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Die Spuren der Seele

Die Spuren der Seele

Titel: Die Spuren der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Fasel , Ruediger Dahlke
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kann jemand mit seinen männlich-marsischen Kräften nicht so recht etwas anfangen – sie drehen sich sozusagen leer –, was er deutlich sichtbar überspielt. Während er nicht weiß, wohin mit sich (selbst), könnte ein aufmerksamer Beobachter noch feststellen, ob er die rotierenden Daumen im Sinne eines Zahnrades gegen sich selbst oder gegen die Welt drehen lässt. Im ersten Fall ist die energetische Hemmung sicher noch größer; im letzteren Fall ist der Betreffende dagegen schon ein wenig mehr auf dem Sprung hinaus und macht sich Mut.
    In der Gebetshaltung der Katholiken, von Albrecht Dürer in den Betenden Händen verewigt, ist dagegen alle Energie nach oben gerichtet; die Daumen treten in eine Linie mit dem Rest der Finger und Hände. In diesem Fall liegen nicht nur die archetypisch weiblichen, dem Wasserelement zugeordneten Berge in den Handtellern beisammen, sondern es kommen auch noch die anderen Elemente und vor allem die Feuerkräfte der Finger hinzu. Sie reihen sich ein in dem Bestreben, sich nach oben auf Gott und die Einheit auszurichten. Der mittlere Saturnfinger übernimmt dabei seinem Prinzip entsprechend Verantwortung und Führung. So kommen nicht nur die marsischen Daumen zusammen, sondern auch die inneren Marshügel in der Mitte des Handtellers – bei der evangelischen Haltung sind sie eher durch jene Höhle getrennt, die sich beim Überkreuzen wie von selbst ergibt. In dieser inneren Höhle soll vielleicht der (Lebens-)Mut wachsen, während sich alles andere außen darum verbarrikadiert, fast wie bei einer Wagenburg, die immer auch ein Zeichen von Bedrohung darstellt. In dieser Haltung beten evangelische Christen zu ihrem Gott, der ihnen eine feste Burg gewährt, in der sie sich gegen die Gefahren der Welt verschanzen können. Immerhin werden sie damit ziemlich erfolgreich in der Welt. Dies ist auch nötig, denn ihr Gott, zu dessen Ehre sie sich in schmucklosen, Gerichtssaalatmosphäre vermittelnden Kirchen versammeln, ist recht streng und gnadenlos. Die Keimzellen des Kapitalismus liegen deshalb fast immer in puritanischen Gegenden, wo sich die Menschen ihr Heil selbst verdienen müssen. Viele Vollendete im Sinne von Heiligen gingen aber nicht aus ihrem Kreis hervor.
    Katholiken haben es da einfacher und machen es sich auch leichter. Sie richten schon beim Gebet alle Energie nach oben und können auf Gottes Gnade vertrauen. So müssen sie nicht alles selbst in die Hand nehmen. Ihre Gebetshaltung wirkt vergleichsweise andächtig, gesammelt und unverkrampft und entspricht genau dem hinduistischen Namaste, dessen wörtliche Sanskritübersetzung bedeutet: »Ich verbeuge mich vor dem Göttlichen in dir.«
    Auf diese Weise könnten wir nun alle möglichen Hand- und Fingerhaltungen deuten, auch ganz banale. Wenn Männer die Daumen hinter ihre Hosenträger spreizen und diese nach vorn drücken, wird darin eine offensive Geste und Haltung gegenüber der Welt deutlich. Sie versuchen, gegen elastischen Widerstand symbolisch der Welt ihren männlich-marsischen Stempel mit den nach vorn gedrückten Daumen aufzudrücken. Tatsächlich enthalten deren Fingerabdrücke ja wirklich das Siegel, das sie der Welt offensiv einprägen wollen, während alle anderen Prinzipien in Gestalt der vier Finger dabei zurückgenommen auf die eigene Mitte deuten, was leider selten beachtet und umgesetzt wird.
    Ihre Vorgänger, die Revolverhelden des Wilden Westens, machten es ganz ähnlich, wenn sie mit ihren Händen den Revolvergriff umklammerten. Drei Finger wiesen dabei schützend nach hinten, nur die beiden feurigen Daumen und Zeigefinger waren offensiv nach vorn gewandt am Schlagbolzen beziehungsweise hakenförmig am Abzug der Hand-Feuer-Waffen. Ließen sie los, feuerte ihre Waffe, und die Kugel schoss heraus und brachte Aggression und gegebenenfalls Tod in die Welt. »Schießen sie los!«, sagen wir heute noch.
    Die offene Hand ist dagegen Ausdruck von Friedfertigkeit, weshalb sie bei fast allen Begrüßungen zum Einsatz kommt. Sie enthält eben keine Waffe, sondern richtet alle Prinzipien offen nach vorn, dem Gast oder Freund entgegen. Die Hand symbolisiert so geöffnet Offenheit und Aufrichtigkeit.
    In vielen Kulturen reicht es, diese offene Hand zu zeigen, verbunden mit einem Wort des Friedens oder der Achtung Gottes. Die Worte enthüllen dabei ähnlich große Unterschiede wie die Gesten der Hand. Österreicher oder Süddeutsche sind mit ihrem »Grüß Gott« dem indischen Namaste näher als Norddeutsche mit ihrem

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