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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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gerade massive Eisengitter herunter. Inzwischen waren nämlich die ersten Transparente aufgetaucht und Gruppen mit Springerstiefeln kamen aus dem U-Bahnschacht.
    Schon als er durch die Schalterhalle ging, sah er, wie die Angestellten dabei waren, ihre Schreibtische aufzuräumen. Vermutlich wollte die Bank wegen der zu erwartenden Krawalle heute früher Schluß machen.
    Auch der Beamte bei den Schließfächern im Untergeschoß wollte gerade Feierabend machen, als ihm Zasche zuerst seinen Safeschlüssel und dann seinen Paß zeigte.
    „Bitte, wenn Sie mir folgen wollen“, sagte der Angestellte höflich, nachdem er eine riesige Liste hervorgeholt und die Zahl auf dem Schlüssel mit den Eintragungen verglichen hatte. „Hier links die Treppe hinunter, aber Sie wissen ja wohl Bescheid —“
    „Ja, danke“, sagte Manni. „Und entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie noch so kurz vor Ladenschluß belästige.“ Er lächelte verbindlich.
    „Wir sind es gewohnt, unseren Kunden bis zur letzten Minute zur Verfügung zu stehen“, entgegnete der Bankangestellte und lächelte seinerseits. Dabei schloß er die schwere Gittertür zum Tresorraum auf, der nur den Bankkunden zur Verfügung stand. „Und daß wir heute schon um diese Zeit schließen, ist sozusagen höhere Gewalt.“
    Die unterirdische Kammer wirkte in dem grellen Neonlicht kahl und nüchtern. Die vielen Safes neben- und übereinander waren aus Metall, füllten sämtliche Wände und waren wie langgestreckte Blocks in den Betonfußboden gebaut, mit schmalen Gängen dazwischen. Es war beinahe so, als ginge man durch irgendeine öffentliche Leihbibliothek, nur daß man nicht an lauter Buchrücken, sondern an einer Unmenge numerierter Stahlkästen vorbeiwanderte.
    Sie waren so groß wie Nachttischschubladen, manchmal auch größer.
    „Eintausendzweihundertsiebzehn“, sagte der Bankangestellte und blieb stehen. „Wenn ich bitten darf -“
    Der Safe hatte zwei Schlösser. Eines davon mußte vom Besitzer des Schließfachs mit seinem Schlüssel aufgeschlossen werden, das andere von dem Angestellten mit dem Kontrollschlüssel der Bank.
    Manfred Zasche betätigte sich zuerst. Gleich darauf bediente der andere das Kontrollschloß.
    „Bitte läuten Sie hier links, wenn Sie soweit sind“, sagte der Bankangestellte. Er entfernte sich diskret, so, wie es sich gehörte. Die Bank wollte ihren Kunden ja nicht über die Schulter schielen, wenn sie ihre Safes öffneten. Der Inhalt der Schließfächer ist lediglich dem Besitzer bekannt, und es ist sein ganz persönliches Geheimnis, was er im Tresorraum aufbewahrt haben möchte. Ob es mehr oder weniger große Goldbarren sind, wertvolle Schmuckstücke, Banknoten, Aktienpakete oder auch nur die Pläne für eine aussichtsreiche Erfindung.
    Als Zasche seinen Safe mit der Nummer eintausendzweihundertsiebzehn öffnete, kippte er kurz hintereinander gleich zweimal aus den Socken.
    Zuerst blieb ihm die Luft weg, weil die Stahlkassette vollkommen leer war. Bis auf einen Briefumschlag, der in ihrer Mitte lag.
    Und dann sagte da eine Stimme hinter seinem Rücken wie aus heiterem Himmel: „Bleiben Sie stehen, Zasche! Rühren Sie sich nicht vom Fleck!“ Die Stimme gehörte Hauptkommissar Papenbrock. Er mußte zusammen mit seinem Schatten, Assistent Berger, schon eine ganze Weile im Gang zwischen den Schließfächern gewartet haben. Jetzt kamen die beiden dicht heran und blieben vor Manni stehen. Er hatte seine Arme in die Luft gestreckt.
    Der Bankangestellte tupfte sich im Hintergrund mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und murmelte: „Das ausgerechnet kurz vor Feierabend, es ist nicht zu fassen!“
    „Du kannst deine Pfoten wieder runternmehmen“, sagte Kriminalkommissar Papenbrock zu dem hochgewachsenen Mann mit der dunklen Perücke und dem falschen Bart unter der Nase. „Es sieht so aus, als hätten wir beide mit sauren Gurken gehandelt. Du gestattest doch?“ Ohne Zasches Antwort abzuwarten, nahm Papenbrock den Brief aus dem ansonsten leeren Safe.
    „Müßte die Handschrift einer Frau sein“, bemerkte Papenbrock, „wenn ich nicht auf beiden Augen blind bin.“ Er öffnete den Umschlag, faltete einen Brief auseinander und las vor: „Mein geliebter Manni –“, der Hauptkommissar unterbrach sich selbst und blickte auf. „Also eine Frau, wie vermutet.“ Er las weiter. ,Du sitzt noch jahrelang im Knast, und wer weiß, was in dieser Zeit alles mit Deiner Million passieren wird. Könnte ja beispielsweise sein, die Regierung

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