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Die Spur des Verraeters

Die Spur des Verraeters

Titel: Die Spur des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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er nicht begangen hatte. »Ich weiß nicht, wo er ist«, log Sano. Gnädige Götter , das hier war eine Falle . Was wird mit uns geschehen?
    Ein doshin sagte: »Hirata ist dem Mann entkommen, der ihn heute Nachmittag beschattet hat. Ich wette, er treibt sich hier ganz in der Nähe herum.«
    Die Männer der Hafenpatrouille kamen aus der Höhle geklettert. »Du da, und du – ihr schafft die Beute ins Freie«, befahl Ota zwei Beamten. »Ihr anderen macht euch auf die Suche nach dem Helfer des sôsakan-sama .« Die Männer kletterten die Felsen hinauf und verschwanden im Wald; ihre lodernden Fackeln wiesen ihnen den Weg. Yoriki Ota wandte sich an den doshin . »Wir bringen unsere Gefangenen zu Statthalter Nagai.«
    »Ihr macht einen großen Fehler!«, rief Sano voll wilder Verzweiflung, als der doshin und seine Helfer ihn und Kiyoshi davonzerrten. »Dafür werdet ihr bezahlen!«
    Yoriki Ota kicherte boshaft. »Das bezweifle ich sehr.«
    Die Gefangenen wurden auf einem Ochsenkarren zurück in die Stadt gebracht. Sano vermutete, dass Ota und seine Komplizen diesen Karren üblicherweise dazu benutzten, Schmuggelware zu befördern. Als sie die Villa von Statthalter Nagai erreichten, wurden Sano und Kiyoshi von Wachsoldaten in verschiedenen Zimmer eingesperrt, bis sie Stunden später vom Statthalter zu sich gerufen wurden. Die Wachsoldaten lösten Sanos Handfesseln und führten ihn in die Empfangshalle, wo Statthalter Nagai, in formelle schwarze Umhänge gekleidet, auf einem Podium saß, flankiert von Helfern, die hinter Schreibpulten Platz genommen hatten und Papier, Tuschefeder und Siegelwachs bereithielten, um die Fragen und Antworten zu protokollieren. Vor dem Podest, zur Rechten des Statthalters, knieten yoriki Ota, Dolmetscher Iishino und Kommandant Ohira in einer Reihe nebeneinander. Ihnen gegenüber erblickte Sano drei Samurai, die er nie zuvor gesehen hatte. Laternen warfen ein gespenstisches ockerfarbenes Licht auf die grauen Gesichter der Versammelten, deren Mienen nichts Gutes verhießen.
    »Was soll das?«, wollte Sano von den Wachen wissen, die ihn auf die Knie stießen. Dann hörte er ein schleifendes Geräusch im Rücken, blickte über die Schulter und sah, wie andere Wächter den zitternden, totenbleichen Kiyoshi in den Saal zerrten und neben Sano zu Boden drückten. »Was hat das alles zu bedeuten?«
    Niemand schaute Sano direkt an; sogar Statthalter Nagai hielt den Blick gesenkt, als er sagte: »Wir haben uns hier versammelt, um uns ein Bild über Eure Verbrechen zu machen, sôsakan , vor allem über den versuchten Schmuggel.«
    Also war es eine Gerichtsverhandlung über Sanos vermeintliche Verbrechen. »Nicht ich, sondern jemand anders hat die ausländischen Waren von Deshima in die Höhle geschmuggelt«, erklärte Sano und zwang sich, trotz des aufkeimenden Entsetzens die Ruhe zu bewahren. »Ich habe yoriki Ota bereits gesagt, dass ich einem sehr hellen Licht bis zu der Höhle gefolgt bin, in der ich dann das Boot mit den Schmuggelwaren fand.«
    Ein skeptischer Ausdruck legte sich auf Nagais Gesicht, doch immer noch mied er Sanos Blick. »Nun, ja, gut. Wollen wir uns einmal anhören, was Euer Komplize dazu zu sagen hat. – Kiyoshi?«
    Der junge Bursche sank voller Todesangst in sich zusammen, zog krampfhaft die Schultern hoch und beugte sich so weit nach vorn, dass sein Gesicht beinahe den Boden berührte. Mit kaum vernehmlicher, bebender Stimme sagte er: »Der sôsakan-sama ist zu mir auf den Wachturm gekommen, als ich gestern dort auf Posten stand. Er hat mir befohlen, Waren aus dem Lagerhaus auf Deshima zu stehlen und sie zum Schleusentor zu bringen. ›Wenn du nicht gehorchst, töte ich dich‹, hat er mir gedroht.«
    Sano war fassungslos. Mit einer solchen Lüge, einem solchen Verrat Kiyoshis hätte er niemals gerechnet. Er sprang auf und packte den jungen Samurai am Kragen seines Kimonos. »Das ist eine Lüge! Kiyoshi! Du weißt genau, dass ich einen solchen Befehl niemals erteilt habe! Warum …«
    » Seid still !«, rief Statthalter Nagai mit donnernder Stimme. Die Wachen zerrten Sano von dem Jungen weg und stießen ihn ein Stück entfernt wieder zu Boden. »Weiter, Kiyoshi«, sagte der Statthalter.
    »Ich habe den Wachen auf Deshima gesagt, mein Vater hätte ihnen befohlen, sich von dem Lagerhaus fern zu halten. Dann habe ich die Sachen hinausgeschafft und zum Schleusentor getragen.« Kiyoshis Stimme schwankte, und er zitterte am ganzen Leib. Er schaute weder Sano an, noch jemand anders im

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