Die Spur des Blutes (German Edition)
zurückzuziehen. Jess wollte nicht, dass auch er ihrer trudelnden Karriere zum Opfer fiel.
»Wie ich bereits sagte«, konterte Gant, »vorerst bleibt Harris meine Agentin.«
»Gib mir eine Antwort, Jess«, drängte Burnett, ohne Gant zu beachten. »Das Angebot steht, wenn du interessiert bist.«
Burnett meinte es todernst. Sie wusste, dass sie die Warnung, die er mit diesen eindringlichen blauen Augen sendete, besser nicht ignorieren sollte. Da gab es etwas Wichtiges, von dem sie nichts wusste. Was immer es war, er war beunruhigt.
Jess rammte die Hand in ihre Tasche, packte ihr Handy und tippte auf ein paar Tasten. Sie drückte auf »senden« und lächelte zu Gant hoch. »Ich bin nicht mehr Ihre Agentin. Ich kündige.« Sie wandte sich an Burnett. »Ich nehme Ihr Angebot ganz offiziell an, Chief. Wann fange ich an?«
»Jetzt sofort.« Er streckte die Hand aus. Sie nahm seinen festen Händedruck entgegen. »Willkommen an Bord, Deputy Chief Harris.«
Gant starrte auf das Display seines Handys. »Sie können nicht mit einer SMS kündigen.«
»Ich habe es gerade getan.« Jess zog sich die Tasche höher auf die Schulter. »Wenn du bereit bist«, sagte sie zu Burnett. »Ich bin hier soweit durch.«
»Mit Ihrer Kündigung ist meine Untersuchung Ihres Verhaltens in der letzten Zeit nicht beendet«, drohte Wentworth.
Jess machte sich nicht die Mühe zu antworten. Sie marschierte zurück zu dem SUV und kletterte hinein. Dieses Mal schloss sie die Tür erst, als Burnett hinter dem Steuer saß und den Motor anließ.
Als er anfuhr, stellte sie die Lüftungsschlitze der Klimaanlage ein und fragte so höflich, wie es ihr trotz ihres Ärgers möglich war: »Kannst du mir jetzt sagen, warum ich gerade meinen Job gekündigt habe, abgesehen von der Tatsache, dass Gant ein Idiot ist und Wentworth mich offenbar für verrückt hält?«
Den Job konnte sie so oder so vergessen. Ob sie gleich kündigte oder sie ihr erst noch das Leben zur Hölle machten, war bloß noch reine Formsache gewesen. Aber sie hatte gedacht, die Trennung würde ein wenig anders ablaufen. Ein bisschen Professionalität wäre schön gewesen. Schließlich gab es Formulare, Abschlussbesprechungen und so was.
Das alles hatte sie mit einer aus einem Satz bestehenden SMS umgangen – in Englisch und mit korrekter Zeichensetzung.
»Ich wollte es dir schon nach der Besprechung sagen, aber dann kamen die Blumen.«
Richtig. Als Manning mitten in der Besprechung nicht mehr zurückkehrte, hatte sie gewusst, dass das FBI nicht nur gekommen war, um seine Unterstützung anzubieten.
Jetzt wurde es ungemütlich.
Obwohl, eigentlich war es das längst. Spears war wieder am Werk, und das FBI war nach seiner letzten Mord-Orgie immer noch mit der Schadenbegrenzung beschäftigt.
Daran war sie genauso schuld wie Gant oder der Rest.
Zwei neue Vans rollten in die Sackgasse. Sie und Burnett hatten sich gerade rechtzeitig abgesetzt.
»Das FBI glaubt, es gäbe irgendeine seltsame Verbindung zwischen dir und Spears.«
Wenn das kein Schlag in den Magen war. Jess drehte sich in ihrem Sitz und starrte sein Profil an. »Meinst du das ernst?«
»Kurz bevor er letzte Woche entlassen wurde, hat Spears angedeutet, dass du ein persönliches Interesse an ihm hast, über die Ermittlungen hinaus. Gant hat es nicht ernst genommen. Aber gestern Nacht gab es im Zusammenhang mit einem Einbruch in deiner Gegend einen Toten. Einer deiner Nachbarn wurde ermordet. Dein Haus wurde verwüstet.«
Ihre Augenbrauen hoben sich überrascht. Einer ihrer Nachbarn war ermordet worden? Sie hätte ihn gern gefragt, welcher, doch das wusste er wahrscheinlich nicht. Sie bezweifelte, dass sie selber den Namen kannte. Sie war nie lange genug zu Hause gewesen, um mit den Nachbarn bekannt zu werden. Und das war auch irrelevant. Wichtig war nur, dass wieder ein unschuldiges Leben genommen worden war. Eine Welle der Wut erfasste sie.
»Warum hat mich niemand angerufen?«
Burnett zuckte die Achseln. »Das gehört anscheinend zu den Ermittlungen der Dienstaufsichtsbehörde.«
Ja, ja, sie wusste, wie das lief. Man würde sie zu gegebener Zeit informieren. Dann, wenn sie es wissen musste.
»Moment mal, was hat die Untersuchung der Dienstaufsicht mit meinem privaten Wohnsitz zu tun?«
Lange Pause. Kein gutes Zeichen.
»Gant behauptet, bei dir zu Hause wären die Wände voll mit Fotos von Spears.«
Ihr Herz stieß gegen ihr Brustbein. »Was?«
»Einige seien zerschnitten und mit Fotos von dir zusammengeklebt.«
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