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Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Titel: Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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Felder niedergebrannt, kein Wölkchen, geschweige ein Regentröpfchen. Isabell hatte einige Wochen zuvor ihre Sachen aus meiner Wohnung getragen und war mit zusammengepressten Lippen davongegangen, nur einen Brief voller Bitterkeit hatte sie dagelassen. Alles zerstörte sie, und in den Tagen danach fand ich keine Ruhe und keinen Schlaf. Wir hatten über Jahre unsere Leben geteilt. Bis sie fortging. Ich verstand sie nicht. Wochen­lang verließ ich das Haus nur, um das Nötigste einzukaufen. Einmal sah ich sie mit einem Mann im Supermarkt. Sie lachten. Ein anderer also. Ich hätte ihm eins in sein glattes Babyface geben sollen, stattdessen bog ich in den Gang mit den Spirituosen ein. Sie entdeckten mich nicht.
    Meine Mutter rief täglich an und berichtete mir, wie es Vater ging. Er muss in ein Pflegeheim, sagte sie, allein schaffe ich die Pflege zu Hause nicht, und im Krankenhaus wollten sie ihn loswerden. Eines Morgens weckte mich ihr Anruf, aber ich ließ das Telefon klingeln. Ich hörte ihre Stimme, klein und verzagt, auf dem Anrufbeantworter. Im Schrank fand ich kein einziges sauberes T-Shirt, und der Kaffee war alle. Eine Weile setzte ich mich aufs Sofa und überlegte.
    Plötzlich war es Mittag und ich verspürte überraschender­weise Hunger. Eine Pizza Kalte wäre gut. Ich grinste bei dem Gedanken. Pizza Kalte war in meiner Lieblingspizzeria mit Schinken und Artischocken belegt, hier trugen alle Gerichte die Namen der umliegenden Bauernschaften und Gebietsbezeichnungen. So gab es Pizza Welte, Pizza Goxel und Pizza Letter Berg.
    Ich sah zur Uhr, die Pizzeria Paradiso öffnete jetzt gerade. Zwar musste ich dahin immer ein paar Kilometer fahren, aber das tat ich gern, schon wegen Toni, einem alten Klassen­kameraden, dessen Großeltern in den frühen Siebzigern aus Italien eingewandert waren, nicht ahnend, dass ihre Enkel unter der deutschen statt der italienischen Sonne das Licht der Welt erblicken sollten. Neben den ausgefallenen Namen für ihre Gerichte führte die Pizzeria einen Rotwein von einer Qualität, die man dem kleinen Laden nicht zugetraut hätte.
    In meinem Kopf pochte ein Schmerz. Ich nahm zwei Aspirin und trank ein Glas Wasser an der Spüle, in der sich die Teller von gestern und vorgestern stapelten. Sie würden auf mich warten. Bevor ich aufbrach, sammelte ich die Weinflaschen der letzten Tage in einen Karton, die Altglascontainer lagen auf dem Weg.
    Toni hob die Hand zum Gruß, als ich eintrat, und bediente die Frau in dem hellblauen Jogginganzug weiter. Hinter dem mit dunklem Holz verkleideten Tresen drehte sich der Gyrosspieß und auf dem Grill brutzelten Würstchen. Im Paradiso gab es keine nationalen Grenzen. Ich setzte mich an einen der Tische mit hellgelben Plastiktischdecken und immergrünen Seidenblumengestecken.
    »Eine Kalte?«, rief Toni, als er fertig war, und wirbelte bereits den Teig auf der Hand. Ich nickte nur. Nachdem er die Pizza in den Ofen geschoben hatte, stellte er ein Glas Wein auf den Tisch und setzte sich zu mir.
    »Du siehst orribile aus«, sagte er und blickte mir ins Gesicht wie ein Arzt. Im Gegensatz zu ihm sah ich nie besonders gut aus, groß und schlank wie er war, mit den klassischen Zügen einer römischen Statue. Ich winkte ab und nahm einen Schluck, der Wein war wirklich köstlich. Ich wollte nicht darüber reden. Eigentlich.
    Dann sagte ich: »Isabell ist weg«, und spürte die Worte auf meiner Zunge brennen. Toni wiegte den Kopf, als wisse er Bescheid.
    »Ein Mann braucht eine Frau«, sagte er. Pause. »Du hättest sie nicht schlagen sollen.«
    »Ich habe sie um Verzeihung gebeten.«
    »Manche vertragen das nicht.« Dann wechselte er das Thema. »Und die Arbeit? Alles gut?«
    »Mehr als genug. Liegt da und wartet.«
    Er lief um die Theke herum, schaute in den Ofen und schloss die Tür wieder. Es war noch nicht soweit. Er brachte die Flasche mit und schenkte nach.
    »Mein Vater ist krank.«
    Toni wiegte wieder den Kopf. Was gab es darauf schon zu sagen?
    »Du musst dir mal was gönnen. Du arbeitest zu viel. Frische Luft, sagt meine Mutter immer, und ein gutes Essen.«
    »Ich habe keine Zeit für frische Luft.«
    Erneut öffnete er die Ofentür und ließ dann geschickt die Pizza auf einen Teller gleiten.
    »Wie bist du hergekommen?«, fragte er.
    »Mit dem Auto. Wie sonst?« Was für eine seltsame Frage?Ein Bus fuhr nicht regelmäßig von Coesfeld hierher. Ich würde wohl kaum zu Fuß die sieben Kilometer bis nach Lette marschieren.
    »Hast du immer noch den

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