Die Spur des Drachen
hinterlassen hatte. »Ich will nicht, dass Pakad Barnea abgelenkt ist.«
»Ich will helfen.«
»Ich sagte Ihnen bereits, dass Sie nichts tun können.«
Ben blieb direkt vor Shlomo Davies' Schreibtisch stehen. »Ihre Befragungen haben ziemlich auffällige Diskrepanzen in Danielles Geschichte aufgedeckt, nicht wahr?«
»Woher …«
»Der Polizist, den sie gerettet hat, ist im Krankenhaus während der Operation gestorben, nicht wahr?«
»Seine Verletzungen waren sehr schwer.«
»Vielleicht ist er aber auch gestorben, weil er der Einzige gewesen ist, der Danielles Geschichte über die Geschehnisse bestätigt hätte.«
»Es waren noch andere Polizisten am Tatort, die ich vernehmen werde.«
»Sie werden genauso wenig in der Lage sein, sie zu vernehmen, wie Sie einen der palästinensischen Schützen finden werden, die angeblich das Feuer eröffnet haben.«
»Wollen Sie damit sagen, Danielle wurde verladen?«, fragte Davies ungläubig.
»Jemand tut sein Bestes, die Wahrheit zu verschleiern. Und es gibt noch etwas«, fuhr Ben fort und erzählte, was al-Asi am Abend zuvor berichtet worden war. »Es gibt keinen Eintrag darüber, dass Commander Baruch Ostjerusalem überhaupt betreten hat.«
Die Augen des alten Mannes weiteten sich, seine Miene verlor die Entschlossenheit. »Ich hatte noch keine Zeit, diese Einigungen zu überprüfen.«
»Das macht nichts. Diese Eintragungen werden mittlerweile eingehend geändert worden sein, dass sie die Anwesenheit des Commanders erklären, das versichere ich Ihnen.«
»Können Sie mir den Grund dafür nennen?«
»Lassen Sie mich mit Danielle sprechen, vielleicht kann ich es Ihnen dann sagen.«
»Sie hat mir bereits alles gesagt, was sie weiß, sogar von …« Davies wurde blass. »Mein Gott …«
»Was ist?«
»Ich habe mich gerade an etwas erinnert. Pakad Barnea hat mich beauftragt, eine bestimme Sache zu überprüfen. Ich habe es vergessen …«
»Was sollten Sie überprüfen?«
»Das Café in Ostjerusalem, in dem sie saß, als die Schießerei losging. Pakad Barnea hat etwas von einer Brille in einem schwarzen Etui erzählt, die der Schlüssel sein soll.«
»Eine Brille?«
Davies nickte. »Sie gehörte dem Mann, den sie dort getroffen hat. Sie hat mich gebeten, dorthin zurückzukehren und festzustellen, ob jemand die Brille gefunden hat.«
»Worauf warten wir noch?«
14.
»Ich habe die Ergebnisse Ihrer letzten Blutuntersuchung«, sagte der Arzt, als er das Büro von Latisse Matabu im Hauptquartier der Revolutionären Einheitsfront in Kono betrat.
Die RUF kontrollierte diesen Teil Sierra Leones und gab sich keine Mühe, sich zu verstecken. Wenn überhaupt, war die RUF unter Matabus Führung immer offener geworden, was ihre Geschäfte und ihre Vorbereitungen für die politische Legitimität betraf, die mit ihrem bevorstehenden Aufstieg zur Macht einher gehen würde. Jetzt, da die Friedensverhandlungen abgebrochen waren, würde Präsident Kabbah nicht mehr in der Lage sein, die Flut noch lange aufzuhalten. Früher oder später würden die Amerikaner aufgrund ihrer Misserfolge und der sinnlosen Verluste die Bemühungen satt haben, den Frieden zu erhalten. Sie würden abziehen – und dann gab es nichts mehr, was der RUF bei der Einnahme von Makeni, Freetown und anderen dichter besiedelten Gebieten im Weg stand. Die Macht in Sierra Leone würde an seine rechtmäßigen Erben zurückfallen.
Langsam erhob Matabu sich hinter ihrem Schreibtisch. »Es sieht Ihnen gar nicht ähnlich, so schroff zu sein, Doktor Sowahy.«
Der Arzt, ein runzeliger alter Mann mit dichtem weißem Haar und Haut wie abgenutzter Teer, reichte ihr ein Stück Papier. »Ich möchte, dass Sie das hier selber lesen.«
Matabu überflog die Zeilen. »Das geht mich etwas an?«
»Das sollte es.«
Sie reichte ihm das Papier zurück. Ein gebrochenes Rückgrat vor vielen Jahren hatte Sowahy für immer gebeugt. Sich nach etwas zu strecken, war eine Qual für ihn. »Ich habe im Moment wichtigere Dinge im Kopf, um die ich mir Sorgen mache.«
»Ich will, dass Sie die Medikamente nehmen.«
»Warum?«
»Damit Sie dieses Land regieren können.«
»Ich regiere dieses Land bereits. Ich besitze nur den Titel noch nicht.«
Dr. Sowahys Gesichtsausdruck war so ernst wie seine Stimme. »Sie sterben, General.«
Matabu lächelte. »Wenn ich getötet werden könnte, Doktor, wäre ich bis heute schon viele Male gestorben.« Ihre Stimme wurde eine Nuance leiser. »Besonders dieses eine Mal, an das sie sich bestimmt
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