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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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auf ein Knie. »Ich bin …«
    »Ich weiß, wer du bist. Orhan, Sohn Osmans des Ersten, Herrscher der Osmanen.«
    Orkans Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit. Vor sich sah er eine dunkle, schlanke Gestalt, gekleidet in formlose Lumpen von der gleichen Farbe wie die gefleckte, runzlige Haut. Sie war mehr Schatten als Mensch und saß auf einer Strohmatte, die vom Lieht, das durch die Ritzen in den Wänden des Gemäuers fiel, nur schwach beleuchtet wurde.
    »Jetzt sage mir, was dich zu mir geführt hat«, forderte die Moorfrau ihn auf. Ihr milchiger Blick hielt den Orhans fest. »Sage mir, was dich dazu brachte, eine Hexe um Hilfe zu bitten.«
    »Ich muss das Werk meines Vaters vollenden und die Welt außerhalb Anatoliens erobern, die unsere Herrschaft erwartet.«
    Die Moorfrau lächelte und ließ dabei die Stümpfe verrottender Zähne und lila Zahnfleisch sehen. »Diese Welt wird dich sehr viel kosten.«
    Orhan trat einen Schritt näher, blieb dann jedoch stehen, als wäre eine unsichtbare Barriere vor ihm aufgetaucht. »Meine Armeen sind nicht stark genug, ganz Europa zu bekämpfen.«
    »Du wirst deine Armeen nicht brauchen, wenn du meinen Anweisungen folgst. Doch der Preis ist hoch.«
    »Ich bin bereit, dir zu geben, was du verlangst!«
    Die Moorfrau bot dem Herrscher der Osmanen zwei knochige, verwitterte Hände dar. »Dann setz dich zu mir, Orhan, und höre zu, wenn ich dir deine Aufgabe erkläre …«
    »Ich habe genug gehört!«, sagte Dr. Sowahy zornig.
    »Die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende«, fuhr Matabu fort. »Die Moorfrau schickte Orhan in eine sterbende Stadt am Schwarzen Meer. Sie befahl ihm, Ratten zu fangen und zu weiteren Häfen zu segeln, wo er die Ratten auf Dutzenden italienischer Handelsschiffe aussetzen sollte, die noch vor Anker lagen. Diese Handelsschiffe legten in verschiedenen europäischen Häfen an und leerten ihre Laderäume. Und in jedem Hafen tauchten die Ratten auf, durstig und ausgehungert, und verbreiteten eine Seuche, die die Welt für immer veränderte.
    Der Schwarze Tod kam über ganz Europa, und bald war der Westen für Orhan und seine Nachfolger keine Bedrohung mehr. Seine Feinde waren vernichtet. Das osmanische Weltreich war geboren. Die Moorfrau hatte Wort gehalten. Orhan hielt ebenfalls Wort und verschaffte ihr eine Überfahrt auf einem Handelsschiff, das nach Afrika segelte, wo sie ihre wahre Heimat fand. Allerdings war sie nun nicht mehr als die Moorfrau bekannt. Ihre Kräfte und Fähigkeiten verschafften ihr in Afrika einen neuen Namen bei denen, die sie fürchteten: der Drache.«
    Matabu lächelte dünn. »Was, wenn ich in Besitz eines vergleichbaren Mittels wäre, um mein Weltreich zu errichten, so wie Orhan sein Reich geschaffen hat?«
    Sowahy schüttelte den Kopf. »Ich höre mir das nicht länger an!«
    »Das sollten Sie aber, Doktor, weil das, was damals geschehen ist, wieder geschehen wird. Unsere Feinde werden bezwungen, genau wie die Feinde Orhans …«
    Matabu spürte einen dumpfen Schmerz, der sich hinter ihren Augäpfeln bildete, dann ein Stechen, das in ihre Wangen schoss und sie schwindlig machte.
    »Was ist los?«, fragte Dr. Sowahy und griff nach ihrer Hand, um ihren Puls zu fühlen.
    Matabu zog die Hand weg. »Ein Anfall …«
    »Sie dürfen sich nicht so anstrengen.«
    Matabu lächelte leicht. »Ich erschaffe die Welt neu, Doktor. Das geht nicht ohne Mühe.«

38.
    Ben und Danielle stiegen langsam die Stahltreppe hinunter und lauschten auf Geräusche. Doch über dem leisen Rattern der noch im Leerlauf arbeitenden Dieselmotoren des Frachters und dem rhythmischen Klatschen der Wellen gegen den Rumpf war nur das Echo ihrer eigenen Schritte zu vernehmen.
    Sie durchsuchten die ersten zwei Decks, fanden aber nichts. Nur leere Kojen und Kajüten und eine Messe voller halb gegessener Mahlzeiten: Was immer hier passiert war, es war offensichtlich sehr schnell vor sich gegangen.
    Je tiefer sie kamen, desto schaler und heißer wurde die Luft. Das dritte Unterdeck lag in den tiefsten bewohnbaren Eingeweiden des Schiffes, mit Zugang zu den verschiedenen Laderäumen. Die ersten zwei, in denen Ben und Danielle nachschauten, beherbergten nur ein paar Überbleibsel von Maschinen und Autoteilen – der Abfall einer früheren Ladung.
    Ein tropfendes Geräusch und eine Tür, die langsam hin und her knarrte, veranlasste Danielle und Ben, sich dem dritten Laderaum vorsichtig zu nähern. Beide packten ihre Pistolen fester. Ben spähte ins Innere und

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