Die Spur des Drachen
drehte sich schneller. Der winzige Motor jaulte.
»Haben Sie Zahnpasta?«, fragte der Cowboy. »Ich könnte eine Politur vertragen.«
»Dieses Ding wäre in einer Sekunde bis aufs Zahnfleisch durch. Das ist ein Polierwerkzeug. Es wird dazu benutzt, die Farbe des Diamanten sichtbar zu machen. Der letzte Schritt des ganzen Prozesses.«
»Das Ding ist so scharf?«
»Ja.«
»Lassen Sie mal sehen.«
Die freie Hand des Cowboy schoss blitzschnell vor und packte Katz an der Kehle. Als Nächstes lag Katz mit dem Rücken auf einem der Werktische. Der Cowboy hielt die rotierende Polierscheibe über Katz' Gesicht.
»Keine Sorge«, sagte er. »Ich werde Ihre Zähne nicht ruinieren.«
Jim Black zielte mit dem Werkzeug auf Katz' Wange und bewegte es langsam nach unten.
34.
Wie erwartet machten die Papiere, die Colonel al-Asi besorgt hatte, ihnen den Übergang durch den Eres Checkpoint leichter. Ben fuhr weiter nach Gaza City. Dort angekommen überquerte er den Palestine Square und fuhr am Flughafen vorbei nach Gaza Port. Er hatte seit seiner Rückkehr wenig Zeit in Gaza verbracht; die Kontraste des Lebens in Palästina waren hier noch auffälliger als in der Westbank. Die Zustände in den Flüchtlingslagern waren schlimmer geworden, als die Schließung der israelischen Grenzen immer mehr Bewohner in die Armut drängte. Die öffentlichen Dienstleistungen hatten deutlich abgenommen, wie man an den riesigen Müllbergen sah, die auf den Straßen unter der heißen Sonne vor sich hin dampften und einen schrecklichen Gestank verbreiteten. Dennoch herrschte auf dem Platz geschäftiges Treiben. Die Hoffnung lebte weiter, während Kredite verlängert und um Waren gefeilscht wurde. Noch auffälliger war der perfekt getrimmte, mit Blumen bepflanzte Gehweg, der den Mittelstreifen zwischen den Fahrspuren der Sharia Omar al-Mukhtar Street bildeten; in Gewänder gekleideten Frauen bearbeiteten die Anlagen mit behelfsmäßigen Gießkannen und Rechen.
Der letzte Teil der Fahrt verlief entlang der Küstenstraße Al-Rasheed, die im Westen auf ihrer gesamten Länge am Strand entlang führte. Die Restaurants und Hotels, von denen man einen Blick über die Küste hatte, machten allesamt einen verlorenen und verlassenen Eindruck. Es fiel Ben leicht, die Augen zu schließen und sich vorzustellen, was in einer friedlichen Welt hätte sein können. Doch die Gerüche der ungeklärten Abwasser, die vom Mittelmeer und dem stinkenden, über die Küste verbreiteten Müll aufstiegen, zerstörten rasch diese Illusion.
»Wir sind fast da«, meinte Danielle zu Anatoljewitsch, der noch immer so tat, als würde er auf dem Rücksitz schlafen.
Der Russe ließ die Arme verschränkt und die Augen geschlossen. »Ich weiß. Ich hatte gehofft, mehr von Ihrer erquicklichen Konversation mithören zu können.«
»Der Hafen liegt dicht vor uns«, verkündete Ben. »Was jetzt?«
»Wir suchen uns ein Boot.«
Wegen der geringeren Nachfrage nach ihrer Ware auf den Märkten gab es viele kleine Fischerboote in dem heruntergekommenen, nahezu verlassenen Hafen. Israelische Schekel blieben die gängige Währung in Gaza, statt arabischer Dinare, und Danielle besaß mehr als genug davon, um einen zwölf Meter langen Kutter zu mieten, der aussah, als wäre er ein Jahrzehnt lang weder entrostet noch gereinigt worden. Das Deck war übersät mit Splittern und Rissen, die aus dem Holz gehackt waren. Viele der Schrauben, an denen die Reling befestigt war, waren längst herausgefallen.
Sobald sie an Bord gegangen waren, übernahm Danielle das Ruder und steuerte den Fischkutter in langsamer Fahrt durch den Hafen. Selbst in den offenen Gewässern des Mittelmeeres behielt sie die bedächtige Geschwindigkeit bei, bis sie sich an die trägen Reaktionen des Bootes gewöhnt hatte. Das eine Mal, als sie versuchte, schneller zu werden, klapperte und spuckte der Motor und rülpste dunkle ölige Wolken durch die Auspufftöpfe, was Danielle zwang, sofort das Gas wegzunehmen.
»Ich brauche einen Kurs!«, rief sie Anatoljewitsch über das Rattern zu.
»Sie machen das gut. Fahren Sie einfach weiter geradeaus.« Der Russe drehte sich um und zwinkerte Ben zu. »Wenn ich euch zu schnell zu viel verrate, erschießt ihr mich vielleicht und werft meine Leiche über Bord.«
»Das würden wir niemals tun, und das wissen Sie«, erwiderte Ben auf Russisch.
Anatoljewitsch blickte schockiert drein. »Sie sprechen meine Sprache, Genosse?«
»Ich habe sie gelernt, noch bevor ich Englisch gelernt habe.
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