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Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Titel: Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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ich damit aufhören wollen, als mich ihr honigfarbener Blick in seinen Bann gezogen hatte. Eine Zeit war es gut gegangen. Dann nicht mehr. Honey war abhanden gekommen, und ich wusste nicht, wie ich sie wiederfinden konnte. Nun, das würde mir nicht mehr passieren.
    Toni traf ich auch selten, stattdessen die Jungs aus dem Brauhaus . Sie waren immer zu einem Spielchen zu über­reden. Eines Abends hatte ich Glück. Es lief unglaublich. Gegen Zehn hatten wir das Brauhaus verlassen und uns in der Wohnung vom Bullen versammelt. Wenn er nicht hacke­dicht gewesen wäre, hätte er uns niemals mitgenommen. So aber brauchte er Begleitung, und wir drei anderen hatten bei ihm einen prima Raum zum Pokern gefunden. Der Bulle, der eigentlich Andreas hieß, aber von niemandem so genannt wurde, war auf dem Sofa abgelegt worden und eingeschlafen. Als er gegen Mitternacht aufwachte, ging er kotzen und trank weiter. Inzwischen hatte ich tausend Euro mehr in der Tasche und dachte nicht daran, aufzuhören. Er setzte sich zu uns, brabbelte etwas von verboten und ließ sich Karten geben. Die Nacht endete gegen sechs. Ich war der Einzige, der noch stehen konnte und bestellte mir ein Taxi. Die Scheine in meiner Tasche fühlten sich großartig an. In bester Stimmung rief ich ein paar Stunden später den Bullen an.
    »Du kannst mir helfen.«
    »Wer ist da?«
    »Der Gewinner der letzten Nacht.«
    »Ich kann gar nichts, Winner. Ich kann nicht mal leben.«
    »Das brauchst du auch nicht. Nicht vor morgen oder meinetwegen nächster Woche. Du sollst nur was für mich recherchieren.«
    Es stöhnte im Apparat. »Also gut. Schieß los.«
    Ich sah förmlich, wie er sich aus dem Sofa hoch hievte.
    »Isabell ist obduziert worden, nehme ich an. Ich will wissen, woran sie gestorben ist.«
    »Das kann ich dir nicht sagen, das weißt du.«
    »Und ich kann dir sagen, dass dein Auftritt gestern Nacht nicht unser Geheimnis bleiben muss.«
    Ich ließ ihm Zeit, über diesen Satz gründlich nachzudenken und wartete, bis Worte in seinen Mund fanden.
    »Also gut«, lenkte er ein. »Aber ich sag dir gleich …«
    »Schon klar. Mehr will ich nicht wissen.« Nicht zu diesem Zeitpunkt. Ich trennte die Verbindung und wartete.
    Nicht lange und er rief zurück. »Sie ist erschossen worden.« Bevor ich nachfragen konnte, hatte er aufgelegt.
    Die Straße machte einen Bogen, an den sich eine enge Kurve anschloss. Mit einem Rad auf der grasbewachsenen Bankette schlingerte ich hindurch. Gerade noch wich ich einem blauen Ford aus, dahinter nahm ein Trecker die Fahrbahn ein …

19
    Den Vater von Rasid Chalid hatte man am Morgen zum Flug­hafen gebracht, Conrad und zwei Schutzpolizisten hatten ihn begleitet. Es war ihm schwergefallen, wie er Julia am Telefon gestand, während sie auf die Abfahrt Dülmen/Coesfeld einbog.
    »Du hättest es nicht tun müssen.«
    »Ich hatte noch ein paar Fragen.«
    »Was hat er geantwortet?«
    »Nichts.«
    »Das hätte ich dir gleich sagen können.«
    Als sie das Gespräch beendeten, stellte es sich wieder ein, das Gefühl, falsch zu sein. Wie konnte sie nur einer Profession angehören, die so etwas zu unterstützen hatte? Was wollen Sie?, hatte Bayer Julia gefragt. Und: Was nützen Ihnen Ihre Symptome? Ihre Gedanken hafteten an den Fragen.
    Vielleicht hätte sie ganz etwas anderes tun sollen, aber nun war es zu spät. Du bist beamtet, hatte ihre Mutter ihr vorgehalten, als sie ihre Zweifel einmal geäußert hatte. Recht hatte sie. Was sollte jemand wie sie tun? Sicherheitsdienst? Pommesbude? Beautyshop im Stevertal? Julia hätte beinahe gelacht. Privatdetektiv in Dülmen oder Coesfeld? Genau. Sie machte Fels Konkurrenz. Sie sah schon eine doppelspaltige Werbeanzeige in der AZ vor sich: »Wir finden Ihr Fahrrad! 99%ige Erfolgsgarantie!« oder: »Ob Sie Ihren Ehemann suchen oder Ihren Hund – wir bringen sie Ihnen zurück!«
    Zurückbringen. Das Beinahe-Lachen geriet ins Wanken. Rose Lux. Sollte sie Fels um Unterstützung bitten und das große Programm ankurbeln? Landesweite Fahndung, Hubschrauber, Hundestaffel. Blödsinn. Wo sollten sie denn anfangen zu suchen? Und doch schien es Julia jede Stunde wahrscheinlicher, dass Rose Lux nicht einfach wohlbehalten hereinschneien und sich über die Aufregung wundern würde. Oder waren das ihre eigenen Befürchtungen, die sich als Schäfchenwölkchen anhäuften, zusammenballten, bis sie sich zu Gewitterwolken aufgetürmt hatten? Befürchtungen hatten sie immer begleitet. Wie dem auch war. Sie konnte nichts,

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