Die Spur des Drachen
weiß?«
»Das mit dem großen Mist«, erwiderte der alte Mann und kicherte. »Weil das Atomkraftwerk schon vor einem Dutzend Jahren geschlossen worden ist.«
48.
Sergeant Major J. Peter Reese vom britischen Royal Marine Corps marschierte, die Hände auf dem Rücken verschränkt, vor den Reihen der uniformierten Soldaten von Sierra Leone, die in Habachtstellung vor ihm standen, auf und ab.
»Gute Neuigkeiten, Jungs«, verkündete Reese. Seine schneidende Stimme schallte über den Exerzierplatz des Benguema-Ausbildungszentrums vor der Hauptstadt Freetown. Während Reese sprach, wiederholte ein Dolmetscher, der ihm wie ein Schatten folgte, seine Worte in Krio, der Landessprache Sierra Leones. »Meine Regierung hat beschlossen, im wahren Geist der Großzügigkeit, ihr Engagement eurem verkorksten kleinen Land gegenüber zu erneuern, indem sie weiterhin die internationalen Militärberater und das Ausbildungsteam führt. Das heißt, dass ihr euch für weitere sechs Monate mit mir vergnügen müsst, ihr dämlicher, unfähiger Haufen!«
Der Dolmetscher konnte mit Reeses Stimmgewalt nicht recht mithalten, was aber nichts daran änderte, dass ein kollektives Stöhnen durch die Reihen ging, wenngleich die fünfhundert Mann weiterhin starr geradeaus blickten. Das Nächste, was der Sergeant Major zu sagen hatte, verpatzte der Dolmetscher ebenfalls: dass Großbritannien zusätzliche fünf Millionen Pfund zur Verfügung stellte.
Reese marschierte weiter die Reihen entlang, den Rücken gewölbt, die Brust vorgestreckt. Trotz der brütenden Hitze trug er seine vollständige Ausgehuniform, einschließlich des Kampfschwerts, das er tatsächlich im Feld getragen hatte – im Falklandkrieg. Doch er hatte nie Gelegenheit gehabt, das Schwert zu ziehen. Die Uniform saß wie angegossen und lenkte seine Schutzbefohlenen vom leichten Hinken ab, der Folge einer Trainingsverletzung, die Reeses aktiven Dienst beendet hatte.
»Okay, ich würde den Rest meines kürzlich verlängerten Aufenthalts liebend gerne in Gottes Version der Hölle verbringen und euch Babys zur Brust nehmen, die ihr vor fünf Wochen nicht einmal ein Gewehrkaliber vom Arsch eurer alten fetten Mamas unterschieden konntet. Aber ich muss noch zweitausend Burschen mehr von eurer Sorte auf Herz und Nieren prüfen, also werdet ihr mein hübsches Gesicht schon bald zum letzten Mal sehen.«
Sergeant Major J. Peter Reese von den Royal Marines starrte den Soldaten an, der ihm am nächsten stand.
»Ich hoffe, das stinkt euch gewaltig«, fuhr er fort und drehte sich auf dem Absatz um, »aber macht euch keine Sorgen, Bürschchen, der alte Pete hat erfreuliche Neuigkeiten: Ihr habt mich noch eine ganze Woche. Jetzt seid ihr glücklich, was?«
»Ja, Sir!«, brüllten die Rekruten wie aus einem Mund.
»Ich höre nichts. Seid ihr glücklich?«, rief Reese.
»Ja, Sir!«
»Schon besser.« Er nickte und zwinkerte einem weiteren Ausbilder der britischen Marine zu, der gerade seinen Aufenthalt in Sierra Leone verlängert bekommen hatte. »Also gut, ich denke, wir können zum nächsten Schritt übergehen. Lasst uns rausgehen und ein paar Rebellen killen!«
Enthusiastisches Gebrüll explodierte in der Menge, kaum dass der Dolmetscher verstummt war. Die Rekruten stachen mit ihren M 16-Gewehre in die Luft.
»Es sind keine echten Rebellen – noch nicht. Zu Hause nennen wir das Krieg spielen, Jungs. Aber eins kann man ziemlich sicher sagen: Wer sich im Spiel umbringen lässt, ist auch unter den ersten, die draufgehen, wenn's ernst wird. Achtet also auf die Regeln und Vorschriften und haltet euch an das, was ihr gelernt habt. Dann werdet ihr die Rebellen in den Arsch treten können. Man kann sie nicht immer daran hindern, dass sie zuschlagen, doch man kann sie mit Sicherheit davon abhalten, anschließend wieder abzuhauen.«
Sergeant Major J. Peter Reese marschierte zurück zu den vorderen Reihen der Regierungstruppen Sierra Leones, die in einer Woche ausgeschickt würden, um es mit der Revolutionäre Einheitsfront aufzunehmen.
»Nun zum Spiel, Jungs: Der Wald hinter dem Grundstück ist gespickt voll mit Männern aus Trupp A. Sie tragen die olivgrüne Uniform der RUF. Eure Aufgabe ist es, sie aufzuspüren, auszuräuchern und mit euren Farbpatronen zur Hölle zu schicken, bevor sie das mit euch tun. Ihr müsst wissen, dass die Männer von Trupp A jeden schmutzigen Trick anwenden werden, für den die Rebellen bekannt sind, also tretet sie in den Arsch!«
Als der Dolmetscher seine eigene
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