Die Spur des Blutes (German Edition)
Er warf Jess einen Blick zu. »So als wärt ihr ein Paar. Gant hält es für möglich, dass du eine Art Zusammenbruch hattest. Er macht sich Sorgen um dich. Ich hatte den Eindruck, man ist sich einig, dass Spears möglicherweise recht hat mit seiner Behauptung, du hättest ein unziemliches Interesse an ihm.«
»Oh, das ist ja wunderbar.« Jess ließ sich in ihrem Sitz zurückfallen. Die Vorstellung war einfach lächerlich. »Da will mir jemand was anhängen.«
Aber wer sollte so etwas tun? Sie war nicht so verrückt zu glauben, jemand vom FBI könne dahinterstecken. Über die Jahre hatte sie sich mit der üblichen verschworenen Männerriege herumschlagen müssen, ab und an auch mit Kollegenneid. Aber niemand, mit dem sie je zusammengearbeitet hatte, würde sich auf ein solches Niveau herablassen.
Spears? Er war hier … seit dem Abend nach seiner Entlassung – dachte sie zumindest. Hatte er Zeit gehabt, dies alles einzufädeln, bevor er nach Birmingham kam? Jess konnte sich nicht vorstellen, wie.
»Da gibt es noch mehr.«
Obgleich sie jedes Recht hatte, wütend zu sein, fühlte Jess sich in erster Linie niedergeschlagen.
Burnett zögerte, bevor er weitersprach.
»Was?«, hakte sie nach.
»Eine Botschaft in deinem Wohnzimmer, geschrieben mit dem Blut des Mordopfers.« Er warf Jess einen Blick zu. »So wie die, von der wir gerade kommen.«
»Wie lautete die Botschaft?« Sie hielt den Atem an.
»Warum hast du mich verlassen?«
Sie rang die Gefühle nieder, die sie durchzuschütteln drohten. Es musste Spears sein. Er musste es sein. Trotzdem passten die Zeitleiste und die Veränderungen im Tatmuster nicht zu ihm. Es wäre möglich, dass noch jemand anders mitmischte, dachte sie. Aber kein bloßer Nachahmungstäter … nein, ein Komplize. Manche Serienmörder arbeiteten in Teams, das stimmte.
Komplize oder nicht … ihr Bauch sagte ihr, dass Spears selber hier in Birmingham war.
»Sie irren sich.« Sie fühlte es.
»Was Spears angeht, weiß ich das nicht«, gestand Burnett. »Aber ich weiß, dass sie auf dem Holzweg sind, was dich betrifft. Du bist nicht verantwortlich dafür, was dieser Dreckskerl tut.«
Jess war dankbar für seine Unterstützung.
Aber wenn Loris Leiche morgen auftauchte, würden ihm möglicherweise doch Zweifel kommen, egal wie gerne er an Jess glauben wollte.
6
Lori versuchte den Kopf zu heben … es ging nicht. Zu schwer … wie eine Bowlingkugel. Sie leckte sich über die Lippen. Zog eine Grimasse, weil es schlecht schmeckte.
Wach auf
.
Warum konnte sie die Augen nicht öffnen? Ihre Zunge fühlte sich dick an, ihr Mund rau. Sie konnte eine Stimme hören … weit weg. Rief die Stimme ihren Namen?
Ihre Lider flatterten auf. Bilder wurden scharf. Kisten … Holzkisten.
Das Lagerhaus
.
Adrenalin explodierte in ihrer Brust. Feuer raste heiß durch ihre Adern. Lori hob den Kopf. Sie schüttelte ihn, blinzelte ein paar Mal, um klarer zu sehen.
Spears! Wo zur Hölle war Spears?
Ihr Blick fokussierte … richtete sich auf eine Frau, ihr Kopf hing auf der Seite. Lori holte tief Luft, dann stockte ihr der Atem.
Blut.
Der Nebel in ihrem Kopf lichtete sich. Die Frau war nackt, saß zusammengesackt auf ihrem Stuhl. Ihre Arme hingen an den Seiten herunter. Blut sammelte sich auf dem Betonboden um sie herum. Aus kleinen Schnitten an den Brüsten sickerte mehr von dem kostbaren Purpurrot und rann wie Spuren von roten Tränen ihre Hüften herunter. Ihre Beine waren weit gespreizt, und an ihren weißen Schenkeln war noch mehr Blut heruntergetropft.
Scheiße
.
Lori beugte sich vor. »Hey.« Ihre Stimme klang eingerostet. Sie räusperte sich. »Hey«, sagte sie ein wenig lauter.
Die Frau reagierte nicht. Bewegte sich nicht. Sie war nicht gefesselt. Sie saß einfach da. Lori kniff die Augen zusammen, versuchte zu erkennen, ob ihre Brust sich hob und senkte. Nein … nun, vielleicht.
Scheiße
.
Lori sprang auf. Sie schwankte. War verwirrt. Sie war nicht mehr an den Stuhl gebunden. Sie hob die Unterarme, senkte sie wieder, noch bevor ihr Hirn ganz begriffen hatte. Sie war nicht mehr gefesselt.
Wo war Spears?
Sie blickte sich in dem Lagerhaus um … sah ihn nicht. Hastig begann sie zu laufen. Stolperte. Fiel zu Boden. Fing sich mit den Händen ab, bevor ihr Gesicht auf den Beton knallte. Schmerz schoss durch ihr Bein, als sie versuchte sich aufzurappeln. Das Klirren von Metall lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ihren rechten Fuß. So eng um ihren Knöchel geschlossen, dass sie die Haut
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