Die Spur Des Feuers
Leute ausfindig zu machen und ihnen zu helfen.«
»Weil Michael und Melissa dasselbe durchgemacht haben wie Sie.«
Sie nickte. »Das hat er mir auch erzählt. Er meinte, wenn ich zu ihnen nach Virginia käme, würden sie mir helfen, bewusst damit umzugehen.« Ihre Lippen spannten sich. »Aber ich brauchte ihre Hilfe nicht. Das Einzige, was ich wissen wollte, war, dass ich nicht verrückt bin. Mit allem anderen kann ich umgehen. Ich habe mir ein angenehmes Leben aufgebaut.«
»Obwohl Sie behindert sind.«
»Sie ticken ja nicht richtig. Ich bin nicht behindert.«
»Sie haben den Job bei der Feuerwehr hingeschmissen, weil Sie Angst hatten. Angst ist eine starke Behinderung.«
»Ich habe keine Angst.«
»Nicht vor Feuer. Aber Sie haben Angst, noch einmal die Hölle zu erleben, durch die Sie gegangen sind, als Smitty Jones bei diesem Brand vor zwei Jahren ums Leben gekommen ist.«
»Smitty?«
»Sie haben mit ihm zusammen die Ausbildung gemacht und waren beide auf der zehnten Wache stationiert. Sie standen einander sehr nahe. War er Ihr Geliebter?«
Ihre Mundwinkel zuckten. »Wissen Sie es etwa nicht?«
»Ich dringe nicht ins Privatleben von Menschen ein, schließlich habe ich auch ein gewisses Ethos.«
»Blödsinn!«
»Ich bin weit genug eingedrungen, um zu erfahren, dass es sich um eine sehr tiefe Beziehung handelte und Sie an seinem Tod beinahe zerbrochen wären. Hatten Sie dieselbe Verbindung zu ihm wie zu Charlie?«
Sie antwortete nicht.
»Ich glaube schon. Aber es muss Ihnen gelungen sein, die Verbindung zu unterbrechen, bevor er starb. Das war Ihr Glück.
Wenn es Ihnen nicht gelungen wäre, die Kontrolle wiederzugewinnen und sich zu befreien, hätte er sie wahrscheinlich mit in den Tod gerissen.«
»Ich wäre gestorben?«, flüsterte sie.
»Ich glaube, dass Ihnen das klar war. Deswegen haben Sie sich instinktiv ausgeklinkt.«
Sie wandte sich ab. »Vielleicht.«
»Aber weil Sie so etwas nicht noch einmal erleben wollten, sind Sie aus der Feuerwehr ausgeschieden. In der Hoffnung, in Sicherheit zu sein, wenn Sie nicht in der Nähe des Feuers wären.« Er schüttelte den Kopf. »Aber so funktioniert das nicht, Kerry. Nicht wenn eine emotionale Verbindung besteht.«
»Ich musste es versuchen«, sagte sie mit zitternder Stimme.
»Smitty war mein Freund, mein bester Freund. Ich glaube, mit der Zeit wären wir uns sogar noch näher gekommen. Aber die Zeit war uns nicht vergönnt. Er ist gestorben, ich konnte es nicht ertragen, dasselbe noch einmal …«
»Es ist die Hölle«, sagte er heiser. »Glauben Sie etwa, Sie wären die Einzige? Glauben Sie, wir anderen hätten noch nie so etwas erlebt? Das ist Schicksal.«
»Es ist nicht mein Schicksal. Ich will nichts damit zu tun haben.« Sie schaute ihn wieder an. »Und auch nicht mit Ihnen.
Michael hat mir erzählt, dass es alle möglichen mehr oder weniger ausgeprägten Fähigkeiten gibt, aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass es einen Menschen wie Sie gibt. Sie sind ein Scheusal.«
»Es ist nicht ungewöhnlich, dass Leute so auf mich reagieren.
Manch einer findet es erträglich, dass jemand seine Gedanken lesen kann, aber nicht, dass ich die Gedanken beeinflusse und verändere.« Er zuckte die Achseln. »Ich habe gelernt, damit zu leben. Sie werden feststellen, dass das Scheusal Ihnen sehr nützlich sein kann.«
»Ich will Sie nicht benutzen. Ich will, dass Sie verschwinden.«
»Sie haben sich noch gar nicht angehört, was ich für Sie tun könnte.«
»Nichts. Es gibt gar nichts, was Sie je für mich tun könnten.«
»Im Gegenteil. Ich kann Ihnen geben, was Sie sich schon Ihr Leben lang wünschen.« Er schaute ihr in die Augen. »Er hat ein Gesicht, wissen Sie. Und irgendwo tief in Ihrem Innern wissen Sie, wie er aussieht. Bisher ist es Ihnen nur noch nicht gelungen, sich durch den Horror jener schrecklichen Nacht bis zu Ihrer Erinnerung vorzukämpfen.«
»Und Sie sind angeblich in der Lage, das für mich zu tun?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nachdem ich aus dem Koma erwacht bin, hat die Polizei es mit allem, einschließlich Hypnose, versucht, meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Doch die Erinnerung war einfach weg. Die Gehirnerschütterung und das Koma hatten es vollkommen ausgelöscht.«
»Nicht endgültig. Die Erinnerung ist lediglich verborgen. Ich kann Ihnen helfen, sie wieder auszugraben. Es wird nicht leicht werden, aber ich kann es schaffen.«
»Ich glaube Ihnen nicht. Wenn ich mich erinnern könnte, hätte ich es
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