Die Spur des Boesen
auswachsen.«
Sie blickte überrascht. »Sie brauchen doch nur als Zeuge aufzutreten«, meinte sie.
»Bei diesem Plan gibt's aber einen kleinen Haken.«
»Nämlich?«
»Dass ich die Informationen nicht habe, die man bei mir vermutet.«
Kurz war sie wie vor den Kopf gestoßen. »Mir wurde aber gesagt, Sie hätten diese Infos.«
»Das dachte ich auch«, gab Corso zu. »Aber es ist alles anders gekommen.«
Sie blickte ihn streng an. »Na ja... für einen Typen, der schon bei der NewYork Times rausgeflogen ist, weil er Sachen erfunden hat... damit sitzen Sie ganz schön in der Klemme, oder?«
»Das heißt, dass sie mich ohne Anklage unendlich lange festhalten können. Ob mit Anwalt oder ohne. Keine Kaution. Kein nichts. Irgendwas zwischen sechs und neun Monaten Knast«, erklärte er.
»Eine Anklagejury hat eine Menge Macht«, stellte sie fest.
»Ich nehme nicht an, dass ich Sie dazu überreden kann, diese Dallas-Polizisten wegzuschicken«, sagte Corso. »Soweit ich mich mit den Gesetzen auskenne, müssen Sie mich nicht unbedingt ausliefern.«
Sie nickte. »Normalerweise habe ich in solchen Angelegenheiten ein bisschen Spielraum. Ich kann abwägen, ob die Zusammenarbeit mit einer anderen Abteilung oder die Schwere des Verbrechens wichtiger ist, und dann meine eigene Entscheidung treffen. Unter gewöhnlichen Umständen könnte ich die anderen vors Gericht ziehen und um Sie kämpfen lassen. Ich könnte Sie auch einfach laufen lassen, wenn ich wollte.«
»Aber...«
»Aber... solange die ganze Welt die Sechs-Uhr-Nachrichten anschaut und mein eigener Deputy Sheriff jedem erzählt, das sei wieder ein Beweis dafür, dass ich den Bezug zur Gemeinde verloren hätte... ich sehe einfach keine andere Möglichkeit, als Sie auszuliefern.«
»Ein Mädchen muss tun, was ein Mädchen tun muss«, meinte Corso.
Sie warf ihm einen verärgerten Blick zu. »Jetzt machen Sie mal halblang, Mr. Corso. Ich brauche niemanden, der mich runter macht.« Sie durchquerte das Zimmer und trat ans Fenster, wo sie auf den Parkplatz hinunter schaute. »Vielleicht haben meine Kritiker Recht«, fuhr sie nach einer Pause fort. »Vielleicht habe ich wirklich den Bezug zur Gemeinde verloren.«
Irgendetwas in ihrer Stimme erregte seinen Verdacht. Stirnrunzelnd setzte er sich im Bett auf. »Wie kommen Sie darauf?«, fragte er.
Ihr Gesicht sagte, dass seine Frage dumm war. »Unter den Dielen des Schuppens ist eine Familie verrottet«, begann sie mit lauter Stimme. »Fünfzehn Jahre lagen diese Menschen einfach so direkt unter meiner Nase.« Sie wedelte mit dem Arm. »Luftlinie keine zehn Kilometer von hier, und ich habe ...« Sie hielt inne. Ließ ihre Kiefermuskeln spielen.
»Steckt da was Persönliches dahinter?«, fragte Corso.
Sie öffnete den Mund, um zu widersprechen, zögerte dann jedoch. »Sie haben gute Ohren«, meinte sie schließlich.
»Das ist mein Beruf.«
Sie hielt den Blick weiterhin schweigend aus dem Fenster gerichtet.
»Und?«, drängte Corso.
»Miss Sissy Warwick«, antwortete sie.
7
»Neunzehnhundertdreiundsiebzig. Ich war einundzwanzig und kam frisch vom College.« Sie verdrehte die Augen und schnitt eine Grimasse. »Ich hatte gerade erst gemerkt, dass ich niemals eine Shirley Temple werden würde. Dass Zierlichkeit nie das sein würde, was anderen bei meinem Anblick als Erstes einfiel. >Plump< vielleicht... aber zierlich? Nein.« Sie unterdrückte einen Seufzer. »Egal... ich kam wieder nach Hause, um den Sommer über meine Wunden zu lecken. Ein bisschen ausruhen und erholen, bis mir klar würde, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen wollte.« Sie blickte zu Corso hinüber. »Haben Sie schon mal in so 'ner kleinen Stadt gelebt?«
Corso schüttelte den Kopf. »Nur als Kind.«
»Na ja, dann werden Sie das ja verstehen... Städte wie diese sind ziemlich abgeschlossene Gemeinschaften. Menschen kommen und gehen, aber eigentlich ändert sich nichts. Die meisten Kinder, die wir nach Madison zur Uni schicken, bleiben eine Weile weg. Sie suchen sich Partner, kriegen Kinder, ziehen woanders hin. Im Urlaub kommen sie nach Avalon zurück, um ihren Eltern die Enkel vorzuführen. Und später kommen sie, um nachzuschauen, wie ihre Eltern zurechtkommen. Und dann, noch viel später... flüchten sie wieder vor der Hektik der Großstadt... Sie wissen schon, städtischer Lebensstil und so.« Corso nickte. »Ich will damit sagen... bis vor ein paar Jahren brauchten wir nicht mal ein
Motel. Es gab nur eine hundert Jahre alte
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