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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Asservatenkammer nach Mottenpulver, aber sie paßte noch auf den Zentimeter. Er hatte in der Haft kein Gramm Fett angesetzt, und die Hosen, die er gern ganz eng trug, saßen wie ein Handschuh über seinen schmalen Hüften. Mit täglicher Gymnastik in seiner Zelle und dem Training bei der Handballmannschaft des Gefängnisses hatte er sich topfit gehalten. Topfit für den heutigen Tag.
    Der Direktor blätterte inzwischen in den letzten Seiten der Akte. Auf ihnen hatte man eine stattliche Sammlung von Zeitungsausschnitten zusammengeklebt.
    „Und eine Presse habt ihr damals gehabt“, schnalzte der Mann hinter dem Schreibtisch anerkennend. „Alle Achtung!“ Er schob die Goldrandbrille, die ihm auf die Mitte der Nase gerutscht war, wieder zurecht und lächelte. Dabei fuhr er sich jetzt mit allen Fingern durch das kurzgeschnittene bleigraue Haar. „Eine Presse“, wiederholte er, „da kann jeder Politiker vor lauter Neid mit den Ohren schlackern. Tagelang auf den Titelseiten. Zuerst nach der Tat und dann wieder beim Prozeß.“
    „So was kommt durch die Höhe einer Beute automatisch“, sagte der Häftling bescheiden und blickte zu der ein wenig trostlosen Deckenlampe. „Wenn es um mehr als eine Million geht, ist das für die Zeitungsleute so was wie eine magische Zahl.“
    „Na ja, von der erbeuteten Summe abgesehen, war das Ganze aber auch sonst ein Superding, das sich gewaschen hat.“
    „Wir wollen auf dem Teppich bleiben“, meinte der Häftling namens Manfred Zasche und betrachtete jetzt anstelle der Deckenlampe seine nicht mehr ganz weißen Tennisschuhe. „Im allgemeinen hat ein Warenhaus derartig hohe Beträge ja nicht in seiner Kasse“, räumte er ein. „Aber es war gerade Sommerschlußverkauf, und da scheppert sich am Wochenende einiges zusammen.“
    „Ursprünglich wolltet ihr das Ding zu dritt drehen, geht aus dem Prozeßprotokoll hervor. Da steht doch —“ Der Gefängnisdirektor hatte die Akte wieder vom Tisch genommen und aufgeschlagen. Als er die betreffende Stelle gefunden hatte, las er vor: „Der Mitangeklagte Paul Schulz hat von dem Einbruch gewußt. Das Gericht ist davon überzeugt, daß er auch an der Planung des Verbrechens beteiligt war und sogar die Absicht hatte, an der Ausführung der Straftat teilzunehmen.“ Er klappte das Schriftstück wieder zu und blickte auf. „Aber das konnte man diesem Paul Schulz nicht nachweisen, und Sie sind es gewesen, der ihn nach Strich und Faden entlastet hat.“
    „Daß man mich zu ein paar Jahren Knast verurteilen würde, das war bombensicher“, erwiderte der Häftling mit den strohblonden Haaren. „Ich war voll gegen den heißen Ofen gelaufen und mir war nicht mehr zu helfen. Aber Paule sollte wenigstens mit einem blauen Auge aus der verdammten Kiste rauskommen. Er war immer ein echt dufter Kumpel gewesen, was gar nicht so selbstverständlich ist. Außerdem wär’ es mir um kein Jota bessergegangen, wenn man ihn gleichfalls eingelocht hätte.“
    „Dieser Paul Schulz ist dann aus Mangel an Beweisen schließlich mit einem Freispruch davongekommen“, bemerkte der Gefängnisdirektor. „Der Staatsanwalt hatte ein ganzes Jahr beantragt.“
    „Ja, er hat gleich doppeltes Schwein gehabt, der Paule“, grinste der Häftling aus dem Block D. „Zuerst mit seinem Blinddarm und dann mit diesem samtweichen Urteil.“
    „Wieso Blinddarm?“ fragte der Mann hinter dem Schreibtisch verwundert.
    „Natürlich war Paule Schulz von Anfang an mit dabei“, kam die Antwort. „Er sollte mit einem Funkgerät vor dem Warenhaus Schmiere stehen und uns warnen, falls irgendwas faul sein sollte. Aber er ist dann im letzten Moment ausgefallen. Eben wegen seines Blinddarms. Da war nichts zu machen. Und Verschieben ging nicht. Die Queen war sozusagen schon im Anrollen. Da riskierten wie es halt zu zweit. Na ja, und es hat funktioniert. Vorerst wenigstens —“ Der Häftling blickte jetzt an einer Gummipflanze vorbei zum Fenster. Auch hier waren Gitter hinter den Scheiben, als ob auch der Direktor eingesperrt wäre.
    „Dieser Paul Schulz war der einzige, der Sie in all den Jahren regelmäßig besucht hat“, stellte der Mann hinter dem Schreibtisch fest.
    „Ich sag’ ja, der Typ ist hundertprozentig in Ordnung.“
    „Ihre Braut dagegen hat sich schon nach ein paar Monaten nicht mehr blicken lassen.“ Der Direktor spähte wieder über den Goldrand seiner Brille. „Ich sage das nur, weil ich mir überlege, wo Sie jetzt hinwollen und wie Sie wieder festen Boden

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