Die Spur des Verraeters
abgeschlossen. Zur Zeit können wir nicht für einen raschen Sieg über die Holländer garantieren oder dafür, dass Nagasaki die geringstmöglichen Schäden davonträgt. Und denkt daran, welche Folgen eine Schlacht hätte!
Und wenn wir dafür sorgen, dass die Barbaren Japan nicht lebend verlassen, gibt es Tausende andere ausländische Zeugen dieses Kampfes. Wir können sie nicht alle zum Schweigen bringen, ohne dass wir Vergeltungsschläge seitens ihrer Regierungen herausfordern, die früher oder später erkennen würden, dass eine riesige Flotte nicht in die Heimat zurückgekehrt ist. Die Kaufleute werden diese Geschichte in den Hafenstädten erzählen, die von Schiffen der Ostindischen Kompanie angelaufen werden. Dann werden die Holländer weitere Kriegsschiffe schicken. Und bei einem Großangriff durch die Flotte der Ostindischen Kompanie wird Japan schreckliche Schäden erleiden. Selbst wenn wir der völligen Zerstörung entgehen, werden in den Schlachten unzählige Soldaten sterben, und der Handel mit dem Ausland wird völlig zum Erliegen kommen, sodass es uns ein riesiges Vermögen kosten würde. Ich werde nicht dulden, dass Japan einen Krieg führt, nur damit der Wunsch eines Narren nach Ruhm erfüllt wird!«
Mit einem Ausdruck der Endgültigkeit wandte Nagai sich an seinen obersten Adjutanten. »Haben alle den Befehl erhalten, dass sie abwarten sollen, bis ich das Zeichen gebe?«
»Jawohl, ehrenwerter Statthalter.«
»Machen wir uns auf den Weg. Wir müssen einen Waffenstillstand mit den Holländern aushandeln, bevor die Dinge uns aus der Hand gleiten und ein Krieg unvermeidlich wird.«
Nagai ging zum Bug, gefolgt von seinen Adjutanten. Der Kapitän rief seinen Männern den Befehl zu, Segel zu setzen. Sano stürmte den Laufsteg hinauf und rief: »Statthalter Nagai! Wartet!«
Soldaten packten Sano und hielten ihn in ihren kettenpanzerbewehrten Armen. Nagai drehte sich um. Sein Gesicht wurde düster. »Was wollt Ihr hier?«, fragte er mit scharfer Stimme, kam mit schnellen Schritten auf Sano zu und befahl den Soldaten, die ihn festhielten: »Werft ihn über Bord. Wir müssen endlich lossegeln.«
»Wartet!«, rief Sano, als die Soldaten ihn über die Reling hoben. »Erlaubt mir, Euch zu begleiten und mit den Holländern zu reden, Statthalter Nagai. Ich kenne den Kapitän des Schiffes. Wenn er von meinen Bemühungen erfährt, den Mörder seines Landsmannes zu ergreifen, erklärt er sich vielleicht zu einem Waffenstillstand bereit.«
» Bakarashii – lächerlich!«, stieß Nagai verärgert hervor, gab den Soldaten jedoch mit einer knappen Kopfbewegung zu verstehen, Sano aufs Deck zu stellen. »Habt Ihr nicht schon genug Unheil angerichtet? Ihr habt bereits einmal versagt, als Ihr die Gelegenheit hattet, das holländische Schiff zu entwaffnen. Nach dem schriftlichen Geständnis der Hure hättet Ihr den Mordfall Jan Spaen abschließen und den Barbaren gestatten können, friedlich im Hafen anzulegen. Aber jetzt habt Ihr durch Eure Torheit und Unfähigkeit ganz Japan in Gefahr gebracht!«
In einer weit ausholenden Bewegung schwang Nagai die Hand mit dem Kriegsfächer herum und wies auf die Hafenbucht, wo die Fischerboote dicht an dicht an den Anlegestellen lagen, während die anderen ausländischen Schiffe sich so weit wie möglich dem Ufer genähert hatten, als wären sie vor dem holländischen Segler geflüchtet, der bedrohlich im Hafen lag. Doch Sano sah das plötzliche verschlagene Funkeln in den Augen des Statthalters. Nagai hatte erkannt, dass man ihm keine Schuld an einem Fehlschlag geben konnte, wenn Sano die Verhandlungen mit den Barbaren führte.
Nagai überlegte noch einen Augenblick; dann nickte er. »Lasst ihn los«, befahl er den Soldaten und wandte sich an den Kapitän. »Gebt Befehl zum Ablegen.«
Kurz darauf lief das Kriegsschiff in die Hafenbucht, begleitet von den Gesängen der Rudermannschaft. Sano gesellte sich zu Statthalter Nagai an den Bug des Schiffes. Beide Männer beobachteten den holländischen Segler, um den die Patrouillenboote einen Ring gebildet hatten. Im Vergleich zu dem gewaltigen Segelschiff wirkten die japanischen Schaluppen winzig klein. Der Nieselregen und die salzhaltige Gischt ließen Sano vor Kälte schaudern und verhärteten seine vor Anspannung ohnehin verkrampften Muskeln, und seine Schulterwunde schmerzte. Erst wenn er Kapitän Oss gegenüberstand, würde er wissen, ob sie den richtigen Weg zu einer friedlichen Lösung des Problems eingeschlagen oder eine
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