Die Spur des Blutes (German Edition)
ihr tat. Um sie zu treffen, sie zu quälen. Sie zur Verzweiflung zu bringen.
»Und was bedeutet das in Bezug auf Wells?«
Jess wischte sich eine schweißfeuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. »Er –«, die Worte steckten ihr wie ein Kloß im Hals fest, »– entledigt sich seines Opfers innerhalb von vierundzwanzig Stunden, um sich ein neues zu holen. Ohne Ausnahme.«
Einen Moment lang sagte Burnett nichts. Dann wechselte er das Thema, als ginge es gerade über seine Kräfte, damit fortzufahren. »Hogan hat angerufen.« Burnett ließ den Blick über die Straße wandern. »Er war selbst im Blumenladen. Hat die beiden Frauen befragt, die dort arbeiten.«
Jess hielt den Atem an.
»Er war es, Jess. Spears kam reinspaziert und hat bar bezahlt. Hat ein großzügiges Trinkgeld für die Lieferung draufgelegt. Ein Überwachungsvideo gibt es nicht, aber beide Frauen haben den Mann als Eric Spears identifiziert.« Burnett schüttelte den Kopf. »Er ist einfach in einen Laden in der Innenstadt marschiert und hat diese Blumen gekauft.«
Jess schloss die Augen. Was zur Hölle sollte das? War er hinter ihr her oder nur darauf aus, sie aus der Ferne zu quälen? War er sich nach dem Fiasko in Richmond so verdammt sicher, dass er nicht mehr fürchtete, gefasst zu werden, egal wie leichtsinnig er war?
Sie öffnete die Augen und blinzelte, um die drastischen Bilder aus den letzten Fällen zu vertreiben, die man dem Spieler zuschrieb. Es gab viel zu tun. »Ich muss meine Schwester anrufen, bevor sie auf anderem Wege davon hört.« Bisher hatten die Medien noch nicht hierhergefunden, doch das würde früh genug geschehen. Vor allem brauchte sie Raum. Eine Minute oder zwei, um sich zu sammeln, ohne Burnett, der ihr nicht von der Seite wich.
»Dann müssen wir reden.«
Sie hätte erwartet, dass das früher kommen würde. Wie zum Beispiel auf dem Weg hierher. Das FBI führte etwas im Schilde, etwas, das ihr nicht gefallen dürfte.
Was keine Überraschung war.
Jess ging zu Burnetts geparktem Mercedes, kletterte hinein und schloss die Welt aus. Die Hitze im Fahrzeug war drückend. Sie begann zu schwitzen, doch es war ihr egal. Ihre Hand zitterte, als sie in ihrer Tasche nach dem Handy wühlte. Lily ging nach dem ersten Rufzeichen dran. Es dauerte eine Minute, ihre Schwester davon zu überzeugen, dass Jess kein Haus kaufte. Einige Minuten mehr waren erforderlich, um Lily zu beruhigen und sie dazu zu bringen, zuzuhören, nachdem sie erfahren hatte, dass ihre Freundin entführt worden war.
Um dem Erstickungstod zu entgehen, öffnete Jess die Tür, da sie keinen Zündschlüssel hatte, mit dem sie die automatischen Fensterheber hätte betätigen können.
»Lil, sei einfach still und hör mir zu.« Fünf oder sechs Sekunden später fügte sich ihre Schwester. »Ich weiß, du wirst wahrscheinlich nicht verstehen, was ich dir jetzt sagen werde, aber du musst gut zuhören.«
Nach einer weiteren Tirade über die Gefahren von Jess’ Arbeit gab Lily auf und verfiel in Schweigen.
»Dieser Mörder macht dieses Mal alles anders.« Eine graue Limousine kam langsam die Straße heraufgerollt. Wieder zog sich Jess’ Stirn unwillkürlich in diese ärgerlichen Falten. »Du und deine Kinder, ihr seid zu Hause nicht sicher. Ich will, dass ihr für eine Weile wegfahrt.«
Lily tat das, was sie immer tat. Sie bestand darauf, dass alles in Ordnung war. Ein Polizeibeamter und ein FBI-Agent waren rund um die Uhr bei ihnen. Warum tat Jess das? Warum blieb sie nicht bei ihnen zu Hause? Warum hatte dieser schreckliche Mann Belinda entführt? Warum? Warum? Warum?
Immer noch von der Limousine abgelenkt, versuchte Jess ihrer Schwester zuzuhören und sah, wie der Wagen in die Einfahrt des Tatortes fuhr. Seltsam. Vielleicht ein weiterer Detective oder einer der Deputy Chiefs, die sie vorhin kennengelernt hatte.
Ihre Schwester redete immer weiter: dass es nicht infrage kam, ihr Haus zu verlassen. Dass Jess wie immer zu leichtsinnig war. Dass der Fall ihr wichtiger war als ihre eigene Sicherheit.
In der Einfahrt neben Howards BMW öffneten sich die Türen der Limousine, und drei Männer stiegen aus. Burnett ging nicht zu ihnen, was darauf schließen ließ, dass er nicht besonders erfreut über ihre Ankunft war. Und dass er wusste, wer sie waren. Seine Körpersprache war nicht gerade freundlich, während er wartete, bis sie bei ihm auf dem Gehweg angekommen waren.
Es musste das FBI sein … die Anzüge verrieten sie fast immer. Ganz zu schweigen von der Art,
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