbst Vince war dagegen, aber er hat sich über den
Grund ausgeschwiegen. Normalerweise ist er damit weniger zurückhaltend.« Als
sie daraufhin nichts sagte, fuhr er nachdenklich fort. »Er meinte dazu, ich
solle mich an dich wenden.«
Noch immer schweigend griff Laura mit zittrigen Fingern nach der
Kaffeekanne und goss sich nach. »Ich will darüber nicht reden«, erklärte sie so
beherrscht, wie sie gerade noch in der Lage war.
»Hat es etwas mit gestern Abend zu tun?« Als seine Hand sich bei diesen
Worten auf ihren Rücken legte, richtete sie sich kerzengerade auf. »Patrick,
ich kann nicht zurück nach Deutschland.« »Warum nicht?« Doch sie schwieg.
Bisher kannte sie es nur von Vince, dass dieser vor Ungeduld oder Ärger
knurrte. Und überrascht sah sie auf, als sie es nun von Patrick zu hören bekam.
Ihr Ausweichen schien ihn mehr zu stören, als sie bisher angenommen hatte. Ob
das nun daran lag, dass er sich Sorgen um sie machte, oder einfach nur, weil er
es nicht gewohnt war, dass man ihm als Alpha etwas verschwieg, vermochte sie
nicht zu sagen.
»Als du dich betrunken hast, habe ich dich nicht bedrängt. Gestern habe
ich ebenfalls nicht nachgefragt, weil du es nicht wolltest. Aber jetzt ist
Schluss, Laura. Sag endlich, was los ist.« Bei seinem wütenden Aufbegehren
musste Laura an sich halten, um nicht erneut in Tränen auszubrechen. Noch immer
sträubte sich alles in ihr dagegen, es ihm zu sagen. Doch er ließ nicht locker.
»Wenn du es offensichtlich Vince sagen kannst, warum dann nicht mir?«
Er war verletzt. Deutlich konnte man das aus seinen Worten heraushören.
Laura hätte geglaubt, dass er vielleicht wütend wäre, weil sie es ihm
verschwieg, nicht aber, dass es ihn tatsächlich verletzte. Und mit einem matten
Lächeln begriff sie, dass sie noch viel würde lernen müssen, wollte sie Patrick
verstehen.
»Gib mir eine Chance«, bat er mit rauer Stimme, und Laura verschlug es
für einen Moment die Sprache. Es war ihm tatsächlich wichtig. Sie war
ihm wichtig. Und endlich fand sie den Mut, es ihm zu sagen.
Es hieß, dass man sich wegen Dingen, die andere an einem verbrochen
hatten, nicht schämen musste. Dennoch war es ihr unangenehm, und insgeheim schämte
sie sich. Betrunken war dieses Gefühl nicht von Interesse für sie gewesen, aber
jetzt, als sie alles nüchtern erzählte, fühlte sie heiße Scham in sich
aufsteigen. Und auch wenn die Logik ihr etwas anderes sagte, fürchtete sie
doch, dass Patrick sie deswegen vielleicht nicht mehr würde haben wollen.
Das Gefühl, benutzt worden zu sein, hatte sich all die Jahre, die
seitdem vergangen waren, gehalten. Hartnäckig hatte es sich in ihre Seele
gefressen und es geschafft, dass sie sich selbst dafür verachtete. Es war noch
nicht lange her, da hatte sie ihren Körper dafür gehasst, dass er derartige
Dinge provoziert hatte. Zwar
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