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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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einer Schürze erschien und seine fetten Unterarme vor der Brust verschränkte.
    »Ich kenne Sie nicht.«
    »Sprechen Sie bitte Hebräisch oder Englisch.«
    Der Mann entschied sich für Englisch. »Ich kenne Sie nicht.«
    »Stimmt.«
    »Niemand hier kennt Sie.«
    »Das erwarte ich auch nicht.«
    »Erklären Sie das.«
    Danielle beugte sich vor und senkte die Stimme. »Ich bin von der National Police und in offizieller Mission hier. Und jetzt verpissen Sie sich.«
    »Sie haben hier nichts verloren«, knurrte der Mann und beugte sich seinerseits zu ihr hinunter. »Wir kümmern uns um uns selbst.«
    Danielle versuchte, einen Blick auf die zwei Männer zu werfen, als die Tür zur Bar sich wieder öffnete. »Offensichtlich nicht gut genug.«
    Der Inhaber kicherte, lachte, und schüttelte den Kopf, als er davonging. Technisch gesehen besaß die National Police die Gerichtsbarkeit in jeder Siedlung. Doch Danielle war bisher auf keinen Bericht einer Ermittlung gestoßen, die hier in Klein Moskau vorgenommen worden wäre.
    Niemand kam, um ihre Bestellung aufzunehmen. Gäste an nahen Tischen setzten sich an entferntere Tische. Ihr Flüstern summte Danielle in den Ohren.
    Minuten vergingen. Die zwei Männer, denen sie von Tel Aviv hierher gefolgt war, kamen nicht wieder aus der Bar. Danielle fragte sich, ob sie ihnen nach drinnen folgen sollte, um sicherzugehen, dass sie nicht durch einen anderen Ausgang verschwunden waren.
    Sie drehte den Stuhl leicht vom Tisch weg, so weit, dass sie einen Mann sehen konnte, der sich der Mitte der Promenade näherte, ohne den Versuch zu machen, sich zu verbergen. Seine Stiefel klackten auf dem Kopfsteinpflaster. Als er seinen schweißgetränkten Cowboyhut abnahm sah Danielle, dass die fein gemeißelten Gesichtszüge von zottigem, sehr langem Haar umrahmt wurde, das an den Schläfen ein wenig grau geworden war. Bis auf das Haar und ein paar tiefen Furchen, eingegraben von einer ständigen Sonnenbräune, sah der Mann genauso aus wie zwölf Jahre zuvor.
    James Allen Black erreichte den Tisch und lächelte Danielle an. »Stört es Sie, wenn ich mich zu Ihnen setze, Madam?«

50.
    Ben nahm einen zweiten Bus zurück zum Flughafen, wo er einen Wagen mietete. Er bekam ein kleines, klappriges russisches Modell, das von allen Annehmlichkeiten befreit war. Das Wetter war frostig für den Frühling; dennoch ließ Ben auf der Fahrt nach Dubna das Fenster meist halb heruntergekurbelt.
    Obgleich er Russisch beherrschte, konnte er es kaum lesen, sodass er den lokalen Tageszeitungen nicht entnehmen konnte, welche Art Krise sich in Dubna zugetragen hatte. Er war ziemlich sicher, dass die Stadt in keiner Schlagzeile erwähnt wurde, und die Mitarbeiterin der Mietagentur zögerte nicht, ihn zu warnen, als er nach einer Wegbeschreibung zur Stadt fragte. Statt der computerisierten Version in Amerika gab ihm hier eine Frau mündliche Auskünfte; Ben schrieb sie an den Rand der Karte, die sie ihm besorgt hatte.
    Während der Fahrt nach Norden – auf Straßen, die fast so schlecht waren wie die in Palästina – wiederholte er in Gedanken das wenige, was er über Dubna wusste. Dubna war eine Stadt, um die sich seit ihrer Geburtsstunde die Legenden rankten. Ihr isolierter Standort, das relativ milde Klima und die günstige Nähe zu Moskau veranlassten Stalin nach dem Zweiten Weltkrieg, einen dichten Kiefernwald an der Wolga fällen zu und dort das erste nukleare Forschungszentrum errichten zu lassen. Die Stadt selbst, die jahrelang auf keiner Karte verzeichnet war, wurde um das Forschungszentrum und andere wissenschaftliche Anlagen in der Nähe herum errichtet.
    Das Institut für Nukleare Forschung blieb geheim, bis Chruschtschow 1956 den Schleier lüftete. Innerhalb der ursprünglichen Anlage stand der erste Reaktor der Welt. Später wurden Kraftwerke und Fabriken aus dem Boden gestampft, um Flugzeuge, Navigationssysteme, Satellitenkomponenten und Bauteile für Atomkraftwerke herzustellen, die Energie für einen großen Teil der ehemaligen Sowjetunion lieferte. Der Zusammenbruch 1991 hatte die Schließung vieler dieser Einrichtungen zur Folge; bei den restlichen waren die Sicherheitsvorkehrungen unzureichend. Die Bevölkerungszahl in Dubna nahm mit dem Verlust des bevorzugten Status, den die Stadt so lange genossen hatte, beträchtlich ab. Sie überlebte, hatte Ben gelesen, indem einige erhaltene Anlagen in Zentren für medizinische Behandlung und Forschung umgewandelt wurden – ein Symbol der Hoffnung für die

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