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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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seinem Tender zum Hafen zurück, und die Aurora“ nahm volle Fahrt auf.
    Inzwischen war es dunkel geworden.
    Die Nacht war mondhell, und das Meer war ruhig. Bis auf eine leichte Dünung aus Südost. Aber sie genügte schon, um die „Aurora“ nervös zu machen. Sie rollte und knarrte, wie alte Schiffe es eben tun, auch wenn sie dazu keinen Grund haben.
    „Ihr Kahn, mon eher capitaine, ächzt und hustet zeitweise wie eine lungenkranke Schildkröte“, bemerkte der Baron, als der Dampfer wieder einmal seine schlechten Manieren zeigte. „Und doch gibt’s in der ganzen Südsee keine Planken, die sicherer sind“, beeilte er sich hinzuzufügen, als er sah, wie der Kapitän gekränkt seine Zigarette ausdrückte. „Sie wissen, daß mir die gesamte Seefahrt gestohlen bleiben kann, seitdem ich damals abgesoffen bin. Seinerzeit hab’ ich mir geschworen, niemals mehr in meinem Leben ein Schiff zu betreten. Wenn ich trotzdem immer wieder Ihr Passagier bin, müssen Sie das als ehrlichen Beweis für mein Vertrauen zu Ihnen und zu Ihrer „Aurora“ gelten lassen.“ Der Baron hatte in einem Atemzug und ohne Pause gesprochen. Jetzt holte er so tief Luft, als hätte er einen doppelten Salto hingelegt, nahm ein blütenweißes Taschentuch aus der Innenseite seiner Jacke und tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn.
    Der Kapitän hatte auch beim Abendessen seine goldumbortete Mütze auf dem Kopf behalten. Er saß neben Krumpeter auf der anderen Seite des Tisches.
    „Ja, unsere alte Lady“, sagte er. „Trinken wir auf die ,Aurora’ .“
    Das taten sie dann auch.
    Die zwei Türen der Kapitänskajüte standen nach draußen offen, und an der niedrigen Decke drehten sich müde die hölzernen Flügel eines Ventilators. Er hatte gegen die Hitze nicht den Hauch einer Chance.
    Der Baron begann eine ziemlich alte Pfeife anzuzünden, und danach trank und plauderte man noch länger als eine Stunde, das heißt, der Baron plauderte, und die beiden anderen hörten zu. Er erzählte von allen möglichen Ecken der Welt, aber schließlich dann nur noch Geschichten von Fakarava. ,Jetzt bin ich kaum zehn Tage weg“, gestand er zum Abschluß, „und ich sehne mich schon wieder nach der Insel, als ob ich Anstatt weiterzusprechen, machte er mit der linken Hand einen Schnörkel durch die Luft.
    Krumpeter hatte gespannt und hingerissen zugehört. „Wie sind Sie ausgerechnet nach Fakarava gekommen?“ fragte er jetzt.
    „Womit wir dann doch wieder bei der Seefahrt gelandet sind“, warf der Kapitän ein und lachte. „Erzählen Sie, Baron, ich kann Ihre Geschichte nicht oft genug hören…“
    „Am Ostermontag werden es sage und schreibe genau einunddreißig Jahre.“
    Der Baron ließ sich Zeit und paffte ein paar kleine Pfeifenrauchwolken zu dem Ventilator hinauf. „Ich war als Ingenieur für eine französische Firma, ich glaub’, es war damals die Cook Island Company, von einer Baustelle zur anderen, also von einer Insel zur anderen unterwegs. An Bord der ,Celestine’, einer kleinen Küstenbarke. Fünfhundert Tonnen. Ich kann heute noch die Luft riechen, die in den engen Kabinen stand. Ein Sturm kam auf. Aufgewühltes Meer, fast haushohe Wellen, jede Menge Blitze. Da hat der Kapitän den Kurs verloren und wenig später seinen Kahn dazu. Der wurde an irgendeinen Fels geschleudert. Krach! Und jetzt liegt er auf dem Grund der tiefen blauen See. Der einzige Mensch, der gerettet wurde, war ich. Von einem Fischerboot aus Fakarava. Mon dieu, so bin ich auf die Insel gekommen, und so bin ich auch dort geblieben —“
    Später, als die „Aurora“ längst draußen durch das offene Meer pflügte, war der Kapitän wieder auf seiner Brücke, und Krumpeter stand allein und über die Reling gebeugt im tiefen Schatten des darüberhängenden Rettungsbootes.
    Die Nacht war mondhell, und der Himmel mit seinen vielen Sternen war unwirklich schön.
    Krumpeter begriff eigentlich erst in diesem Moment, daß er das feste Land endgültig hinter sich gelassen hatte.
    Der Baron lehnte neben der offenen Tür an der Kajütenwand und gab seiner Pfeife unter der vorgehaltenen Hand Feuer. Er zog ein paarmal, bis der Tabak endlich glühte. Dabei beobachtete er den jungen Mann, der mit dem Rücken zu ihm und ohne sich zu rühren, auf das Meer hinausblickte. Er stieß sich mit der Schulter von der Wand ab und spazierte langsam zu Krumpeter hinüber.
    „Sie verstecken sich?“
    Krumpeter zuckte zusammen, als der Baron so plötzlich neben ihm stand. „Nein, nein —“,

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