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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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nicht hatte retten können.
    »Die Wunde ist schlimm«, erklärte der Muktar nach einer raschen Untersuchung von Jafir Kamal auf dem Rücksitz im Schein einer Taschenlampe.
    »Ja, ich weiß.«
    »Wer ist dieser Mann?«
    »Es ist der große Held Jafir Kamal höchstpersönlich.«
    Der Muktar wandte sich der bewusstlosen Gestalt zu.
    »Können Sie ihn retten, Sidi?«
    »Ich tue mein Bestes.«
    »Es hat nicht gereicht«, sagte al-Asi hinter dem Steuer seines Mercedes zu Ben. Seine Stimme war so leise, dass sie kaum das Summen der Klimaanlage übertönte. »Ihr Vater ist in jener Nacht gestorben. Er hat das Bewusstsein nicht wiedererlangt. Ich war bei ihm – das sollten Sie wissen.«
    »So viele Jahre, und Sie haben es mir nie gesagt«, erwiderte Ben, eher schockiert als bestürzt.
    »Ich wusste nicht wie, Inspector.«
    »So wie gerade eben.«
    Al-Asi holte tief Luft und hielt kurz den Atem an. »Hätten Sie mich mit anderen Augen betrachtet, hätte ich Ihnen die Wahrheit schon früher gesagt?«
    »Ich glaube ja.«
    »Sie hätten das Gefühl gehabt, in meiner Schuld zu stehen?«
    »Natürlich.«
    »Da haben Sie Ihre Antwort, mein Freund.«
    »Wie bitte?«, fragte Ben.
    »Ich wollte nicht, dass Sie aus einem Schuldgefühl heraus handeln, wenn Sie bei mir sind. Sie kennen meine Position und wissen, wie ich arbeite. Alles, was ich tue, beruht auf Schuld. Wenn jemand mir etwas schuldig ist, ist er viel leichter zu überzeugen.« Al-Asis dunkle Augen mit den schweren Lidern suchten die Bens. »Ich wollte nicht, dass Sie einer von vielen sind, die ich überzeugen konnte. Ich habe zu viel von Ihnen gehalten.«
    »Aber es erklärt, warum Sie praktisch von dem Tag an, als ich in Palästina eintraf, ein Auge auf mich hatten.«
    »Nein, Inspector. Was ich getan habe, geschah aus Achtung vor Ihnen, nicht vor Ihrem Vater. Ein Mann muss auf eigenen Füßen stehen. Zu Anfang habe ich Sie vielleicht auf die Probe gestellt, um zu sehen, ob Sie ein Mann sind, dem ich meine Freundschaft anvertrauen konnte.«
    »Und habe ich die Prüfung bestanden?«
    Al-Asis Gesichtsausdruck änderte sich nicht. »Ich glaube, es gibt nur zwei integre Männer in unserem Land, Inspector. Sie sind einer davon. Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum ich Ihren drohenden Umzug zurück nach Detroit nicht gerade mit Enthusiasmus betrachte.«
    »Ich habe nicht Sie verlassen, Colonel.«
    »Nun, mein eigenes Volk hat mich offensichtlich verlassen, warum also nicht auch Sie?« Der Colonel lächelte. »Kann ich Ihnen etwas anvertrauen, Inspector?«
    »Natürlich.«
    »Ich verdanke alles, was ich bin, Ihrem Vater, denn an dem Tag, an dem er getötet wurde, erkannte ich, was man zum Überleben braucht.«
    »Omar Shaath ist wieder gesund geworden«, erinnere Ben ihn.
    »Ich hätte ihn töten sollen, als ich die Chance hatte.« Die blauen Augen des Colonels funkelten. »Aber ich musste erst noch erwachsen werden.«
    »Sie wurden nie identifiziert?«
    Al-Asi schüttelte den Kopf. »Niemand hat mich gut genug sehen können. Jeder hat vermutet, dass es sich um einen Komplizen Jafir Kamals gehandelt haben muss. Wer hätte geglaubt, dass ein schwacher kleiner Junge so viel erreichen kann? Ich habe weiter meine Aufgaben erledigt, habe den pflichtbewussten Sklaven gespielt, während ich die ganze Zeit über lernen musste, wie Palästina in Wahrheit funktioniert.« Ein trauriger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Es unterscheidet sich heute gar nicht so sehr von damals, nicht wahr?«
    »Noch nicht«, pflichtete Ben ihm bei.

77.
    Danielle gab vor, sich im Schatten der El Sayad Street auszuruhen; sie saß auf dem Gehweg, mit dem Rücken an den Einkaufswagen gelehnt. In Wirklichkeit ging sie ihren Plan noch einmaldurch.
    Den Geheimberichten zufolge, die Sasha Borodin hatte beschaffen können, hatte der Sheik einen Fluchttunnel bauen lassen der mit den brüchigen Überlaufkanälen unter den Straßen Beiruts verbunden war, die sich ins Mittelmeer ergossen. Der Zustieg zu diesen Kanälen und dem Tunnel des Sheiks lag unterhalb eines quadratischen Gullideckels, der sich hinter dem Einkaufswagen im Gehweg befand. Der Deckel musste von innen geöffnet werden, doch Danielle hatte die letzten vierzig Minuten damit zugebracht, mit einer Feile den Riegel auf der Unterseite abzutragen. Die Feile hatte sie zwischen verrosteten Werkzeugen in einer Schachtel im Innern des Einkaufswagens gefunden, dessen Inhalt die Gesamtsumme eines Lebens darstellte, begeistert verkauft für zehn

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