Die Spur des Drachen
wie ein Arbeiter aus und nicht wie ein Top-Spion, einer der mächtigsten Männer Palästinas, der üblicherweise Armani-Anzüge trug.
»Ich habe im neuen Hauptquartier des Protective Security Service die Wände gestrichen, als der Anruf Ihres russischen Freundes mich erreichte. Ich bin direkt hierher gekommen. Ich war heilfroh, nicht weitermachen zu müssen.«
Ben bemerkte, dass er al-Asi zum ersten Mal ohne eine einzige Wache sah. Doch der Colonel brauchte keinen Armani-Anzug, um in der Menge aufzufallen. Sein Gang und seine Haltung genügten, Besucher des Flughafens zu veranlassen, ein zweites Mal hinzuschauen und ihm dann auszuweichen.
»Kommen Sie«, fuhr al-Asi fort, »es wartet ein Wagen auf uns. Ich habe frische Sachen dort. Sie können sich unterwegs umziehen.«
»Unterwegs wohin?«
»Nach Beirut. Zu Pakad Barnea.«
»Ich hätte es ihr ausgeredet, hätte ich die Gelegenheit gehabt«, sagte al-Asi, sobald sie aus dem Flughafengebäude heraus waren und zu einem Parkplatz schlenderten.
»Ich dachte, Sie hätten mit ihr gesprochen.«
Al-Asi runzelte die Stirn. »Leider müssen meine israelischen Kollegen mit der Geschichte von meinem Ungehorsam die palästinensischen Behörden erreicht haben. Mein Telefon stillzulegen war eine der ersten Strafen. Ein Attentat wird wohl die letzte sein.«
»Woher wissen Sie dann, wo Danielle ist?«
»Sie hat eine Nachricht hinterlassen, bei Rafiq, dem Baumarkt in Ramallah, wo ich meine Einkäufe erledige.«
»Was ist mit Ihrem Fahrer?«, fragte Ben, als sie den Mercedes des Colonel erreicht hatten.
»Er wurde jemand anderem zugeteilt. Eine weitere Bestrafung.«
»Und Ihre Bodyguards?«
»Dasselbe.« Al-Asi stieg in den Wagen.
Ben folgte ihm und warf einen prüfenden Blick in die Runde ob sich jemand in der Nähe aufhielt, der die Gelegenheit nutzen wollte, dass al-Asi in Ungnade gefallen war.
»Der Russe, der mich kontaktiert hat, hat mir keinen Grund dafür genannt«, fuhr al-Asi fort, nachdem er den Motor angelassen hatte. »Er sagte, dass es besser wäre, mir die Geschichte von Ihnen erzählen zu lassen.«
Ben zog den verknitterten, eselsohrigen Schnappschuss hervor, der seinen Vater und den Jungen zeigte. »Er hat mir deswegen geholfen.«
Al-Asi warf einen Blick auf das Bild, das er offensichtlich wieder erkannte.
»Das ist das Foto, das Sie Anatoljewitsch gegeben haben«, endete Ben.
»Er sollte merken, dass ich Dinge von ihm weiß, die niemand wissen sollte.«
Ben ließ den Blick kurz auf den zwei Gesichtern auf dem Bild verweilen. »Sie wussten natürlich, dass Anatoljewitsch mir das Foto zeigen würde.«
»Ich habe damit gerechnet.«
»Weil Sie nicht wussten, wie Sie mir die Wahrheit sagen sollen.«
»Es gibt Dinge, bei denen es selbst bei einem Freund schwer fällt, sie zu sagen.«
»Sie können mir diese Dinge jetzt sagen«, erklärte Ben und blickte al-Asi ins Gesicht. »Sie sind der Junge auf dem Bild, nicht wahr, Colonel?«
76.
Al-Asi nickte kaum merklich.
»Ich habe mich immer schon gefragt, warum Sie so großes Interesse an mir haben«, murmelte Ben. »Schon von dem Moment an, als ich nach Palästina zurückgekehrt bin. Mein ständiger Bewacher und Beschützer.«
»Das schien mir das Mindeste, was ich tun konnte.« Der Colonel seufzte.
»Sie waren in der Nacht da, als mein Vater die russischen Lastwagen in die Luft gesprengt hat«, sagte Ben, als er sich an Petroskows Erzählung von jener Nacht erinnerte. »Sie haben Omar Shaath angegriffen, nachdem er auf meinen Vater geschossen hatte.«
Al-Asi lächelte traurig. »Es war das erste Mal, dass ich einen Mann geschlagen hatte, ob Sie es glauben oder nicht. Meine Familie hat mich immer für zu schwach, zu zerbrechlich gehalten, um zu kämpfen. Ich war dazu verdammt, die Arbeit in den Hinterzimmern zu tun. Wenn ich Shaath in jener Nacht nicht niedergeschlagen hätte, wäre ich vielleicht immer noch dort.«
»Was ist dann passiert?«
Zitternd stand der junge Nabril al-Asi über dem bewusstlosen Omar Shaath und fragte sich, ob er ihn getötet habe. Doch die Brust des großen Mannes hob und senkte sich, und der Junge konnte den pfeifenden Atem des Mannes hören. Er hätte die Sache mit Leichtigkeit zu Ende bringen können, wäre es nötig gewesen, und er war froh, dass dies nicht sein musste.
Al-Asi kniete sich neben Jafir Kamal. Der Atem des Mannes ging schwach und leise. Er war auf den Bauch gefallen, und der Junge konnte einen großen, dunklen Fleck auf dem Rücken des Hemds sehen. Der
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